Info Patient Hauptmenü öffnen

Gentamicin Noridem 20 mg/ml Injektions-/Infusionslösung - Zusammengefasste Informationen

ATC-Gruppe:

Dostupné balení:

Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels - Gentamicin Noridem 20 mg/ml Injektions-/Infusionslösung

FACHINFORMATION

1.    bezeichnung des arzneimittels

Gentamicin Noridem 20 mg/ml Injektions-/Infusionslösung

2.    qualitative und quantitative zusammensetzung

Jeder ml Lösung enthält 20 mg Gentamicin (als Gentamicinsulfat).

Jede Ampulle mit 2 ml Lösung enthält 40 mg Gentamicin.

Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung

Jeder ml Lösung enthält 1,60 mg Natriummetabisulfit (Ph.Eur.).

Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile, siehe Abschnitt 6.1.

3.    darreichungsform

Injektions-/Infusionslösung

Klare und farblose Lösung.

pH-Wert: 3,00 – 5,50

Osmolalität: 80 – 90 mOsmol/kg

4.    klinische angaben

4.1     anwendungsgebiete

Gentamicin ist ein Aminoglykosid-Antibiotikum mit breiter bakterizider Wirkung. Es wird angewendet bei Erwachsenen und Kindern, einschließlich Neugeborenen.

Gentamicin wird angewendet zur Behandlung von schweren Infektionen, die durch Gentamicinsensible Erreger verursacht werden.

Unter diesen Voraussetzungen kann Gentamicin angewendet werden bei:

– Harnwegsinfektionen

– bakterieller Endokarditis

– intraabdominellen Infektionen

– durch gramnegative Erreger verursachte Meningitis

– Osteomyelitis und bakterieller Arthritis

– Behandlung von neutropenischen Patienten mit Fieber, von dem vermutet wird, dass es auf eine bakterielle Infektion zurückzuführen ist

– nosokomialer und beatmungsasso­ziierter Pneumonie (HAP und VAP)

– Listeriose

– schweren Infektionen bei Neugeborenen.

Behandlung von Patienten mit einer Bakteriämie, die auf eine der oben aufgeführten Infektionen zurückzuführen ist oder bei der ein derartiger Zusammenhang vermutet wird.

Hinweis:

Bei lebensbedrohlichen Infektionen mit einem unbekannten Erreger, bei gemischten anaeroben/aeroben Infektionen, bei bakterieller Endokarditis, bei systemischen Pseudomonas -Infektionen sowie bei neutropenischen Patienten mit Fieber, von dem vermutet wird, dass es auf eine bakterielle Infektion zurückzuführen ist, ist eine Kombinationsbe­handlung vorwiegend zusammen mit einem Betalaktam-Antibiotikum oder mit einem gegen anaerobe Bakterien wirksamen Antibiotikum angezeigt.

Die offiziellen Leitlinien zur angemessenen Anwendung von Antibiotika sind zu beachten.

4.2    dosierung und art der anwendung

Dosierung

Die Dosis hängt ab von der Schwere des Krankheitsbildes, den Bedingungen, der Nierenfunktion des Patienten sowie der Art der Infektion. Es sind verschiedene Darreichungsformen von Gentamicin verfügbar, von denen einige geeigneter sind, hohe Dosen intravenös zu verabreichen. Die Dosis hängt ab vom Körpergewicht des Patienten.

Die empfohlene Tagesdosis bei Jugendlichen und Erwachsenen mit normaler Nierenfunktion sollte bevorzugt als Einmaldosis, ansonsten aufgeteilt auf 2 Einzeldosen, gegeben werden. Bei einigen bestimmten Erregern oder Infektionsstellen kann eine häufigere Dosisgabe als zweimal täglich gemäß den empfohlenen nationalen und lokalen Richtlinien erforderlich sein.

Eine einmal tägliche Dosisgabe wird im Falle einer Endokarditis je nach Art der verantwortlichen Erreger nicht empfohlen. Nationale und lokale Richtlinien zur Behandlung mit Gentamicin und der Überwachung des Serumspiegels bei einer Endokarditis sind zu beachten.

Dosisberechnungen sind auf Grundlage des idealen Körpergewichts vorzunehmen.

Dosierungsempfeh­lungen

Dosierung (Erwachsene und Jugendliche)

Empfohlene Dosis: 3 – 6 mg Gentamicin/kg/Tag

Folgedosen sind entsprechend der Serumkonzentra­tionswerte auf Grundlage lokaler Richtlinien oder Nomogramme anzupassen (siehe „Hinweise zur Überwachung“).

Dosierung bei eingeschränkter Nierenfunktion

Gentamicin wird hauptsächlich durch glomeruläre Filtration ausgeschieden. Daher muss die Dosierung bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion entsprechend angepasst werden. Dosisanpassungen bei Patienten mit Nierenfunktion­sstörung sollten auch auf Basis einer therapeutischen Wirkstoffspie­gelüberwachung vorgenommen werden. Bei Patienten, bei denen das Dosierungsschema eine einmal tägliche Dosisgabe vorsieht, wird grundsätzlich eine

Verlängerung des Dosisintervalls empfohlen. Das initiale Dosisintervall sollte mindestens 24 Stunden betragen und entsprechend des Ausmaßes der Nierenfunktion­sstörung sowie den Ergebnissen der Überwachung von Gentamicin im Serum verlängert werden. Zu einer einmal täglichen Dosisgabe bei Patienten mit schwerer Nierenfunktion­sstörung (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min) liegen nur wenige Daten vor.

Dosisanpassung

Zur Berechnung der Dosis oder des Dosisintervalls, die vom Alter, Gewicht sowie der Nierenfunktion und Plasmakonzentra­tionen des Patienten abhängen, stehen Nomogramme zur Verfügung. Lokale Richtlinien sind, sofern verfügbar, zu beachten. Stehen weder Nomogramme noch lokale Richtlinien zur Verfügung, kann wie folgt vorgegangen werden:

Für die Dosierungsanpassung gibt es zwei Möglichkeiten:

A. Verlängerung der Dosisintervalle bei gleichbleibender Dosis (Folgedosen identisch mit Initialdosis).

B. Verringerung der Dosis bei gleichbleibenden Dosisintervallen (Folgedosen kleiner als Initialdosis).

Bei Patienten mit einmal täglicher Dosisgabe wird die Verlängerung des Dosisintervalls empfohlen. Bei Patienten mit mehrfach täglicher Dosisgabe wird die Verringerung der Dosis empfohlen.

Die folgende Tabelle gibt einen Anhaltspunkt zur Verringerung der Dosis bei gleichbleibenden Dosisintervallen (8-stündiges Dosisintervall):

Serum-Kreatinin (mg/100 ml)

Kreatinin-Clearance (ml/min/1,73 m 2 )

Folgedosen (Prozent der Initialdosis)

unter 1,0

über 100

100

1,1 – 1,3

71 – 100

80

1,4 – 1,6

56 – 70

65

1,7 – 1,9

46 – 55

55

2,0 – 2,2

41 – 45

50

2,3 – 2,5

36 – 40

40

2,6 – 3,0

31 – 35

35

3,1 – 3,5

26 – 30

30

3,6 – 4,0

21 – 25

25

4,1 – 5,1

16 – 20

20

5,2 – 6,6

11 – 15

15

6,7 – 8,0

unter 10

10

Dabei ist auch zu beachten, dass sich die Nierenfunktion im Behandlungsverlauf ändern kann.

Die Kreatinin-Clearance sollte als Parameter vor allem bei Patienten mit schwankenden Kreatinin-Konzentrationen im Plasma, wie dies bei schweren Infektionen (z. B. Sepsis) beobachtet wird, bevorzugt werden.

Wenn nur die Serum-Kreatinin-Werte bekannt sind, kann die Kreatinin-Clearance nach folgenden Formeln abgeschätzt werden:

Männer:

Körpergewicht (kg) x (140-Lebensjahre)

Clcr=________­________________________­_________

72 x Serumkreatinin (mg/100 ml)

oder

Männer:

Körpergewicht (kg) x (140-Lebensjahre)

Clcr= _____________­________________________­___

0,814 x Serumkreatinin (µmol/l)

Frauen: 0,85 x oben berechneter Wert

Wenn die Serum-Kreatinin-Werte zur Beurteilung der Nierenfunktion verwendet werden, sollten diese Werte mehrfach erhoben werden, da nur bei gleichbleibend eingeschränkter Nierenfunktion eine Korrelation zu den Kreatinin-Clearance-Werten besteht.

Kinder und Jugendliche

Die bei Kindern ab 1 Jahr mit normaler Nierenfunktion empfohlene Tagesdosis beträgt 3 – 6 mg/kg/Tag als eine Einzeldosis (bevorzugt) oder zwei Teildosen. Die bei Kindern nach dem 1. Lebensmonat empfohlene Tagesdosis beträgt 4,5 – 7,5 mg/kg/Tag und sollte vorzugsweise als eine Einzeldosis verabreicht werden, ansonsten als 2 Teildosen. Die bei Neugeborenen empfohlene Tagesdosis beträgt 4–7 mg/kg Körpergewicht täglich. Infolge der längeren Halbwertszeit erhalten Neugeborene die benötigte Dosis als Einzeldosis.

Besondere Aufmerksamkeit muss auf die Zubereitung (Verdünnung) und die verabreichte Menge gerichtet werden. Jeder Fehler, egal wie geringfügig, kann einen großen Einfluss auf die erreichten Serumkonzentra­tionen haben.

Ältere Patienten

Es liegen einige Hinweise darüber vor, dass ältere Patienten anfälliger für eine Aminoglykosid­Toxizität sein können, und zwar infolge einer vorherigen auditiven/ves­tibulären Beeinträchtigung oder grenzwertigen Nierenfunktion­sstörung. Folglich sollte die Therapie engmaschig überwacht werden durch regelmäßige Bestimmung der Gentamicin-Spiegel im Serum, Beurteilung der Nierenfunktion und anhand von Anzeichen einer Ototoxizität. Bei eingeschränkter Nierenfunktion sollte die empfohlene Tagesdosis verringert und entsprechend der Nierenfunktion angepasst werden.

Leberfunktion­sstörung

Beim Vorliegen einer Leberfunktion­sstörung kann Gentamicin verschrieben werden, ohne dass eine Dosisanpassung erforderlich ist.

Dosierung bei Hämodialyse-Patienten

Gentamicin ist dialysierbar. Bei einer 4 – 5-stündigen Hämodialyse muss mit einer Konzentration­sminderung von 50 – 60 %, bei einer 8 – 12-stündigen Hämodialyse mit einer von 70 – 80 % gerechnet werden. Nach jeder Dialysesitzung muss der Patient individuell nachdosiert werden, ausgehend von den aktuellen Gentamicinkon­zentrationen im Serum. Normalerweise beträgt die empfohlene Dosis nach der Dialyse 1 – 1,7 mg/kg Körpergewicht.

Da Hämodialyse-Patienten gewöhnlich unter Antikoagulanzien-Therapie stehen, darf hier aufgrund des Risikos der Hämatombildung nicht intramuskulär injiziert werden.

Adipöse Patienten

Dosisberechnungen sind auf Grundlage des idealen Körpergewichts vorzunehmen. Im Falle einer signifikanten Adipositas sollten die Gentamicinkon­zentrationen im Serum engmaschig überwacht werden.

Hinweise zur Überwachung

Es wird empfohlen, bei allen Patienten die Serumkonzentration von Gentamicin regelmäßig zu überwachen, vor allem bei älteren Patienten, Neugeborenen, adipösen Patienten, Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion sowie Patienten mit zystischer Fibrose. Gentamicin sollte nicht verschrieben werden, wenn die Serumkonzentra­tionen nicht überwacht werden können.

Zur Wirkstoffspie­gelüberwachung unter Gentamicin gibt es keine allgemein akzeptierten Leitlinien. Lokale Leitlinien zur Überwachung und Dosisanpassung sind zu befolgen, sofern diese verfügbar sind. Folgendes wird üblicherweise empfohlen: Empfohlen wird eine Bestimmung der Spiegel vor einer Dosisgabe („Talspiegel“), um das korrekte Intervall zwischen den Dosen sicherzustellen. Talspiegel werden am Ende eines Dosierungsinter­valls gemessen und sollten 1 mg/l bei täglicher Einmalgabe bzw. 2 mg/l bei täglicher Mehrfachgabe nicht überschreiten. Darüberliegende Spiegel weisen auf die Notwendigkeit einer Intervallverlänge­rung zwischen den Dosen hin, nicht auf eine Dosisverringerung.

Empfohlen wird eine Bestimmung der Spiegel nach einer Dosisgabe („Maximalspiegel“), um die Eignung einer Dosis zu bestimmen oder sicherzustellen, dass sie nicht zu hoch ist und möglicherweise toxische Wirkungen hat. Maximalspiegel sollten eine Stunde nach intravenöser oder intramuskulärer Bolusgabe oder 30 Minuten nach Infusionsende gemessen werden. Eine Plasmakonzentration < 4 mg/l weist darauf hin, dass die Dosis wahrscheinlich zu niedrig und eine Dosiserhöhung zu erwägen ist. Plasmakonzentra­tionen > 10 mg/l weisen auf ein erhöhtes Toxizitätsrisiko hin, insbesondere Ototoxizität, weshalb eine Dosisverringerung zu erwägen ist.

Nach jeder Dosisänderung sind zur Bestätigung der Eignung der neuen Dosis und des Dosisintervalls die Spiegel vor bzw. nach Dosisgabe zu messen.

Art der Anwendung

Zur intramuskulären, intravenösen Injektion oder zur intravenösen Infusion nach Verdünnung. Für die intramuskuläre und intravenöse Gabe werden dieselben Dosierungsschemata empfohlen. Die intramuskuläre Anwendung ist dann in Erwägung zu ziehen, wenn die intravenöse Anwendung nicht möglich oder für den Patienten weniger geeignet ist.

Gentamicin kann bei medizinischer Indikation in unverdünnter Form direkt in die Vene injiziert werden. Die Injektion muss langsam über 2 – 3 Minuten hinweg erfolgen. Eine schnelle, direkte intravenöse Anwendung kann möglicherweise zu Beginn zu potenziell neurotoxischen

Konzentrationen führen, weshalb es unerlässlich ist, die verschriebene Dosis über den empfohlenen Zeitraum zu verabreichen.

Wahlweise kann die verschriebene Dosis in bis zu 100 ml einer Natriumchlorid 9 mg/ml (0,9 %) Injektionslösung oder Glucose 50 mg/ml (5 %) Injektionslösung aufgelöst und die Lösung innerhalb von 20 Minuten infundiert werden. Die Injektion/Infusion darf nicht zusammen mit anderen Arzneimitteln verabreicht werden (siehe auch Abschnitt 6.2).

4.3     gegenanzeigen

– Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile.

– Subkutane Anwendung aufgrund fehlender Wirksamkeit und Auftreten von Nekrose an der Injektionsstelle.

4.4    besondere warnhinweise und vorsichtsmaßnahmen für die anwendung

Warnhinweise

Bei fortgeschrittener Nierenfunktion­sstörung oder bei vorbestehender Innenohrschwer­hörigkeit sollte Gentamicin nur bei lebensbedrohlichen Indikationen angewendet werden. Da Gentamicin neuromuskulär blockierende Eigenschaften hat, ist bei Patienten mit neuromuskulären Vorerkrankungen (z. B. bei Myasthenia gravis, Parkinson-Krankheit) besondere Aufmerksamkeit geboten. Dies gilt auch für Patienten, die gleichzeitig Muskelrelaxanzien erhalten (z. B. bei der perioperativen Gabe von Gentamicin).

Diabetes, auditive/vesti­buläre Dysfunktionen, Otitis media, eine Otitis media in der Krankengeschichte, frühere Anwendung ototoxischer Arzneimittel und eine genetisch bedingte Überempfindlichkeit gegen eine durch Aminoglykoside induzierte Ototoxizität sind weitere Hauptfaktoren, die Patienten für toxische Wirkungen anfälliger machen können.

Bei Patienten mit mitochondrialen DNA-Mutationen (insbesondere der Substitution des Nukleotids 1555 A zu G im 12S rRNA-Gen) besteht ein erhöhtes Ototoxizitätsri­siko, selbst wenn die Aminoglykosid-Serumspiegel während der Behandlung innerhalb des empfohlenen Bereichs liegen. Bei solchen Patienten sollten alternative Behandlungsmöglichke­iten in Betracht gezogen werden.

Bei Patienten mit relevanten Mutationen oder Aminoglykosid-induzierter Taubheit in der mütterlichen Vorgeschichte sollten alternative Behandlungen oder genetische Untersuchungen vor der Anwendung in Betracht gezogen werden.

Nieren- und vestibulocochleärer Schaden

Eingeschränkte Nierenfunktion

Klinische Anzeichen eines Nierenschadens sind: Proteinurie, Zylindrurie, Hämaturie, Oligurie, erhöhte Kreatinin- und Harnstoffkonzen­trationen im Blut. In Einzelfällen kann ein akutes Nierenversagen auftreten (siehe Abschnitt 4.8).

Auswirkungen auf die vestibulocochleären Nerven

Eine Schädigung der vestibulocochleären Nerven (achter Hirnnerv), was das Gleichgewicht und Hörvermögen beeinflusst, ist möglich. Eine Schädigung des Vestibularorgans ist die häufigste ototoxische Reaktion. Der Gehörverlust ist zuerst an der nachlassenden akustischen Wahrnehmung hochfrequenter Töne erkennbar und normalerweise irreversibel.

Symptome der Ototoxizität sind: Schwindelgefühl, läutende/pfeifende Geräusche (Tinnitus), Vertigo, Gleichgewichtsver­lust und gelegentlich Gehörverlust (siehe Abschnitt 4.8). Bei Patienten mit Nierenversagen im Endstadium, unter intermittierender Hämodialyse oder chronischer Peritonealdialyse sind toxische Auswirkungen meistens akustischer Natur, da keine Nierenfunktion mehr vorhanden ist.

Kinder und Jugendliche

Gemäß der verfügbaren Daten kommt es bei Neugeborenen und Kindern nur selten zu renalen und auditorischen toxischen Wirkungen.

Risikofaktoren

Die Risiken für das Auftreten renaler und auditorischer toxischer Wirkungen nehmen selbst bei gesunden Patienten bei einer Behandlungsdauer von mehr als 5 – 7 Tagen zu. Das Risiko ist bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion größer. Dennoch kann eine frühe toxische Wirkung bereits nach den ersten Dosen auftreten.

Eine Nierentoxizität tritt unabhängig von der erreichten maximalen Plasmakonzentration auf (Cmax). Hinsichtlich den auditorischen und vestibulären toxischen Wirkungen gibt es keine Hinweise für eine Korrelation mit dem erreichten maximalen Plasmakonzentra­tionswert, selbst wenn die Behandlung in Form einer täglichen Einzeldosis erfolgt.

Die wichtigsten Risikofaktoren für eine Nephrotoxizität (und bei einigen Patienten für eine Ototoxizität) sind:

– die häufigsten klinischen Situationen, die eine renale Hypoperfusion fördern, bei gleichzeitig geringerer Elimination von Aminoglykosiden:

o Alter > 75 Jahre (physiologische Änderung der Nierenfunktion, beginnend ab

60 Jahren),

o Dehydratation, oft altersbedingt,

o Kombination mit bestimmten Arzneimitteln, insbesondere Schleifendiuretika (siehe Abschnitt 4.5),

o Linksherzin­suffizienz, Hypovolämie, Schockzustand,

o Hypalbuminämie,

o Zirrhose des Grades B und C gemäß Child-Pugh -Klassifikation,

– klinische Situationen mit erhöhtem Risiko für Nierenschaden:

o vorbestehende oder bestehende Nephropathie,

o Kombination mit bestimmten Arzneimitteln (siehe Abschnitt 4.5).

Auf Antibiotika zurückzuführende Diarrhoe und pseudomembranöse Kolitis

Bei der Anwendung von Gentamicin zusammen mit anderen Antibiotika wurden Diarrhoe und pseudomembranöse Kolitis beobachtet. Eine derartige Diagnose ist bei jedem Patienten in Betracht zu ziehen, der während oder unmittelbar nach der Behandlung eine Diarrhoe entwickelt. Gentamicin sollte abgesetzt werden, wenn beim Patienten während der Behandlung eine schwere und/oder blutige Diarrhoe auftritt, und es ist eine angemessene Behandlung einzuleiten. Die Peristaltik hemmende Arzneimittel dürfen nicht angewendet werden (siehe Abschnitt 4.8).

Die Behandlung mit Gentamicin kann ein übermäßiges Wachstum von arzneimittel-resistenten Mikroorganismen hervorrufen. Falls dies geschieht, ist eine angemessene Behandlung einzuleiten.

Vorsichtsmaßnah­men

Zur Vermeidung von unerwünschten Arzneimittelwir­kungen wird eine kontinuierliche Überwachung der Nierenfunktion (Serum-Kreatinin, Kreatinin-Clearance vor, während und

nach der Anwendung) und Kontrollen der vestibulären und cochleären Funktion sowie der Nieren- und Laborparameter empfohlen.

– Überwachung von Gentamicin im Serum (siehe Abschnitt 4.2).

– Sofern dies möglich ist, die Behandlungsdauer auf 10 – 14 Tage befristen.

– Vermeiden einer erneuten Aminoglykosid-Therapie unmittelbar im Anschluss an eine vorausgegangene Aminoglykosid-Behandlung: möglichst 7 – 14-tägiges therapiefreies Intervall.

– Möglichst keine gleichzeitige Anwendung anderer potenzieller oto- und nephrotoxischer Substanzen. Lässt sich dies nicht vermeiden, ist eine besonders engmaschige Kontrolle der Nierenfunktion angezeigt.

– Gewährleistung einer ausreichenden Hydratation und Urinproduktion.

Tägliche Einzeldosis

Daten zur täglichen Einzeldosis zeigen, dass diese Verschreibungsmet­hode zu Folgendem führt: – Optimierung der Pharmakokinetik-Pharmakodynamik-Parameter (siehe Abschnitt 5.1), – fördert Diffusion ins Gewebe,

– Erreichen einer klinischen Wirksamkeit, die mindestens derjenigen entspricht, wie sie nach der auf mehrere Tagesinjektionen aufgeteilten Anwendung erreicht wurde,

– Auftreten von renalen und auditorischen toxischen Wirkungen, die ähnlich oder leichter ausfallen als bei Anwendung anderer Methoden,

– Verringerung des Risikos für das Entstehen mutierter, resistenter Stämme.

Dieses Arzneimittel enthält:

– Natriummetabi­sulfit, kann in seltenen Fällen schwere Überempfindlichke­itsreaktionen und Bronchospasmen hervorrufen.

– Natrium: Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Ampulle, d. h. es ist nahezu „natriumfrei“.

4.5    wechselwirkungen mit anderen arzneimitteln und sonstige wechselwirkungen

Die gleichzeitige Anwendung von Gentamicin und anderen potenziell ototoxischen oder nephrotoxischen Arzneimitteln ist zu vermeiden. Ist eine solche Kombination unumgänglich, muss die Überwachung der auditorischen/re­nalen Funktion intensiviert werden.

Kontraindizierte Kombinationen: Andere Aminoglykoside bei gemeinsamer Anwendung sind kontraindiziert aufgrund des erhöhten Risikos für Nephrotoxizität und Ototoxizität.

Kombinationen, die nicht empfohlen werden

+ Polymyxin B: Additive nephrotoxische Wirkungen. Ist die Kombination nicht zu vermeiden, muss die Anwendung vom bakteriologischen Standpunkt aus unanfechtbar sein und erfordert eine strenge Überwachung.

+ Botulinumtoxin: Mögliche Potenzierung der Wirkungen von Botulinumtoxin mit Aminoglykosiden (extrapoliert anhand bei Botulismus beobachteten Wirkungen). Ein anderes Antibiotikum ist anzuwenden.

Kombinationen, die Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung erfordern

+ Cefalotin: Es wurde darüber diskutiert, dass Cefalotin die Nephrotoxizität von Aminoglykosiden erhöht. Kontrolle der Nierenfunktion.

+ Nicht-depolarisierende Muskelrelaxanzien: Potenzierung von nicht-depolarisierenden Muskelrelaxanzien, wenn das Antibiotikum vor, während oder nach Anwendung des neuromuskulären Hemmers parenteral und/oder peritoneal verabreicht wird. Überwachung des Ausmaßes der Muskelrelaxation am Ende der Anästhesie.

+ Schleifendiuretika: Zunehmendes nephrotoxisches und ototoxisches Risiko durch Aminoglykoside (funktionelle Nierenfunktion­sstörung aufgrund Diuretika-induzierter Dehydratation).

Kombination ist möglich bei gleichzeitiger Überwachung des Hydratationsstatus, renaler und vestibulocochleärer Funktionen, Aminoglykosid-Konzentrationen im Plasma.

Kombinationen, die berücksichtigt werden sollten

+ Andere Aminoglykoside bei aufeinanderfol­gender Anwendung: Das Risiko einer kumulativen Ototoxizität ist zu berücksichtigen.

+ Amphotericin B, i.v. angewendet: Das Risiko einer Nephrotoxizität ist erhöht.

+ Ciclosporin: Stärkerer Anstieg des Serum-Kreatinins als unter Ciclosporin allein, mit erhöhtem nephrotoxischem Risiko.

+ Organoplatin-Verbindungen: Zusätzliche nephrotoxische und/oder ototoxische Wirkungen, insbesondere bei Fällen mit vorheriger Nierenfunktion­sstörung. Bei Cisplatin-haltigen Arzneimitteln ist zu beachten, dass die Nephrotoxizität von Gentamicin nach Anwendung dieser Substanzen weitere 3 bis 4 Wochen zunehmen kann.

+ Tacrolimus: Stärkerer Anstieg des Serum-Kreatinins als unter Tacrolimus allein (Synergie der nephrotoxischen Wirkungen beider Substanzen).

+ Methoxyfluran-Anästhetika: Aminoglykoside können die nephrotoxische Wirkung von Methoxyfluran verstärken. Bei gemeinsamer Anwendung sind schwerste Nephropathien möglich.

+ Indometacin: Erhöht möglicherweise die Plasmakonzentra­tionen von Gentamicin bei Neugeborenen.

+ Antikoagulanzien: Gleichzeitige Anwendung mit oralen Antikoagulanzien kann eventuell die hypothrombinämische Wirkung verstärken.

+ Bisphosphonate: Gleichzeitige Anwendung mit Bisphosphonaten kann eventuell das Risiko einer Hypokalzämie erhöhen.

+ Jodhaltiges Kontrastmittel, Methotrexat, Virostatika (z. B. aus der „-ciclovir“-Gruppe, Foscarnet), Pentamidin können eventuell das Risiko einer Nephrotoxizität erhöhen.

+ Kombination mit Antibiotika aus der Glykopeptid-Gruppe wie Vancomycin und Teicoplanin kann das Risiko einer vestibulocochleären Schädigung erhöhen.

+ Bei gemeinsamer Anwendung von Gentamicin mit entweder Neostigmin oder Pyridostigmin kann es eventuell zu einer Aufhebung der Wirkung kommen.

+ Digoxin: Gentamicin erhöht bekanntermaßen die Digoxinspiegel im Serum.

Gentamicin/andere Antibiotika

Eine Kombinationsthe­rapie mit entsprechenden Antibiotika (z. B. Beta-Laktame) kann einen Synergieeffekt haben. Synergieeffekte wurden für Acylaminopeni­cilline auf Pseudomonas aeruginosa , für Ampicillin auf Enterokokken und für Cephalosporine auf Klebsiella pneumoniae beschrieben.

Spezielle Probleme bei INR-Ungleichgewicht

Vielfach wurden Fälle einer erhöhten Aktivität von Vitamin-K-Antagonisten bei Patienten berichtet, die Antibiotika erhielten. Risikofaktoren scheinen vorhandene ausgeprägte Infektionen oder Entzündungen sowie Alter und Allgemeinzustand des Patienten zu sein. Unter diesen Umständen scheint eine Unterscheidung, ob das Auftreten des INR-Ungleichgewichts auf die Infektionskrankheit selbst oder die Behandlung zurückzuführen ist, nur schwer möglich

zu sein. Jedoch sind bestimmte Antibiotikagruppen stärker hiervon betroffen als andere, insbesondere Fluorchinolone, Makrolide, Zykline, Cotrimoxazol und bestimmte Cephalosporine.

4.6     fertilität, schwangerschaft und stillzeit

Schwangerschaft

Bisher liegen keine hinreichenden Erfahrungen mit der Anwendung von Gentamicin während der Schwangerschaft vor. Tierexperimentelle Studien haben eine reproduktionsto­xische Wirkung von Gentamicin gezeigt (siehe Abschnitt 5.3).

Gentamicin durchdringt die Plazentaschranke und erreicht im fetalen Gewebe und in der Amnionflüssigkeit messbare Konzentrationen. Es besteht die potenzielle Gefahr, dass Gentamicin zu Schäden des Innenohrs und der Niere beim Feten führt, weshalb die Überprüfung der auditorischen Funktion beim Neugeborenen empfohlen wird (otoakustische Emissionen).

Daher sollte Gentamicin während der Schwangerschaft grundsätzlich nur bei lebensbedrohlichen Indikationen angewendet werden und wenn keine sichereren Behandlungsal­ternativen zur Verfügung stehen.

Stillzeit

Gentamicin geht in geringen Mengen in die Muttermilch über, und niedrige Konzentrationen wurden im Serum gestillter Säuglinge gefunden. Es muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Gentamicin verzichtet werden soll/die Behandlung mit Gentamicin zu unterbrechen ist. Bei gestillten Säuglingen kann es zu Diarrhoe und mukosaler Besiedlung durch hefeähnliche Pilzarten kommen. Die Möglichkeit einer Sensibilisierung sollte in Betracht gezogen werden.

Fertilität

Bisher liegen keine Erfahrungen zur Wirkung von Gentamicin auf die Fertilität beim Menschen vor. Bei Tieren wurden Nebenwirkungen von Gentamicin auf die männliche Fertilität beobachtet (siehe Abschnitt 5.3). Männern sollte empfohlen werden, während der Behandlung kein Kind zu zeugen und in diesem Zeitraum und mindestens 3 Monate danach eine zuverlässige Verhütungsmethode anzuwenden. Vor Behandlungsbeginn sollte männlichen Patienten geraten werden, einen Beratungstermin zwecks Spermaaufbewahrung wahrzunehmen.

4.7    auswirkungen auf die verkehrstüchtigkeit und die fähigkeit zum bedienen von

Es wurden keine Studien zu den Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen durchgeführt.

Da diese Behandlung möglicherweise zu Gleichgewichtsstörun­gen führen kann, sind Fahrer und Benutzer von Maschinen auf dieses potenzielle Risiko hinzuweisen.

4.8    Nebenwirkungen

Tabellarische Zusammenstellung der Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen, die voraussichtlich behandlungsbedingt auftreten, werden nachfolgend nach Organklasse und Häufigkeit aufgelistet. Die Häufigkeiten werden wie folgt definiert:

Sehr häufig (≥ 1/10)

Häufig (≥ 1/100, < 1/10)

Gelegentlich (≥ 1/1.000, < 1/100)

Selten (≥ 1/10.000, < 1/1.000)

Sehr selten (< 1/10.000)

Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar).

Systemorganklasse

Häufig (≥ 1/100, < 1/10)

Gelegentlich (≥ 1/1.000, < 1/100)

Selten (≥ 1/10.000, < 1/1.000)

Sehr selten (<1/10.000)

Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)

Infektionen und parasitäre Erkrankungen

Superinfektion (verursacht durch Gentamicinresis­tente Bakterien) Pseudomembra nöse Kolitis (siehe Abschnitt 4.4)1

Erkrankungen des Blutes und des

Lymphsystems

Dyskrasie

Thrombozytopenie, Retikulozyto-penie, Leukopenie, Eosinophilie, Granulozytope­nie, Anämie

Erkrankungen des

Immunsystems

Anaphylaktisch e Reaktion (einschließlich anaphylaktische r Schock) und Überempfindlic hke­it

Stoffwechsel-und Ernährungsstörun­gen

Hypokaliämie, Hypokalzämie, Hypomagnesiämie, Bartter-Syndrom bei Patienten, die über einen längeren Zeitraum (mehr als 4 Wochen)

Hypophosphatämie

mit hohen Dosen behandelt wurden, Appetitverlust, Gewichtsverlust

Psychiatrische

Erkrankungen

Verwirrtheit, Halluzinationen, Depression

Erkrankungen des

Nervensystems

Polyneuropathien, periphere Parästhesie

Enzephalopathie, Krampfanfälle, neuromuskulärer Block, Schwindelgefühl, Vertigo, eingeschränktes Gleichgewicht, Kopfschmerz (siehe Abschnitt 4.4)

Lethargie

Augenerkrankungen

Sehstörungen

Erkrankungen des Ohrs und des Labyrinths

Schädigung des Vestibular-organs, Gehörverlust, Morbus Menière, Tinnitus (siehe Abschnitt 4.4)

Irreversibler Gehörverlust, Taubheit

Gefäßerkrankungen

Hypotonie, Hypertonie

Erkrankungen des Gastrointesti­naltrakts

Erbrechen, Übelkeit, erhöhte Speichelbildung, Stomatitis

Leber- und Gallenerkrankungen

AspartatAmino­transferase (AST) erhöht, AlaninAminotran­sferase (ALT) erhöht, alkalische Phosphatase (ALP) erhöht, (alle reversibel) Bilirubin im Serum erhöht

Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellge­webes

Allergischer Hautausschlag

Hautrötung

Erythema multiforme, Alopezie

Toxische epidermale Nekrolyse, Stevens-Johnson-Syndrom2, Urtikaria, Purpura

Skelettmuskulatur-, Bindegewebs-und Knochenerkran­kungen

Muskelschmerzen (Myalgie)

Myastasie

Erkrankungen der Nieren und Harnwege

Eingeschränkte Nierenfunktion

Stickstoff im Blut erhöht (reversibel)

Akutes Nierenversagen, Hyperphosphatämie, Amino-acidurie, FanconiSyndrom bei Patienten, die über einen längeren Zeitraum mit hohen Dosen behandelt wurden (siehe Abschnitt 4.4)

Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort

Körpertemperatur erhöht

Schmerzen an der

Injektionsstelle

Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels.

Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: anzuzeigen.

4.9     überdosierung

Gentamicin besitzt eine enge therapeutische Breite. Bei einer Akkumulation (z. B. infolge einer eingeschränkten Nierenfunktion) kann es zur Nierenschädigung und zur Schädigung des Nervus vestibulocochle­aris kommen. Nierenschädigung ist mit Talspiegeln von größer als 4 mg/l korreliert.

Behandlung von Überdosierungen:

Absetzen des Arzneimittels. Es gibt kein spezifisches Gegenmittel. Bei einer Überdosierung oder toxischen Reaktion kann eine Peritonealdialyse oder Hämodialyse die Gentamicinspiegel im Serum senken.

Bei neuromuskulärer Blockade (meist durch Wechselwirkungen verursacht, siehe entsprechenden Abschnitt) ist die Anwendung von Calciumchlorid zweckmäßig, gegebenenfalls ist eine künstliche Beatmung einzuleiten.

5.    pharmakologische eigenschaften

5.1     pharmakodynamische eigenschaften

Pharmakothera­peutische Gruppe: Aminoglykosid-Antibiotika; Andere Aminoglykoside ATC-Code: J01GB03

Wirkmechanismus

Der Wirkmechanismus von Gentamicin beruht auf einer Störung der Proteinbiosynthese am bakteriellen Ribosom durch Wechselwirkung mit der rRNA und nachfolgender Hemmung der Translation. Hieraus resultiert eine bakterizide Wirkung. Es wirkt keimtötend, wobei die bakterizide Wirkung größer ist als bei Streptomycin, Neomycin oder Kanamycin.

Grundsätzlich wirkt Gentamicin gegen viele aerobe gramnegative Bakterien und manche aerobe grampositive Bakterien. Gentamicin zeigt keine Wirkungen gegen Pilze, Viren und die meisten anaeroben Bakterien.

PK/PD-Korrelation

Die Wirksamkeit hängt im Wesentlichen von dem Quotienten aus maximaler Serumkonzentration (Cmax) und minimaler Hemmkonzentration (MHK) des Erregers ab.

Resistenzmecha­nismus

Eine Resistenz gegenüber Gentamicin kann auf folgenden Mechanismen beruhen:

– Enzymatische Inaktivierung: Die enzymatischen Modifikationen der

Aminoglykosid­moleküle sind der häufigste Resistenzmecha­nismus. Hierfür sind Acetyltransferasen, Phosphotransferasen oder Nukleotidyltran­sferasen verantwortlich, die zumeist plasmidkodier­t sind.

– Verminderte Penetration und aktiver Efflux: Diese Resistenzmecha­nismen finden sich vor allem bei Pseudomonas aeruginosa.

– Veränderung der Zielstruktur: Modifikationen innerhalb der Ribosomen kommen als Ursache einer Resistenz vor. Diese entstehen entweder durch Mutation oder die Bildung von Methyltransferasen.

Es besteht eine weitgehende Kreuzresistenz von Gentamicin mit anderen AminoglykosidAn­tibiotika.

Grenzwerte

Die Testung von Gentamicin erfolgt unter Benutzung der üblichen Verdünnungsreihe. Folgende minimale Hemmkonzentrationen wurden für sensible und resistente Keime festgelegt:

EUCAST (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing ) Grenzwerte (Version 12.0, 2022–01–01):

Erreger

Sensibel

Resistent

Enterobacterales (systemische Infektionen) 1

≤ 2 mg/l

> 2 mg/l

Enterobacterales (von den Harnwegen ausgehende Infektionen)

≤ 2 mg/l

> 2 mg/l

Acinetobacter spp. (systemische Infektionen) 1

≤ 4 mg/l

> 4 mg/l

Acinetobacter spp. (Infektionen ausgehend vom Urinaltrakt)

≤ 4 mg/l

> 4 mg/l

Staphylococcus aureus

≤ 2 mg/l

> 2 mg/l

Koagulase-negative Staphylokokken

≤ 2 mg/l

> 2 mg/l

Enterococcus spp. (Test für hochgradige Resistenz gegenüber Aminoglykosiden)

Hinweis2

Hinweis2

Viridans-Streptokokken (Test für hochgradige Resistenz gegenüber Aminoglykosiden)

Hinweis2

Hinweis2

PK-PD-Grenzwerte (speziesunabhängig)

≤ 0,5 mg/l

> 0,5 mg/l

1 Bei systemischen Infektionen müssen Aminoglykoside in Kombination mit einer anderen aktiven Therapie angewendet werden. In diesem Fall kann der Grenzwert/ECOFF in Klammern verwendet werden, um zwischen Organismen mit und ohne erworbenem Resistenzmecha­nismus zu unterscheiden. Isolate ohne Resistenzmecha­nismus sind im Bericht wie folgt zu kommentieren: „Aminoglykoside werden häufig in Kombination mit anderen Arzneimitteln gegeben, um entweder die Aktivität des Aminoglykosids zu unterstützen oder das Therapiespektrum zu erweitern. Bei systemischen Infektionen muss das Aminoglykosid durch eine andere aktive Therapie unterstützt werden.“ Weitere Informationen sind zu finden unter

Ist das Isolat sensibel gegenüber Penicillin oder Glykoprotein, kann eine Synergie erwartet werden. Positiver Test: Isolate mit MHK > 128 mg/l gegenüber Gentamicin oder einem Zonendurchmesser <8 mm. Das Isolat ist hochgradig resistent gegen Gentamicin und andere Aminoglykoside, mit Ausnahme von Streptomycin, das bei Bedarf separat getestet werden muss. Es gibt keine Synergie mit Penicillinen oder Glykopeptiden.

Prävalenz der erworbenen Resistenz

Die Prävalenz der erworbenen Resistenz einzelner Spezies kann örtlich und im Verlauf der Zeit variieren.

Deshalb sind – insbesondere für die adäquate Behandlung schwerer Infektionen – lokale Informationen über die Resistenzsituation erforderlich. Falls aufgrund der lokalen Resistenzsituation die Wirksamkeit von Gentamicin in Frage gestellt ist, sollte eine Therapieberatung durch Experten angestrebt werden. Insbesondere bei schwerwiegenden Infektionen oder bei Therapieversagen ist eine mikrobiologische Diagnose mit dem Nachweis des Erregers und dessen Empfindlichkeit gegenüber Gentamicin anzustreben.

Üblicherweise empfindliche Spezies

Aerobe grampositive Mikroorganismen

Staphylococcus aureus

Staphylococcus saprophyticus °

Aerobe gramnegative Mikroorganismen

Acinetobacter pittii

Citrobacter freundii

Enterobacter aerogenes

Enterobacter cloacae

Escherichia coli #

Klebsiella oxytoca

Klebsiella pneumoniae

Proteus vulgaris

Proteus mirabilis

Salmonella enterica (Enteritis-Salmonellen)

Serratia liquefaciens °

Serratia marcescens

Spezies, bei denen erworbene Resistenzen ein Problem darstellen können

Aerobe grampositive Mikroorganismen

Staphylococcus epidermidis +

Staphylococcus haemolyticus +

Staphylococcus hominis

Aerobe gramnegative Mikroorganismen

Acinetobacter baumannii

Morganella morganii

Pseudomonas aeruginosa

Von Natur aus resistente Organismen Aerobe grampositive Mikroorganismen Enterococcus spp.§ Streptococcus spp­.§

Burkholderia cepacia

Legionella pneumophila

Stenotrophomonas maltophilia

Anaerobe Mikroorganismen

Bacteroides spp.

Clostridioides difficile

Andere

Chlamydia spp.

Chlamydophila spp.

Mycoplasma spp.

Ureaplasma urealyticum

° Bei Veröffentlichung der Tabelle lagen keine aktuellen Daten vor. In der Primärliteratur, Standardwerken und Therapieempfeh­lungen wird von einer Empfindlichkeit ausgegangen.

+ In mindestens einer Region liegt die Resistenzrate bei über 50 %.

§ Klinische Wirksamkeit für die Therapie der Enterokokken- und Streptokokken-Endokarditis in Kombination mit Penicillin belegt, wenn keine hochgradige Resistenz (Enterokokken) vorliegt.

# Auf Intensivstationen liegt die Resistenzrate bei ≥ 10 %.

5.2     Pharmakokinetische Eigenschaften

Resorption

Gentamicin wird wie alle Aminoglykosid-Antibiotika nach Einnahme von der gesunden Darmschleimhaut praktisch nicht resorbiert. Daher erfolgt die therapeutische Anwendung parenteral, d. h. intravenös oder intramuskulär.

Bei intramuskulärer Gabe von 1 mg/kg Körpergewicht werden nach 30 – 60 Minuten mittlere maximale Gentamicin-Konzentrationen von 3,5 – 6,4 mg/l gemessen. Nach intravenöser Kurzinfusion von 15–30 Minuten werden nach einer Stunde vergleichbare Serumkonzentra­tionen gemessen wie nach intramuskulärer Ga­be.

Therapeutische Serumkonzentra­tionen liegen im Allgemeinen zwischen 2 und 8 mg/l. Maximale Serumkonzentra­tionen von 10 – 12 mg/l sollten bei konventioneller, mehrmals täglicher Anwendung nicht überschritten werden. Vor erneuter Anwendung sollte die Serumkonzentration bei Patienten mit konventioneller, mehrmals täglicher Anwendung unter 2 mg/l abgesunken sein. Der Talspiegel sollte bei einmal täglicher Anwendung unter 1 mg/l liegen.

Verteilung

Das Verteilungsvolumen von Gentamicin entspricht etwa dem Volumen des Extrazellulärwas­sers. Bei Neugeborenen bestehen 70 bis 75 % des Körpergewichts aus Wasser, verglichen mit 50 bis 55 % bei Erwachsenen.

Das extrazelluläre Kompartiment ist größer (40 % des Körpergewichts im Vergleich zu 25 % des Gewichts bei Erwachsenen). Daher ist das Verteilungsvolumen von Gentamicin pro kg Körpergewicht betroffen und nimmt mit zunehmendem Lebensalter von 0,5 bis 0,7 l/kg bei Frühgeborenen auf 0,25 l/kg bei Jugendlichen ab. Das größere Verteilungsvolumen pro kg Körpergewicht bei Neugeborenen bedeutet, dass für eine adäquate maximale Konzentration im Blut eine höhere Dosis pro kg Körpergewicht verabreicht werden muss.

Die Verteilung von Gentamicin in die einzelnen Organe führt zu unterschiedlichen Gewebekonzentra­tionen, wobei die höchsten Konzentrationen im Nierengewebe vorliegen. Geringere Konzentrationen finden sich in Leber, Gallenblase, Lunge und Milz. Im Hirn- und Nervengewebe lässt sich nach parenteraler Gabe kein Gentamicin nachweisen, ebenso finden sich bei kurzfristiger Behandlung keine messbaren Konzentrationen in den Knochen. Gentamicin gelangt nicht in die Prostata.

Nach wiederholter Injektion von Gentamicin werden in der Synovial-, Pleura-, Perikard- und Peritonealflüssig­keit ungefähr 50 % der erreichbaren Plasmakonzentra­tionen gemessen. Der Übertritt von Gentamicin in die Zerebrospinal­flüssigkeit ist auch bei entzündeten Meningen gering (bis zu 20 % der entsprechenden Plasmakonzentra­tionen).

Gentamicin ist plazentagängig. Die fetalen Konzentrationen können 30 % der mütterlichen Plasmakonzentra­tionen betragen. Gentamicin geht in geringen Mengen in die Muttermilch über (1/3 der Konzentrationen wie im mütterlichen Plasma).

Die Plasmaeiweißbindung ist kleiner 10 %.

Berichte liegen vor über eine systemische Resorption von Gentamicin und anderen Aminoglykosiden nach topischer Anwendung auf entblößter Haut und Brandwunden sowie nach Einträufeln in und Spülung von Wunden, Körperhöhlen und Gelenken.

Biotransformation und Elimination

Gentamicin wird im Körper nicht metabolisiert, sondern unverändert in mikrobiologisch aktiver Form überwiegend durch glomeruläre Filtration renal ausgeschieden. Die Eliminationshal­bwertszeit liegt bei Patienten mit normaler Nierenfunktion bei etwa

2 – 3 Stunden.

Die Eliminationsra­tenkonstante beträgt:

1. 0,02 Std.-1 bei anurischen Patienten*

2. 0,30 Std.-1 normal

* Patienten mit Anurie müssen daher nach Gabe der üblichen Initialdosis beobachtet werden, und anschließende Anwendungen sind entsprechend den Plasmakonzentra­tionen von Gentamicin zu verringern.

Bei Neugeborenen ist die Eliminationsrate aufgrund unreifer Nierenfunktion verringert. Die Eliminationshal­bwertszeit liegt im Durchschnitt bei etwa 8 Stunden bei Neugeborenen bis zu einem Gestationsalter von 26 bis 34 Wochen, verglichen mit etwa 6,7 Stunden bei Neugeborenen mit einem Gestationsalter von 35 bis 37 Wochen. Entsprechend erhöhen sich die Clearance-Werte von etwa 0,05 l/h bei Neugeborenen in einem Gestationsalter von 27 Wochen auf 0,2 l/h bei Neugeborenen in einem Gestationsalter von 40 Wochen.

In den Tubuluszellen der Nierenrinde kommt es zu einer Anreicherung von Gentamicin. Eine terminale Halbwertszeit von etwa 100 – 150 Stunden resultiert aus einer Abgabe von Gentamicin aus diesem tiefen Kompartiment.

Die Ausscheidung erfolgt dosisunabhängig. Weit über 90 % der Substanz werden über die Nieren ausgeschieden. Nur etwa 2 % der verabreichten Dosis werden bei normaler Nierenfunktion extrarenal ausgeschieden. Die Gesamt-Clearance beträgt ungefähr 0,73 ml/min-1/kg-1. Die Gallenkonzentra­tionen fallen normalerweise niedrig aus, was ein Anzeichen für eine schlechte Elimination mit der Galle ist.

Bei eingeschränkter Nierenfunktion verlängert sich die Eliminationshal­bwertszeit abhängig vom Grad der Nierenfunktion­sstörung. Ein Beibehalten des üblichen Dosierungsschemas führt zur Akkumulation. Gentamicin ist vollständig dialysierbar.

Bei der extrakorporalen Hämodialyse werden je nach Dialysedauer 50 – 80 % des Gentamicins aus dem Serum entfernt. Eine Peritonealdialyse ist ebenfalls möglich. Die Eliminationshal­bwertszeiten liegen hierbei zwischen 12,5 und 28,5 Stunden.

5.3     präklinische daten zur sicherheit

Chronische Toxizität

In Untersuchungen zur chronischen Toxizität (i.m. Applikation) an verschiedenen Tierspezies wurden nephrotoxische und ototoxische Wirkungen bei hohen Dosierungen beobachtet.

Mutagenität und tumorerzeugendes Potenzial

Gentamicin zeigte in verschiedenen Testsystemen (in vitro und in vivo ) kein mutagenes Potenzial.

Tierexperimentelle Langzeitstudien zum tumorerzeugenden Potenzial von Gentamicin wurden nicht durchgeführt.

Reproduktionsto­xizität

Für die Klasse der Aminoglykosid-Antibiotika besteht das potenzielle Risiko einer Innenohrund Nierenschädigung des Feten. Es gibt Berichte über fetale Nierenschädigungen bei Ratten und Meerschweinchen nach Behandlung der Muttertiere mit Gentamicin.

Beeinträchtigung der Fertilität

Gentamicin zeigte bei Ratten negative Auswirkungen auf Spermienparameter und HodenApoptose.

6.    pharmazeutische angaben

6.1     liste der sonstigen bestandteile

Natriumedetat (Ph.Eur.)

Natriummetabisulfit (Ph.Eur.) (E223)

Natriumhydroxid-Lösung (1N) (zur pH-Wert-Einstellung)

Schwefelsäure (0,5M) (zur pH-Wert-Einstellung)

Wasser für Injektionszwecke

6.2     inkompatibilitäten

Gentamicin sollte grundsätzlich nicht mit anderen Substanzen gemischt werden. Insbesondere die folgenden Substanzen sind in Gentamicin-Zubereitungen in gemischter Lösung inkompatibel: Penicilline, Cephalosporine, Erythromycin, Heparine, Natriumbicarbonat. *Eine Verdünnung im Körper beugt der Gefahr einer physischen und chemischen Inkompatibilität vor und erlaubt die gleichzeitige Gabe von Gentamicin mit den oben aufgeführten Arzneimitteln entweder als Bolusinjektion in den Tropfinfusion­sschlauch und adäquater Spülung oder an unterschiedlichen Applikationsste­llen. Bei der Gabe von Carbenicillin sollte die Gabe ausschließlich an einer separaten Stelle erfolgen.

*Kohlendioxid kann infolge des Zusammentreffens der beiden Lösungen austreten. Normalerweise löst es sich in der Lösung, jedoch können unter gewissen Umständen kleine Bläschen auftreten.

Dies gilt auch für eine Kombination von Gentamicin mit Diazepam, Furosemid, Flecainidacetat.

6.3     dauer der haltbarkeit

3 Jahre

Nach Anbruch ist das Arzneimittel sofort zu verwenden.

Nach der Verdünnung mit Natriumchlorid 9 mg/ml (0,9 %) Injektionslösung oder Glucose

50 mg/ml (5 %) Injektionslösung:

Die chemische und physikalische Stabilität nach der Zubereitung wurde für 24 Stunden bei 2 – 8 °C und 23 – 27 °C nachgewiesen. Aus mikrobiologischer Sicht sollte das Arzneimittel sofort verwendet werden. Wenn es nicht sofort verwendet wird, ist der Anwender für die Dauer und Bedingungen der Aufbewahrung verantwortlich.

Sofern die Verdünnung nicht unter kontrollierten und validierten aseptischen Bedingungen erfolgt, ist diese üblicherweise nicht länger als 24 Stunden bei 2 bis 8 °C aufzubewahren.

6.4    besondere vorsichtsmaßnahmen für die aufbewahrung

Für dieses Arzneimittel sind keine besonderen Lagerungsbedin­gungen erforderlich.

Nicht im Kühlschrank lagern oder einfrieren.

Aufbewahrungsbe­dingungen nach Verdünnung des Arzneimittels, siehe Abschnitt 6.3.

6.5     art und inhalt des behältnisses

Jede Ampulle mit 2 ml Injektions-/Infusionslösung enthält 40 mg Gentamicin.

Klarglas-Ampullen (Glas Typ I).

Packungsgrößen: 5, 10 oder 20 Ampullen.

Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.

6.6     besondere vorsichtsmaßnahmen für die beseitigung

Dieses Arzneimittel ist ausschließlich zum einmaligen Gebrauch bestimmt und enthält keine antimikrobiellen Zusätze. Es dürfen nur klare, partikelfreie Lösungen verwendet werden.

Nach dem Öffnen dürfen nicht verwendete Restmengen nicht gelagert werden und sind sofort zu entsorgen.

Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu beseitigen.

7.    inhaber der zulassung

Pharmazeutischer Unternehmer:

Noridem Enterprises Ltd.

Evagorou & Makariou, Mitsi Building 3, Suite 115

1065 NICOSIA

Zypern

Mitvertrieb:

DEMO Pharmaceuticals GmbH

Airport Business Center

Am Söldnermoos 17

D-85399 Hallbergmoos

Tel: 0811–555445–0

8.    zulassungsnummer

2203244.00.00

9.    datum der erteilung der zulassung/verlängerung der

26/07/2021

10.    STAND DER INFORMATION

Das Medikament ist im ATC-Baum enthalten: