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Nitisinone Dipharma 2 mg Hartkapseln - Zusammengefasste Informationen

ATC-Gruppe:

Dostupné balení:

Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels - Nitisinone Dipharma 2 mg Hartkapseln

1.

Nitisinone Dipharma 2 mg Hartkapseln

Nitisinone Dipharma 20 mg Hartkapseln

2.

Jede Hartkapsel enthält 2 mg Nitisinon.

Jede Hartkapsel enthält 20 mg Nitisinon.

Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile, siehe Abschnitt 6.1.

3.

Hartkapsel.

Weiße opake Kapseln (Shell-Größe 3, Länge 15,9 mm) mit der blaufarbenen Prägung „Firmenlogo“ auf der Kappe und „2“ auf dem Unterteil der Kapsel.

Weiße opake Kapseln (Shell-Größe 2, Länge 18,0 mm) mit der blaufarbenen Prägung „Firmenlogo“ auf der Kappe und „20“ auf dem Unterteil der Kapsel.

Die Kapseln enthalten ein weißes bis weißliches Pulver.

4.

4.1

Angeborene Tyrosinämie Typ 1 (HT-1)

Nitisinone Dipharma wird angewendet zur Behandlung von erwachsenen Patienten sowie Kindern und Jugendlichen (alle Altersgruppen) mit der bestätigten Diagnose angeborene Tyrosinämie Typ 1 (HT-1) in Kombination mit eingeschränkter Aufnahme von Tyrosin und Phenylalanin in der Nahrung.

Alkaptonurie (AKU)

Nitisinone Dipharma wird angewendet zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit Alkaptonurie (AKU).

4.2

Dosierung

HT-1:

Die Nitisinonbehandlung sollte von einem Arzt eingeleitet und überwacht werden, der über Erfahrung in der Behandlung von HT-1-Patienten verfügt.

Die Behandlung aller Genotypen der Erkrankung sollte möglichst frühzeitig eingeleitet werden, um das Gesamtüberleben zu verlängern und Komplikationen wie Leberversagen, Leberkarzinom und Nierenerkrankungen zu verhindern. Unterstützend zur Nitisinonbehandlung ist eine an Phenylalanin und Tyrosin arme Ernährung erforderlich; diese ist mittels Überwachung der Plasma-Aminosäuren einzuhalten (siehe Abschnitte 4.4 und 4.8).

Anfangsdosis bei HT-1

Die empfohlene initiale Tagesdosis für Kinder und Erwachsene beträgt 1 mg/kg Körpergewicht oral. Die Nitisinondosis sollte individuell angepasst werden. Es wird empfohlen, die Dosis einmal täglich anzuwenden. Da jedoch von Patienten mit einem Körpergewicht < 20 kg nur begrenzt Daten vorliegen, wird empfohlen, die Tagesgesamtdosis bei diesen Patienten auf zwei tägliche Gaben aufzuteilen.

Dosiseinstellung bei HT-1

Während der regelmäßigen Überwachung ist eine Beobachtung des Succinylaceton­spiegels im Urin, der Leberfunktion­sprüfungswerte und der Alpha-Fetoprotein-Spiegel erforderlich (siehe Abschnitt 4.4). Ist ein Monat nach Einsetzen der Nitisinonbehandlung noch immer Succinylaceton im Urin nachweisbar, sollte die Nitisinondosis auf 1,5 mg/kg Körpergewicht/Tag erhöht werden. Eine Dosis von 2 mg/kg Körpergewicht/Tag kann erforderlich sein, wenn die Auswertung aller biochemischen Parameter dies nahelegt. Diese Dosis sollte als Maximaldosis für alle Patienten betrachtet werden. Bei zufriedenstellendem biochemischem Ansprechen sollte die Dosis nur bei einer Zunahme des Körpergewichts angepasst werden.

