Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels - Ameisensäure 60 Bernburg 684 mg/ml Lösung für den Bienenstock für Honigbienen
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ZUSAMMENFASSUNG
Zulassungsnummer | V7006708.00.00 |
Bezeichnung, Stärke und Darreichungsform | Ameisensäure 60 Bernburg, 684 mg/ml, Lösung für den Bienenstock |
Antragsteller | Serumwerk Bernburg AG Hallesche Landstr. 105b 06406 Bernburg |
Wirkstoff(e) | Ameisensäure |
ATC-vet Code | QP53AG01 |
Zieltierart(en) | Honigbiene |
Anwendungsgebiete | Zur Behandlung der Varroose (Varroa destructor ) bei Honigbienen (Apis mellifera ). |
Datum der Zulassung | 15.11.2022 |
Art des Antrags | Zulassung eines Arzneimittels unter Verwendung anderen wissenschaftlichen Erkenntnismaterials (bibliografische Unterlagen) gemäß § 22 Abs. 3 Nr. 1 AMG |
Aus den vom Antragsteller eingereichten Unterlagen geht hervor, dass das Unternehmen über eine qualifizierte Person nach § 63a AMG verfügt.
Es wurde der Nachweis über die notwendige Infrastruktur zur Meldung aller Verdachtsfälle von Nebenwirkungen gemäß § 63h AMG erbracht.
Das Pharmakovigilanzsystem des Antragstellers wurde beschrieben.
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Die Fachinformation in Form der Zusammenfassung der Produktmerkmale des Tierarzneimittels (Summary of Product Characteristics, abgekürzt SPC) ist auf der Homepage des PharmNet.Bund unter Arzneimittel-Informationssystem abrufbar.
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ÖFFENTLICHER BEURTEILUNGSBERICHT gemäß § 34 Abs. 1a N r . 2 AMG
I. WISSENSCHAFTLICHE ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION
Die Herstellung und Prüfung des Arzneimittels erfolgt nach validierten Verfahren, die die gleichbleibende Qualität des Arzneimittels sicherstellen.
Die Verträglichkeit des Arzneimittels wurde bei der Zieltierart nachgewiesen; geringfügige Nebenwirkungen werden in der SPC genannt.
Das Arzneimittel ist sicher für den Anwender, den Verbraucher von Lebensmitteln, die von behandelten Tieren stammen und für die Umwelt, wenn es bestimmungsgemäß angewendet wird. In der SPC sind geeignete Warnhinweise sowie Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung enthalten.
Die Wirksamkeit des Arzneimittels wurde für die in der SPC genannten Anwendungsgebiete belegt.
Das Nutzen-Risiko-Verhältnis fällt zugunsten der Zulassung aus.
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II. QUALITÄT
Das Tierarzneimittel enthält pro Milliliter 684 mg Ameisensäure und den sonstigen Bestandteil gereinigtes Wasser.
Das Tierarzneimittel wird in einer 1 Liter Flasche aus HDPE und in einem 5 Liter Kanister aus HDPE in Verkehr gebracht. Die Behältnisse sind mit einem kindergesicherten Schraubverschluss mit Originalitätssicherung aus Polyethylen verschlossen.
Die Wahl der Zusammensetzung ist gerechtfertigt.
Das Tierarzneimittel liegt in einer bekannten Darreichungsform vor. Die pharmazeutische Entwicklung ist ausreichend beschrieben und entspricht den einschlägigen EU-Leitlinien.
Das Tierarzneimittel wird entsprechend den Grundsätzen des Leitfadens für eine gute Herstellungspraxis (GMP) von einem zugelassenen Hersteller hergestellt.
Untersuchungsergebnisse zur Validierung des Herstellungsverfahrens gemäß den einschlägigen Europäischen Leitlinien wurden vorgelegt.
Der Wirkstoff Ameisensäure ist ein bekannter Wirkstoff, der im Europäischen Arzneibuch beschrieben ist.
Die für den Wirkstoff festgesetzten Spezifikationen sind geeignet, die angemessene Qualität des Wirkstoffs sicherzustellen. Die vorgelegten Chargenergebnisse belegen die Einhaltung der Spezifikationen.
In diesem Tierarzneimittel sind keine Substanzen tierischen Ursprungs enthalten oder werden bei der Herstellung verwendet, die unter den Anwendungsbereich der Europäischen Leitlinie „Note for Guidance on Minimising the Risk of Transmitting Animal Spongiform Encephalopathy Agents via Human and Veterinary Medicinal Products“ fallen.
Es werden keine Zwischenprodukte hergestellt.
Die Freigabespezifikation für das Fertigprodukt umfasst alle relevanten Qualitätskriterien. Die festgelegten Prüfungen und Spezifikationen sind gerechtfertigt und zur Sicherstellung einer gleichbleibenden Qualität des Fertigprodukts geeignet.
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Es wurden ausreichende Ergebnisse zur Validierung der verwendeten Prüfverfahren vorgelegt.
Untersuchungsergebnisse von mehreren Chargen des Fertigprodukts, die in der vorgesehenen Produktionsstätte hergestellt wurden, belegen, dass die Spezifikationen erfüllt werden.
Um die Einhaltung der Spezifikation zu gewährleisten, wird der Wirkstoff unmittelbar vor der Herstellung des Fertigarzneimittels vollständig entsprechend der Spezifikation geprüft.
Die Stabilitätsprüfungen am Fertigprodukt wurden gemäß den gültigen EU-Leitlinien durchgeführt und belegen die festgesetzte Haltbarkeitsdauer unter den zugelassenen Lagerungsbedingungen.
Die Haltbarkeit nach Anbruch des Behältnisses ist durch Haltbarkeitsergebnisse belegt.
Nicht zutreffend.
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III. SICHERHEITS- UND RÜCKSTANDSBEWERTUNG
Der Antragsteller hat bibliografische Daten zur Sicherheitsbewertung von Ameisensäure vorgelegt.
s. Part IVA. Präklinische Studien
Zur Toxizität von Ameisensäure (CAS 64–18–6) wurden folgende Informationen eingereicht.
– Toxizität nach einmaliger Gabe
Für Ameisensäure wurde eine geringe akute orale Toxizität (LD50 730 mg /kg bw) und eine mittlere akute Inhalations-Toxizität (LC50 7,85 mg /L) angegeben (Ratte).
– Toxizität nach wiederholter Gabe
Bzgl. der chronischen Toxizität wurde ein NOAEL von 400 mg Kaliumformiat/kg bw/d für reduziertes Körpergewicht bzw. für lokale Effekte angegeben (oral, Ratte, 52 Wochen). Die subchronische Toxizität aus zwei Inhalations-Studien (90 Tage) wurde für Ameisensäure mit NOAEC 128 ppm bzw. 0,244 mg/l (Ratte) und mit NOAEC 32 ppm bzw. 0,062 mg/l (Maus) für systemische Effekte in der Lunge beschrieben.
– Reproduktionstoxizität, einschl. Teratogenität:
Es liegen keine Anzeichen für Fertilitäts- oder Entwicklungsstörungen inkl. Teratogenität in Eltern oder dem Nachwuchs (Zwei-Generations-Studie (oral) an Ratten: NOAEL 1000 mg Natriumformiat/kg bw/d, Pränatalstudie (oral) an Kaninchen: NOAEL 1000 mg Natrium-formiat/kg bw/d) vor.
– Mutagenität
Es gibt keine Anzeichen für Genotoxität in vitro (Genmutationstest an Bakterien, zwei zytogenetische Tests an Säugetierzellen/Humanzellen, ein Genmutationstest an Säugetierzellen). Der Antragsteller hat zusätzliche Informationen angegeben nach denen Ameisensäure nicht klastogen wirkt.
Der Antragsteller hat zusätzliche Informationen angegeben, nach denen Ameisensäure nicht hautsensibilisierend wirkt.
Lokale Toxizität: Ameisensäure 60 % verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden. Ameisensäure ist flüchtig und wirkt reizend auf die Atemwege.
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Der Antragsteller hat Informationen über klinische Fälle von versehentlichen Vergiftungen mit Ameisensäure eingereicht, bei denen Hautverletzungen und Verätzungen sowie metabolische Azidose nach der dermalen Aufnahme von Ameisensäure beim Menschen vorkamen.
Der Antragsteller hat eine Bewertung der Anwendersicherheit gemäß den relevanten Richtlinien vorgelegt, die zeigt, dass ein Kontakt mit dem Tierarzneimittel wegen der ätzen-den/reizenden Wirkung auf Haut, Auge sowie den Atemtrakt zu vermeiden ist.
Die in der Produktliteratur aufgeführten Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen sind ausreichend, um die Sicherheit des Anwenders zu gewährleisten.
Eine Phase I Umweltbewertung entsprechend den CVMP/VICH-Leitfäden wurde vorgelegt.
Die Umweltrisikobewertung kann in Phase I beendet werden und es ist keine Phase II Prüfung erforderlich, weil der Wirkstoff eine natürliche Substanz ist, deren Anwendung die Konzentration und Verteilung in der Umwelt nicht verändern wird.
III.B Rückstandsdokumentation
Der Antragsteller hat bibliografische Rückstandsdaten vorgelegt, die zeigen, dass die Sicherheit des von behandelten Bienenvölkern gewonnenen Honigs für Verbraucherinnen und Verbraucher bei bestimmungsgemäßer Anwendung des Tierarzneimittels gewährleistet ist.
Ameisensäure ist in Tabelle 1 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 mit dem Eintrag: „Keine Rückstandshöchstmengen erforderlich“ für alle lebensmittelliefernden Tierarten aufgeführt.
Auf der Grundlage der oben erwähnten Daten ist eine Wartezeit von Null Tagen für Honig gerechtfertigt.
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IV. KLINISCHE BEURTEILUNG (WIRKSAMKEIT)
IV.A Präklinische Studien
Der Antragsteller hat bibliografisches Erkenntnismaterial vorgelegt, welches die pharmakodynamischen und pharmakokinetischen Eigenschaften des Wirkstoffes beschreibt.
Pharmakodynamik
Ameisensäure ist sowohl gegen phoretische Milben auf den Bienen als auch gegen Milben in den verdeckelten Brutzellen wirksam.
Die Wirkungsweise von Ameisensäure ist nicht vollständig bekannt. Man geht davon aus, dass der niedrige pH-Wert eine wichtige Rolle für die varroazide Wirkung spielt. Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass Ameisensäure die Cytochrom-c-Oxidase und damit die mitochondriale Elektronentransportkette hemmt. Infolgedessen kommt es zu einer Hemmung der zellulären Atmungskette und führt zu oxidativen Stress, Azidose und Zelltod.
Pharmakokinetik
Die Pharmakokinetik von Ameisensäure bei Honigbienen wurde nicht untersucht.
Verteilung und Elimination in der Beute:
Nach dem Einbringen der Ameisensäurelösung verdunstet die Ameisensäure. Im gasförmigen Zustand verteilt sich der Wirkstoff in der ganzen Beute und gelangt bis in die verdeckelte Brut. Im Fall einer Langzeitbehandlung mittels einer Verdunstungshilfe baut sich die Ameisensäurekonzentration in der Stockluft langsam auf und bleibt dann idealerweise über mehrere Tage auf einem konstanten Niveau, welches für die Bienen verträglich, aber toxisch für die Milben ist.
Im Falle einer Kurzzeitbehandlung fehlt der regulierende Effekt der Verdunstungshilfe auf die Verdunstungsrate. Es werden über mehrere Stunden vergleichsweise hohe Konzentrationen in der Stockluft erreicht.
Die Verdunstungsrate wird u.a. durch die Temperatur im Bienenstock und das Verdunstungssystem beeinflusst.
Die Ameisensäure entweicht naturgemäß durch die Öffnungen der Beute. Ein Teil der verabreichten Ameisensäure wird im Honig eingelagert. Ameisensäure kommt bereits natürlicherweise in der Bienenkolonie vor. Es ist daher davon auszugehen, dass die mit der Behandlung zugeführte Säure den gleichen biochemischen Prozessen unterliegt, wie die natürlich vorkommende Ameisensäure.
Der Antragsteller hat bibliografisches Erkenntnismaterial vorgelegt, welches belegt, dass die Langzeitbehandlung mit 12–20 ml des Tierarzneimittels pro Zarge und Tag über eine Verdunstungshilfe und einen Zeitraum von 10 Tagen in Beuten mit einem Volumen von ca. 40 L bzw. die 4 bis maximal 5-mal wiederholte Kurzzeitbehandlung mit 40 ml des Tierarzneimittels auf einem Schwammtuch über einen Zeitraum von 4–8 Stunden und einem Abstand von 7 Tagen zwischen den Behandlungen in Beuten mit einem Volumen von ca. 60 L verträglich ist. Bei der Langzeitbehandlung sollte eine maximale Gesamtmenge von 200 ml des Tierarzneimittels (entsprechend 120g Ameisensäure) für einen Behandlungszyklus von Beuten mit einem Zargen-Volumen von 40 L nicht überschritten werden.
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Während der Behandlung muss für ausreichende Belüftung gesorgt werden, dafür sollte die Flugöffnung mindestens 15 cm2 geöffnet und alle Hindernisse vor und hinter der Flugöffnung entfernt werden.
In der Produktliteratur werden die Art, Schwere und Häufigkeit von Nebenwirkungen, die auftreten können, zutreffend wiedergegeben.
Die vorgelegte Literatur lässt darauf schließen, dass die Entwicklung eines Resistenzmechanismus gegen die physikalisch-chemische Wirkungsweise von Ameisensäure als unwahrscheinlich angesehen wird. Bisher gibt es in der Literatur keine Hinweise auf eine mangelnde oder verminderte Wirksamkeit von Ameisensäure, welche auf eine mögliche Resistenz zurückzuführen wäre.
Die Produktliteratur enthält angemessene Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung.
IV.B Klinische Studien
IV.B Klinische StudienDer Antragsteller hat bibliografische Daten vorgelegt, die zeigen, dass sowohl die 10-tägige Langzeitbehandlung mit 12–20 ml des Tierarzneimittels pro Zarge und Tag über eine geeignete Verdunstungshilfe in Beuten mit einem Volumen von 40 L als auch die über 4–8-stündige Kurzzeitbehandlung mit 40 ml des Tierarzneimittels mittels Schwammtuch und maximal 5 Wiederholungen im Abstand von 7 Tagen in Beuten mit einem Volumen von 60 L zu einer ≥ 90% Wirksamkeit gegen Varroa Milben führte. Die Außentemperatur sollte zwischen 12 bis 30°C liegen.
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V. BEURTEILUNG DES NUTZEN-RISIKOVERHÄLTNISSES
Die Daten, die mit dem Zulassungsdossier vorgelegt wurden, zeigen, dass, sofern das Tierarzneimittel so angewendet wird, wie in der SPC angegeben, das Nutzen-Risiko-Verhältnis für die Zieltierart positiv ist. Die Qualität und Sicherheit für den Anwender, den Verbraucher von Lebensmitteln, die von behandelten Tieren stammen und für die Umwelt sind unter diesen Voraussetzungen akzeptabel.
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