Allerdings kann es, zusätzlich zu den oben genannten Tests, während der Einleitung der Therapie, nach dem Wechsel von einer zweimal täglichen auf eine einmal tägliche Dosierung oder bei Eintreten einer Verschlechterung erforderlich sein, alle verfügbaren biochemischen Parameter engmaschig zu überwachen (d. h. Succinylaceton-Plasmaspiegel, 5-Aminolaevulinat (ALA)-Urinspiegel und Erythrozytenpor­phobilinogen (PBG)-Synthaseaktivität).

AKU:

Die Nitisinonbehandlung sollte von einem Arzt eingeleitet und überwacht werden, der über Erfahrung in der Behandlung von AKU-Patienten verfügt.

Die empfohlene Dosis bei erwachsenen Patienten mit AKU beträgt 10 mg einmal täglich.

Spezielle Patientengruppen

Es liegen keine speziellen Dosierungsempfeh­lungen für ältere Patienten oder Patienten mit Nieren-bzw. Leberschäden vor.

Kinder und Jugendliche

HT-1: Die Dosierungsempfeh­lung in mg/kg Körpergewicht gilt für Kinder wie auch Erwachsene. Da jedoch von Patienten mit einem Körpergewicht < 20 kg nur begrenzt Daten vorliegen, wird empfohlen, die Tagesgesamtdosis bei diesen Patienten auf zwei tägliche Gaben aufzuteilen.

AKU: Die Sicherheit und Wirksamkeit von Nitisinone Dipharma bei Kindern im Alter von 0 bis 18 Jahren mit AKU ist nicht erwiesen. Es liegen keine Daten vor.

Art der Anwendung

Die Kapsel kann geöffnet und der Inhalt unmittelbar vor der Einnahme in einer geringen Menge Wasser oder Diätflüssigkeit suspendiert werden.

Nitisinon ist auch als 4 mg/ml Suspension zum Einnehmen für Kinder und Jugendliche erhältlich, die Schwierigkeiten beim Schlucken von Kapseln haben.

Es wird empfohlen, bei Einleitung der Nitisinonbehandlung zusammen mit einer Mahlzeit diese Praxis auch routinemäßig weiterzuführen, siehe Abschnitt 4.5.

4.3

Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile.

Mit Nitisinon behandelte Mütter dürfen nicht stillen (siehe Abschnitte 4.6 und 5.3).

4.4

Die Überwachung der Therapie sollte alle 6 Monate erfolgen; bei Auftreten unerwünschter Ereignisse werden kürzere Abstände empfohlen.

Überwachung des Tyrosinspiegels im Plasma

Es wird empfohlen, vor Beginn der Nitisinonbehandlung und danach in regelmäßigen Abständen mindestens einmal pro Jahr eine Spaltlampen-Augenuntersuchung durchzuführen. Patienten, die während der Nitisinonbehandlung Sehstörungen aufweisen, müssen unverzüglich von einem Augenarzt untersucht werden.

HT-1: Es sollte festgestellt werden, ob der Patient/die Patientin seine/ihre Diätvorschrift befolgt, und die Tyrosinplasma­konzentration muss ermittelt werden.

Liegt die Tyrosinplasma­konzentration über 500 μmol/l, muss die Tyrosin- und Phenylalaninau­fnahme mit der Ernährung noch weiter eingeschränkt werden. Es wird nicht empfohlen, die Tyrosinplasma­konzentration durch eine Verringerung der Nitisinondosis oder ein Absetzen von Nitisinon zu verringern, da die Stoffwechselstörung zur Verschlechterung des klinischen Zustands des Patienten führen könnte.

AKU: Bei Patienten, die eine Keratopathie ausbilden, sind die Tyrosinspiegel im Plasma zu überwachen. Die Tyrosin- und Phenylalaninau­fnahme mit der Ernährung ist einzuschränken, um die Tyrosinspiegel im Plasma unter 500 μmol/l zu halten. Zusätzlich sollte die Behandlung mit Nitisinon vorübergehend abgesetzt und erst wieder aufgenommen werden, wenn die Symptome abgeklungen sind.

Überwachung der Leberfunktion

HT-1: Die Leberfunktion muss regelmäßig mittels Leberfunktion­sprüfungen und Leberabbildun­gsverfahren überwacht werden. Außerdem wird eine Überwachung des AlphaFetoprotein-Serumspiegels empfohlen. Ein Anstieg der Alpha-Fetoprotein-Serumkonzentration könnte ein Hinweis auf eine unangemessene Behandlung sein. Patienten mit ansteigendem AlphaFetoprotein oder Hinweisen auf Leberknötchen müssen stets im Hinblick auf eine maligne Lebererkrankung untersucht werden.

Überwachung der Thrombozyten und Leukozyten

Eine regelmäßige Überwachung der Thrombozyten und Leukozyten wird sowohl für HT-1– als auch AKU-Patienten empfohlen, da es während der klinischen Untersuchung zur HT-1 in einigen Fällen zu reversibler Thrombozytopenie und Leukopenie kam.

Gleichzeitige Anwendung mit anderen Arzneimitteln

Nitisinon ist ein mäßiger Inhibitor von CYP 2C9. Die Behandlung mit Nitisinon kann daher zu erhöhten Plasmakonzentra­tionen von gleichzeitig angewendeten Arzneimitteln führen, die überwiegend durch CYP 2C9 metabolisiert werden. Mit Nitisinon behandelte Patienten, die

gleichzeitig mit anderen Arzneimitteln behandelt werden, die über eine enge therapeutische Breite verfügen und durch CYP 2C9 metabolisiert werden, wie etwa Warfarin und Phenytoin, sollten sorgfältig überwacht werden. Eine Dosisanpassung dieser gleichzeitig angewendeten Arzneimittel kann erforderlich sein (siehe Abschnitt 4.5).

4.5

Da Nitisinon in vitro durch CYP 3A4 metabolisiert wird, kann eine Dosisanpassung erforderlich sein, wenn Nitisinon gleichzeitig mit Inhibitoren oder Induktoren dieses Enzyms angewendet wird.

Auf der Grundlage von Daten einer klinischen Studie zur Erfassung von Wechselwirkungen mit 80 mg Nitisinon im Steady-State ist Nitisinon ein mäßiger Inhibitor von CYP 2C9 (2,3-facher Anstieg der AUC von Tolbutamid), weshalb die Behandlung mit Nitisinon zu erhöhten Plasmakonzentra­tionen von gleichzeitig angewendeten Arzneimitteln führen kann, die überwiegend durch CYP 2C9 metabolisiert werden (siehe Abschnitt 4.4).

Nitisinon ist ein schwacher Induktor von CYP 2E1 (Verringerung der AUC von Chlorzoxazon um 30 %) und ein schwacher Inhibitor von OAT1 und OAT3 (1,7-facher Anstieg der AUC von Furosemid), jedoch kein Inhibitor von CYP 2D6 (siehe Abschnitt 5.2).

Es wurden keine formalen Studien zu Ernährungswechsel­wirkungen mit Nitisinone Dipharma Hartkapseln durchgeführt. Nitisinon wurde allerdings während der Gewinnung der Wirksamkeits- und Unbedenklichke­itsdaten mit Mahlzeiten gegeben. Daher wird empfohlen, dass bei Einleitung der Nitisinonbehandlung mit Nitisinone Dipharma Hartkapseln zusammen mit einer Mahlzeit diese Praxis auch routinemäßig weitergeführt wird, siehe Abschnitt 4.2.

4.6

Schwangerschaft

Bisher liegen keine hinreichenden Daten aus der Anwendung von Nitisinon bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionsto­xizität gezeigt (siehe Abschnitt 5.3). Das potenzielle Risiko für den Menschen ist unbekannt. Nitisinone Dipharma darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sein denn, dass der klinische Zustand der Frau eine Behandlung mit Nitisinon erfordert. Nitisinon passiert beim Menschen die Plazenta.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Nitisinon in die Muttermilch ausgeschieden wird. In tierexperimentellen Studien wurden schädliche postnatale Effekte durch die Exposition mit Nitisinon über die Muttermilch gezeigt. Daher dürfen Mütter während der Behandlung mit Nitisinon nicht stillen, da ein Risiko für den gestillten Säugling nicht auszuschließen ist (siehe Abschnitte 4.3 und 5.3).

Fertilität

Es liegen keine Daten zur Auswirkung von Nitisinon auf die Fertilität vor.

4.7

Nitisinon hat geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Nebenwirkungen, welche die Augen betreffen (siehe Abschnitt 4.8), können die Sehkraft beeinträchtigen. Bei beeinträchtigter Sehkraft sollte der Patient bis zum Abklingen des Ereignisses kein Fahrzeug führen und keine Maschinen bedienen.

4.8

4.8

Zusammenfassung des Sicherheitsprofils

Aufgrund seines Wirkungsmechanismus geht Nitisinon mit einer Erhöhung der Tyrosinkonzen­trationen bei allen mit Nitisinon behandelten Patienten einher. Nebenwirkungen des Auges wie etwa Konjunktivitis, Hornhauttrübung, Keratitis, Photophobie und Augenschmerzen im Zusammenhang mit einer erhöhten Tyrosinkonzen­tration sind daher sowohl bei HT-1– als auch AKU-Patienten häufig. Andere häufige Nebenwirkungen in der HT-1-Population sind Thrombozytopenie, Leukopenie und Granulozytopenie. Dermatitis exfoliativa tritt gelegentlich auf.

Tabellarische Auflistung der Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen sind im Folgenden nach der MedDRA-Systemorganklasse und -Häufigkeitska­tegorie aufgeführt und basieren auf Daten aus einer klinischen Studie mit Patienten mit HT-1 bzw. AKU und Anwendung bei HT-1 nach der Markteinführung. Die Häufigkeit ist definiert als sehr häufig (≥1/10), häufig (≥1/100, <1/10), gelegentlich (≥1/1.000, <1/100), selten (≥1/10.000, <1/1.000), sehr selten (<1/10.000), nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar). Innerhalb jeder Häufigkeitsgruppe werden die Nebenwirkungen nach abnehmendem Schweregrad angegeben.

Systemorganklassen gemäß MedDRA

Häufigkeit bei

HT-1

Häufigkeit bei AKU1

Nebenwirkung

Infektionen und parasitäre Erkrankungen

Häufig

Bronchitis, Pneumonie

Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems

Häufig

Thrombozytopenie, Leukopenie, Granulozytopenie

Gelegentlich

Leukozytose

Augenerkrankungen

Häufig

Konjunktivitis, Hornhauttrübung, Keratitis, Photophobie (Lichtscheu)

Sehr häufig2

Keratopathie

Häufig

Sehr häufig2

Augenschmerzen

Gelegentlich

Blepharitis

Erkrankungen der Haut und des

Unterhautzellge­webes

Gelegentlich

Dermatitis exfoliativa, erythematöser Ausschlag

Gelegentlich

Häufig

Pruritus, Ausschlag

Untersuchungen

Sehr häufig

Sehr häufig

Erhöhte

Tyrosinkonzen­tration

1Die Häufigkeit bezieht sich auf eine klinische Studie zur AKU.

2Erhöhte Tyrosinspiegel sind mit Nebenwirkungen des Auges verbunden. Die Patienten in der AKU-Studie hielten keine Tyrosin- und Phenylalanin-beschränkte Ernährung ein.

Beschreibung ausgewählter Nebenwirkungen

Die Nitisinonbehandlung geht mit erhöhten Tyrosinkonzen­trationen einher. Erhöhte

Tyrosinkonzen­trationen wurden bei HT-1– und AKU-Patienten mit Nebenwirkungen des Auges wie etwa Hornhauttrübungen und Hyperkeratoseläsi­onen in Verbindung gebracht. Eine eingeschränkte Aufnahme von Tyrosin und Phenylalanin mit der Ernährung sollte die mit dieser Art von Tyrosinämie assoziierten Nebenwirkungen beschränken (siehe Abschnitt 4.4).

In klinischen Studien zur HT-1 war Granulozytopenie nur gelegentlich schwer (< 0,5 × 109/l) und wurde nicht mit Infektionen assoziiert. Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der MedDRA-

Systemorganklasse „Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems“ verschwanden im Laufe der Nitisinonbehan­dlung.

Kinder und Jugendliche

Das Sicherheitsprofil bei HT-1 basiert hauptsächlich auf der pädiatrischen Population, da eine Behandlung mit Nitisinon so früh wie möglich nach der Diagnose von hereditärer Tyrosinämie Typ 1 (HT-1) beginnen sollte. Daten aus klinischen Studien und nach der Markteinführung lassen nicht darauf schließen, dass das Sicherheitsprofil bei verschiedenen Untergruppen der pädiatrischen Population unterschiedlich ist oder sich vom Sicherheitsprofil erwachsener Patienten unterscheidet.

Meldung des Verdachts auf NebenwirkungenMeldung des Verdachts auf Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: anzuzeigen.

4.9

4.9

Die unbeabsichtigte Einnahme von Nitisinon durch Personen mit normaler Ernährung (ohne Einschränkung der Aufnahme von Tyrosin und Phenylalanin) führt zu erhöhten Tyrosinkonzen­trationen. Erhöhte Tyrosinkonzen­trationen sind mit Nebenwirkungen auf Augen, Haut und das Nervensystem assoziiert. Eine Einschränkung von Tyrosin und Phenylalanin in der Ernährung sollte die mit dieser Art von Tyrosinämie assoziierten Nebenwirkungen begrenzen. Es stehen keine Informationen zur spezifischen Behandlung einer Überdosierung zur Verfügung.

5.

5.1

Pharmakothera­peutische Gruppe: Andere Mittel für das alimentäre System und den Stoffwechsel, Sonstige Mittel für das alimentäre System und den Stoffwechsel, ATC-Code: A16AX04.

Wirkmechanismus

Nitisinon ist ein kompetitiver Inhibitor der 4-Hydroxyphenyl­pyruvatdioxyge­nase, dem zweiten Schritt des Tyrosinstoffwechsel­s. Durch die Hemmung des normalen Tyrosinabbaustof­fwechsels bei Patienten mit HT-1 und AKU verhindert Nitisinon die Ansammlung schädlicher Metaboliten nach dem 4-Hydroxyphenyl­pyruvatdioxyge­nase-abhängigen Schritt.

Der biochemische Defekt bei HT-1 ist ein Mangel an Fumarylacetoa­cetathydrolya­se, dem Endenzym des Tyrosinkatabolismus-Pathway. Nitisinon verhindert die Ansammlung der toxischen Zwischenprodukte Maleylacetoacetat und Fumarylacetoacetat. Diese Zwischenprodukte werden anderenfalls zu den toxischen Metaboliten Succinylaceton und Succinylacetoacetat umgewandelt. Succinylaceton hemmt den Porphyrinsynthese-Pathway, wodurch es zur Ansammlung von 5-Aminolaevulinat kom­mt.

Der biochemische Defekt bei AKU ist ein Mangel an Homogentisat-1,2-Dioxygenase, dem dritten Enzym im Tyrosinkatabolismus-Pathway. Nitisinon verhindert die Ansammlung des schädlichen Metaboliten Homogentisinsäure (HGA), die anderenfalls zu Ochronose in Gelenken und Knorpelgeweben und dadurch zur Ausbildung der klinischen Merkmale der Erkrankung führt.

Pharmakodynamische Wirkungen

Bei Patienten mit HT-1 führt die Nitisinonbehandlung zu einem normalisierten Porphyrinstof­fwechsel mit normaler Porphobilinogen-Synthaseaktivität in den Erythrozyten und normalem 5-Aminolävulinat-Urinspiegel, verringerter Ausscheidung von Succinylaceton im Harn, Anstieg der Tyrosinkonzen­tration im Plasma und erhöhter Ausscheidung von Phenolsäuren im Harn. Die verfügbaren Daten aus einer klinischen Studie weisen darauf hin, dass sich bei über 90 % der Patienten der Succinylaceton-Urinspiegel während der ersten Behandlungswoche normalisiert. Succinylaceton sollte bei richtig eingestellter Nitisinondosis im Urin oder Plasma nicht nachweisbar sein.

Bei Patienten mit AKU reduziert die Nitisinonbehandlung die Ansammlung von HGA. Verfügbare Daten einer klinischen Studie zeigen nach 12-monatiger Behandlung mit Nitisinon eine Reduktion der HGA im Urin um 99,7 % und im Serum um 98,8 % im Vergleich zu unbehandelten Kontrollpatienten.

Klinische Wirksamkeit und Sicherheit bei HT-1

Die klinische Studie war unverblindet und nicht kontrolliert. In der Studie betrug die Anwendungshäu­figkeit zweimal täglich. Die Überlebenswah­rscheinlichke­iten nach 2, 4 und 6 Jahren der Nitisinonbehandlung sind in der nachstehenden Tabelle zusammengefasst.

NTBC-Studie (n=250)

Alter zu Beginn der Behandlung

2 Jahre

4 Jahre

6 Jahre

≤ 2 Monate

93 %

93 %

93 %

≤ 6 Monate

93 %

93 %

93 %

> 6 Monate

96 %

95 %

95 %

Gesamt

94 %

94 %

94 %

Daten einer als historische Kontrolle verwendeten Studie (van Spronsen et al., 1994) zeigten die folgenden Überlebenswah­rscheinlichke­iten.

Alter beim Auftreten von Symptomen

1 Jahr

2 Jahre

≤ 2 Monate

38 %

29 %

>2 – 6 Monate

74 %

74 %

> 6 Monate

96 %

96 %

Die Nitisinonbehandlung führte den Ergebnissen zufolge außerdem zu einem (im Vergleich mit historischen Daten über die ausschließliche Behandlung mit Ernährungsein­schränkungen) verringerten Risiko für die Entstehung von Leberzellkarzi­nomen. Es wurde festgestellt, dass die frühzeitige Einleitung der Behandlung zu einer weiteren Verringerung des Risikos für die Entstehung von Leberzellkarzinomen führte.

In der nachstehenden Tabelle sind die 2-, 4– und 6-Jahres-Wahrscheinlichke­iten für das Nicht-Auftreten eines Leberzellkarzinoms (HCC) während der Nitisinonbehandlung bei Patienten aufgeführt, die zu Beginn der Behandlung höchstens 24 Monaten bzw. älter als 24 Monate waren:

NTBC Studie (N=250)

Anzahl Patienten

Wahrscheinlichkeit für das Nicht-Auftreten eines HCC (95 %-Konfidenzintervall)

Zu Beginn

nach

2 Jahren

nach

4 Jahren

nach

6 Jahren

nach

2 Jahren

nach

4 Jahren

nach

6 Jahren

Alle

Patienten

250

155

86

15

98% (95; 100)

94% (90; 98)

91% (81; 100)

Alter zu Beginn ≤ 24 Monate

193

114

61

8

99% (98; 100)

99% (97; 100)

99% (94; 100)

Alter zu Beginn > 24 Monate

57

41

25

8

92% (84; 100)

82% (70; 95)

75% (56; 95)

Eine internationale Untersuchung von HT-1-Patienten, die ausschließlich eine Behandlung mit Ernährungsein­schränkungen erhielten, zeigte, dass bei 18 % aller Patienten ab 2 Jahren ein HCC diagnostizier­t wurde.

In einer Studie mit 19 HT-1-Patienten wurden die Pharmakokinetik, Wirksamkeit und Sicherheit der einmal täglichen Dosierung mit der zweimal täglichen Dosierung verglichen. Zwischen der einmal täglichen und der zweimal täglichen Dosierung wurden keine klinisch bedeutsamen Unterschiede hinsichtlich der unerwünschten Ereignisse (UE) oder anderer Sicherheitsbe­urteilungen festgestellt. Bei keinem der Patienten war am Ende der einmal täglichen Behandlungsperiode Succinylaceton (SA) nachweisbar. Die Studie deutet darauf hin, dass die einmal tägliche Gabe in allen Altersgruppen der Patienten sicher und wirksam ist. Die Daten zu Patienten mit einem Körpergewicht < 20 kg sind jedoch begrenzt.

Klinische Wirksamkeit und Sicherheit bei AKU

Die Wirksamkeit und Sicherheit von 10 mg Nitisinon einmal täglich bei der Behandlung erwachsener Patienten mit AKU wurden in einer randomisierten, Gutachter-verblindeten, 48-monatigen Parallelgruppen­studie mit unbehandelter Kontrollgruppe mit 138 Patienten (davon 69 mit Nitisinonbehan­dlung) belegt. Primärer Endpunkt war die Wirkung auf die HGA-Spiegel im Urin; nach 12-monatiger Nitisinonbehandlung waren die Spiegel im Vergleich zu unbehandelten Kontrollpatienten um 99,7 % reduziert. Die Behandlung mit Nitisinon hatte im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle einen statistisch signifikanten positiven Effekt auf cAKUSSI, Augenpigmentierung, Ohrenpigmentierung, Osteopenie der Hüfte und Anzahl der schmerzenden Wirbelsäulenbe­reiche. Der cAKUSSI ist ein zusammengesetzter Score, der Augen- und Ohrenpigmentierung, Nieren- und Prostatasteine, Aortenstenose, Osteopenie, Knochenfrakturen, Sehnen-/Bänder-/Muskelrisse, Kyphose, Skoliose, Gelenkersätze und andere Manifestationen der AKU berücksichtigt. Demnach führten die erniedrigten HGA-Spiegel in Patienten, die Nitisinon erhielten, zu einer Reduktion der ochronotischen Vorgänge und reduzierten klinischen Manifestationen, was auf eine abgeschwächte Krankheitspro­gression hindeutet.

Augenereignisse wie Keratopathie und Augenschmerzen, Infektionen, Kopfschmerzen und Gewichtszunahme wurden von Patienten, die Nitisinon erhielten, häufiger gemeldet als von unbehandelten Patienten. Eine Keratopathie führte bei 14 % der mit Nitisinon behandelten Patienten zu einem vorübergehenden oder dauerhaften Absetzen der Behandlung, war aber bei Abbruch der Nitisinonbehandlung reversibel.

Es liegen keine Daten für Patienten > 70 Jahre vor.

5.2

Bisher wurden keine formalen Absorptions-, Verteilungs-, Stoffwechsel- und Ausscheidungsstu­dien mit Nitisinon durchgeführt. Bei 10 gesunden männlichen Probanden betrug die (mediane)

Endhalbwertzeit von Nitisinon in Plasma nach Gabe einer Einzeldosis von Nitisinonkapseln (1 mg/kg

Körpergewicht) 54 Stunden (zwischen 39 und 86 Stunden). In einer pharmakokinetischen Populationsanalyse an einer Gruppe von 207 HT-1-Patienten wurde eine Clearance von 0,0956 l/kg Körpergewicht/Tag und eine Halbwertzeit von 52,1 Stunden ermittelt.

In In-vitro- Studien unter Anwendung von humanen Lebermikrosomen und cDNA-exprimierten P450 Enzymen wurde eine beschränkte CYP 3A4-vermittelte Metabolisierung nachgewiesen.

Auf der Grundlage von Daten einer klinischen Studie zur Erfassung von Wechselwirkungen mit 80 mg Nitisinon im Steady-State verursachte Nitisinon einen 2,3-fachen Anstieg der AUC∞ des CYP 2C9-Substrats Tolbutamid, was auf eine mäßige Hemmung von CYP 2C9 hindeutet. Nitisinon verursachte eine Verringerung der AUC∞ von Chlorzoxazon um etwa 30 %, was auf eine schwache Induktion von CYP 2E1 hindeutet. Nitisinon ist kein Inhibitor von CYP 2D6, denn die AUC∞ von Metoprolol wurde durch die Anwendung von Nitisinon nicht beeinflusst. Die AUC∞ von Furosemid stieg um das 1,7-Fache an, was auf eine schwache Hemmung von OAT1/OAT3 hindeutet (siehe Abschnitte 4.4 und 4.5).

Auf der Grundlage von In-vitro -Studien ist nicht zu erwarten, dass Nitisinon den durch CYP 1A2, 2C19 oder 3A4 vermittelten Metabolismus hemmt oder CYP 1A2, 2B6 oder 3A4/5 induziert. Es ist nicht zu erwarten, dass Nitisinon den durch P-gp, BCRP oder OCT2 vermittelten Transport hemmt. Es wird nicht erwartet, dass die im klinischen Umfeld erreichte Plasmakonzentration von Nitisinon den durch OATP1B1 oder OATP1B3 vermittelten Transport hemmt.

5.3

5.3

Nitisinon zeigte embryofetale Toxizität bei Maus und Kaninchen unter klinisch relevanten Dosierungen. Beim Kaninchen induzierte Nitisinon einen dosisabhängigen Anstieg von Missbildungen (Nabelhernie und Gastroschisis) ab einer 2,5-fachen maximalen empfohlenen humantherapeu­tischen Dosierung (2 mg/kg/Tag).

Eine Studie zur prä- und postnatalen Entwicklung an Mäusen zeigte eine statistisch signifikante Reduzierung der Überlebensraten und des Wachstums der Nachkommen während der Abstillperiode bei Dosierungen in Höhe des 125– bzw. des 25-fachen der maximalen empfohlenen humantherapeu­tischen Dosis, mit Tendenz zu einem negativen Effekt hinsichtlich des Überlebens der Nachkommen ab einer Dosis von 5 mg/kg/Tag. Bei Ratten führte eine Exposition über die Milch zu einer Verringerung des durchschnittlichen Gewichts der Nachkommen sowie zu Hornhautläsionen.

In In-vitro -Studien wurden keine mutagenen Effekte, aber schwache klastogene Effekte beobachtet. Hinweise auf eine In-vivo -Genotoxizität wurden nicht festgestellt (Mikrokerntest an der Maus und Test zur unplanmäßigen DNA-Synthese an Mausleber). Nitisinon zeigte in einer 26-wöchigen Studie zur Karzinogenität an transgenen Mäusen (TgrasH2) kein kanzerogenes Potential.

6.

6.1

Kapselinhalt

Vorverkleisterte Stärke (Mais)

Stearinsäure (Ph.Eur.)

Kapselhülle

Gelatine

Titandioxid (E171)

Drucktinte

Schellack (entwachster und gebleichter Schellack)

Propylenglycol

Indigocarmin-Aluminiumsalz (E 132)

6.2

Nicht zutreffend.

6.3

3 Jahre

6.4

Nicht über 30 °C lagern.

6.5

HDPE-Flasche mit kindersicherem PP-Verschluss, enthält 60 Hartkapseln.

Jeder Umkarton enthält eine Flasche.

Perforierte OPA / Alu / PVC – Alu Blisterpackung zur Abgabe von Einzeldosen. Jede Packung enthält 60 Kapseln.

Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.

6.6

6.6

Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu beseitigen.

7.

Dipharma Arzneimittel GmbH

Offheimer Weg 33

65549 Limburg a.d. Lahn

Deutschland

8.

2204220.00.00

2204221.00.00

9.  

Datum der Erteilung der Zulassung: 04/08/2020

Datum der Verlängerung der Zulassung: 13/07/2022

10.

Oktober 2022

Das Medikament ist im ATC-Baum enthalten: