Beipackzettel - Obnitix[R]
1. bezeichnung des arzneimittels
Obnitix®
„Humane allogene mesenchymale Stromazellen DRK-BaWü-He-FFM, expandiert, kryokonserviert“; 1–3×106 MSCs/ml in ≤ 50 ml Infusionsdispersion
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2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG
2.1 Allgemeine Beschreibung
Humane allogene mesenchymale Stromazellen DRK-BaWü-He-FFM, expandiert, kryokonserviert (im Verlauf: Obnitix®) ist eine Formulierung ex-vivo kultivierter adulter humaner mesenchymaler Stromazellen (mesenchymal stromal cells – MSCs) zur intravenösen Applikation.
Die MSCs wurden aus gepoolten mononukleären Knochenmarkzellen von mindestens 8 gesunden Knochenmarkspendern isoliert, welche miteinander und mit dem Patienten nicht HLA-kompatibel sein müssen. Eine patientenspezifische Auswahl nach HLA und Blutgruppenmerkmalen ist aufgrund des geringen immunogenen Potenzials der Zellen nicht erforderlich. Die MSCs sind undifferenzierte Zellen mesodermalen Ursprungs. Es handelt sich um primäre, genetisch nicht manipulierte oder immortalisierte Zellen, die bei weiterer Kultivierung in Seneszenz gehen. Die MSCs werden unter aseptischen und kontrollierten Bedingungen durch Selektion über Plastikadhärenz und Expansion in humanem Thrombozytenlysat-substituiertem Kulturmedium generiert und bis zur Anwendung kryokonserviert.
2.2 Qualitative und quantitative Zusammensetzung
Ein Kryobeutel enthält 30, 60 oder 90 Millionen kryokonservierte, ex-vivo expandierte humane allogene mesenchymale Stromazellen (Obnitix® 30/60/90) in einer Konzentration von 1–3×106/ml, sowie eventuell minimale residuale Anteile von Monozyten, CD34+ Zellen und sonstigen Leukozyten (≤ 2 %).
Identität: Positiv (≥ 95 %) für CD105, CD90 und CD73, Reinheit: (≤ 2 %) CD45, CD34 und CD14.
Die anzuwendende Dosis ist vom Patientengewicht abhängig (Dosierung siehe Abschnitt 4.2). Die Zellen müssen unmittelbar vor Anwendung aufgetaut und als unverdünnte intravenöse Infusion über Transfusionsfilter infundiert werden (siehe Abschnitt 4.2).
Sonstige Bestandteile
Als Hilfsstoffe sind 9 mg/ml (0,9 %) Natriumchlorid-Lösung zum Einstellen der Zellzahl, humanes Serum-Albumin 200 g/l (5 % Endkonzentration v/v) als Nährstoff für die Zellen und Dimethylsulfoxid (10 % Endkonzentration v/v) als Gefrierschutzmittel zugesetzt.
3. DARREICHUNGSFORM
Infusionsdispersion.
Makroskopische Erscheinung: geringfügig opak, weißlich bis gelblich.
Zur unmittelbaren Anwendung nach kontrolliertem Auftauen (siehe Abschnitt 4.2) in einem für das Auftauen kryokonservierter Zellpräparate geeigneten Gerät.
4. klinische angaben
Obnitix® wird zusätzlich zur konventionellen Therapie mit Immunsuppressiva (Cyclosporin A, Prednisolon u.a.) zur Behandlung einer steroidrefraktären, akuten Graft-versus-Host-Disease (GvHD)-Reaktion (Grad II – IV) von Patienten nach allogener Stammzelltransplantation angewendet.
4.2 Dosierung und Art der Anwendung
Obnitix® muss unter Aufsicht eines Arztes verabreicht werden, der Erfahrung in der medizinischen
Behandlung von Stammzelltransplantationspatienten und GvHD hat.
Obnitix® wird ungerichtet hergestellt, wird jedoch patientenindividuell nach Körpergewicht dosiert.
Obnitix® wird patientenspezifisch ausgegeben.
Dosierung
Die Dosierung erfolgt nach Körpergewicht (KG). Eine Einzeldosis besteht aus 1–2×106/kg KG humanen allogenen mesenchymalen Stromazellen. Diese kann, je nach Körpergewicht des Patienten, aus mehr als einem Kryobeutel bestehen (siehe Tabelle 1).
Für Kinder ab 2 Jahren und Erwachsene sind 4 Einzeldosen im Abstand von 7 Tagen vorgesehen, dabei maximal 4 Dosen innerhalb 28 Tagen. Der empfohlene zeitliche Abstand zwischen 2 Gaben ist zu beachten.
Tabelle 1 Einzeldosis in Abhängigkeit vom Körpergewicht des Patienten
15 – 30 kg KG | 31 – 60 kg KG | 61 – 90 kg KG | 91 – 120 kg KG | |
Tag 1 | Obnitix®30 | Obnitix® 60 | Obnitix®90 | 2 x Obnitix® 60 |
Tag 8 | Obnitix®30 | Obnitix® 60 | Obnitix®90 | 2 x Obnitix® 60 |
Tag 15 | Obnitix®30 | Obnitix®60 | Obnitix®90 | 2 x Obnitix® 60 |
Tag 22 | Obnitix®30 | Obnitix®60 | Obnitix®90 | 2 x Obnitix® 60 |
Kinder und Jugendliche
Es gibt keine Erfahrungen mit Obnitix® bei Kindern unter 2 Jahren mit akuter GvHD (aGvHD). Die Dosierungsempfehlungen für Kinder ab 2 Jahren sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Obnitix® wurde bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion nicht untersucht. Wahrscheinlich wird das Arzneimittel allerdings nicht hepatisch metabolisiert/ausgeschieden. Es kann keine spezifische Dosierungsempfehlung für diese Patienten gegeben werden.
Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Obnitix® wurde bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion nicht untersucht. Wahrscheinlich wird das Arzneimittel allerdings nicht renal ausgeschieden. Es kann keine spezifische Dosierungsempfehlung für diese Patienten gegeben werden.
Patienten mit soliden Tumoren
Über die Anwendung von Obnitix® bei Patienten mit soliden Tumoren als Transplantationsindikation liegen keine Erfahrungen vor. Präklinische Studien haben teilweise eine Begünstigung einer Metastasierung durch MSCs anderer Provenienz gezeigt, weshalb eine Behandlung von Patienten mit soliden Tumoren gründlich klinisch abzuwägen ist.
Patienten mit aktivem Rezidiv ihrer malignen hämatologischen Grunderkrankung
Erfahrungen in der Behandlung von Patienten mit aktivem Rezidiv einer der Transplantation zugrundeliegenden malignen hämatologischen Erkrankung mit Obnitix® liegen nicht vor. Da eine immunologische Kontrolle der malignen Zellen durch das Spenderimmunsystem Teil des Wirkprinzips der allogenen Stammzelltransplantation ist, ist eine Behandlung mit immunmodulierenden Therapeutika wie Obnitix® möglicherweise ungünstig und kann nicht empfohlen werden.
Art der Anwendung
Eine Prämedikation des Patienten vor Applikation von Obnitix® ist in Abhängigkeit von der mutmaßlichen individuellen Toleranz für tiefkalte Infusionslösungen zu erwägen. Hierfür können beispielsweise Dimetinden, Paracetamol, Dihydrocodein und ggf. Prednisolon patientenindividuell in Erwägung gezogen werden.
Vor Anwendung ist das Präparat aus dem Flüssigstickstofflagertank und anschließend der Kryobeutel aus der Lagerkassette zu entnehmen. Vor der Infusion muss bestätigt werden, dass die Identität des Patienten mit den Angaben auf dem Begleitformular übereinstimmt. Die korrekte Zuordnung ist auch für die gesetzlich geforderte Rückverfolgbarkeit jeder Obnitix®-Behandlung zu dem jeweiligen Patienten essentiell. Die ordnungsgemäße Dosierung ist vor Infusion anhand der Angaben zum Präparat (zu den Präparaten) zu überprüfen.
Der Inhalt des Kryobeutels wird in einem geeigneten und für diesen Zweck zugelassenen Gerät unter Aufsicht des anwendenden Arztes aufgetaut bis Obnitix® gerade flüssig oder noch in Teilen gefroren ist (Konsistenz von Crushed Ice ). Informationen zum Auftauprozedere können der Gebrauchsanweisung des benutzten Auftaugerätes entnommen werden. Das Auftauen im Wasserbad ist nicht zulässig.
Nach dem Auftauen muss das Präparat sofort angewandt werden. Auf Integrität des Kryobeutels und Abwesenheit von makroskopischen Zellaggregaten ist zu achten. Der Inhalt eines Kryobeutels darf nur infundiert werden, wenn er nicht beschädigt und frei von Aggregaten ist. Eine fehlende Dosis sollte nachgeholt werden.
Die gesamte Einzeldosis (ggf. in mehreren Kryobeuteln enthalten) ist nach dem Auftauen unverdünnt über einen Transfusionsfilter (100 – 200 µm, kein Leukozytenfilter!) intravenös zu verabreichen. Die Infusionsgeschwindigkeit ist an die Kreislaufsituation des Patienten anzupassen, um eine kältebedingte Bradykardie zu vermeiden. Die maximale Infusionsgeschwindigkeit beträgt 1 ml/kg KG/min. Die Mindestinfusionsdauer beträgt 10 Minuten. Während der Infusion ist eine engmaschige Kontrolle der Vitalparameter inkl. kontinuierlicher Ableitung von EKG und Pulsoxymetrie sowie engmaschiger Blutdruckkontrolle obligat. Nach der Infusion sollten die Vitalparameter des Patienten für mindestens zwei Stunden engmaschig überwacht werden; dazu gehören auch EKG, Blutdruck und Pulsoxymetrie. Je nach klinischem Zustand des Patienten kann eine engmaschige Überwachung der Vitalparameter über die ersten zwei Stunden hinaus notwendig werden.
Bei Auftreten eines offenkundigen Rezidivs oder Eintreten einer der unten beschriebenen Kontraindikationen oder Nebenwirkungen, die nach Beurteilung des Arztes keine weitere Behandlung zulassen, ist die Gabe von Obnitix® abzusetzen.
4.3 gegenanzeigen
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen oder mehrere der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile.
4.4 besondere warnhinweise und vorsichtsmaßnahmen für die anwendung
Übertragung von Infektionskrankheiten
Standardmaßnahmen zur Verhinderung von Infektionen, die mit aus menschlichem Knochenmark, Blut oder Plasma hergestellten Arzneimitteln übertragen werden können, schließen die Testung der ausgewählten Spender auf spezifische Infektionsmarker ein. Trotzdem sind bei der Anwendung von aus menschlichem Knochenmark, Blut oder Plasma hergestellten Arzneimitteln Infektionskrankheiten durch Übertragung von Erregern, insbesondere Erreger bislang unbekannter Natur, nicht völlig auszuschließen.
Bestandteil mit bekannter Wirkung
Dieses Arzneimittel enthält 7,24 mmol (166,58 mg) Natrium pro Beutel.
Dies entspricht 8,33 % der von der WHO für einen Erwachsenen empfohlenen maximalen täglichen Natriumaufnahme mit der Nahrung von 2 g.
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Es wurden bisher keine Studien zur Erfassung von Wechselwirkungen mit Begleitmedikamenten oder Chemotherapien durchgeführt.
Nicht-steroidale Antirheumatika/Antiphlogistika
Ein Hauptwirkmechanismus von MSCs wird über Prostaglandin E2 vermittelt und ist mit Indomethacin hemmbar. Eine Wechselwirkung mit MSCs ist daher für alle Arzneimittel, die Cyclooxygenase 1 und 2 hemmen, anzunehmen. Diese Arzneimittel sind einen Tag vor bis eine Woche nach Gabe möglichst zu vermeiden.
Immunsuppressiva
Wegen der Verstärkung der erwünschten Abschwächung der überschießenden Immunreaktion durch Obnitix® und gleichzeitiger Behandlung mit immunsupprimierenden Arzneimitteln ist insbesondere auf eine erhöhte Gefahr von Neuinfektionen mit Bakterien und Pilzen sowie der Reaktivierung bereits bestehender viraler Erkrankungen zu achten.
4.6 Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft und Stillzeit
Zur Anwendung von Obnitix® während Schwangerschaft und Stillzeit liegen keine klinischen Daten vor. Obnitix® ist daher nicht zur Behandlung von schwangeren oder stillenden Frauen empfohlen.
Fertilität
Die schwere steroidrefraktäre GvHD ist eine Krankheit, bei der die Patienten schwerstkrank sind und eine Vielzahl mit einer Konzeption inkompatibler Arzneimittel einnehmen. Erfahrungen bezüglich Auswirkungen von Obnitix® auf die Fruchtbarkeit liegen daher keine vor.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von
Obnitix® hat keine oder geringfügige Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit oder die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.
4.8 nebenwirkungen
Zur Behandlung mit Obnitix® liegen bisher insgesamt nur begrenzte klinische Daten vor.
Tabellarische Übersicht der Nebenwirkungen
Die folgenden in Tabelle 2 aufgelisteten Nebenwirkungen wurden bisher jeweils einmal im Zusammenhang mit der Anwendung von Obnitix® berichtet:
Tabelle 2 Nebenwirkungen von Obnitix®
Systemorganklasse | Frequenz |
Infektionen und parasitäre Erkrankungen | Nicht bekannt Adenovirus-Infektion*, virale Sepsis*, virale haemorrhagische Zystitis |
Erkrankungen des Immunsystems | Nicht bekannt Immunsuppression* |
Erkrankungen des Nervensystems | Nicht bekannt Kopfschmerz |
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums | Nicht bekannt Stridor, Bronchospasmus |
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts | Nicht bekannt Übelkeit, Erbrechen |
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes | Nicht bekannt Exanthem |
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort | Nicht bekannt Multiorganversagen*, Schüttelfrost |
* Infolge einer zugrundeliegenden Immunsuppression kam es bei einem Kind zur Reaktivierung einer Adenovirus-Infektion, die zu einer Adenovirus-Sepsis mit Multiorganversagen führte.
Beschreibung ausgewählter Nebenwirkungen
Sonstige Komplikationen
Weitere theoretische Nebenwirkungen aufgrund des Wirkmechanismus und der Herstellweise der
MSCs sowie von Beobachtungen ähnlich hergestellter Zelltherapeutika betreffen Folgendes:
Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern sind bei schneller Transfusion Unverträglichkeitsreaktionen und Reaktionen infolge der tiefkalten Infusion DMSO-haltiger Zellsuspension möglich:
- Hypothermie infolge zu rascher Transfusion der gekühlten Zellzubereitungen.
- Mikrozirkulationsstörungen durch Zellaggregate.
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen
Die Meldung des Verdachtes auf Nebenwirkungen/unerwünschte Reaktionen nach der Genehmigung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-RisikoVerhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung/unerwünschte Reaktion dem Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Paul-Ehrlich-Straße 51–59, 63225 Langen, Tel. +49 6 10 37 70, Fax +49 61 03 77 12 34, E-Mail Website anzuzeigen.
Patienten sind darüber zu informieren, dass sie sich an ihren Arzt oder das medizinische Fachpersonal wenden sollen, wenn sie Nebenwirkungen/unerwünschte Reaktionen bemerken. Dies gilt auch für Nebenwirkungen/unerwünschte Reaktionen, die nicht in dieser Gebrauchs- und Fachinformation angegeben sind. Patienten können Meldungen auch direkt dem PEI anzeigen. Indem Patienten Nebenwirkungen/unerwünschte Reaktionen melden, können sie dazu beitragen, dass mehr Informationen über die Sicherheit dieses Arzneimittels zur Verfügung gestellt werden.
4.9 Überdosierung
Überdosierungen wurden bisher nicht beobachtet und erscheinen unwahrscheinlich. Im Falle einer dennoch auftretenden Überdosierung ist eine je nach Symptomen geeignete Behandlung durchzuführen.
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5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe, ATC-Code: Ein ATC-Code wurde für dieses Produkt bisher nicht vergeben.
Pharmakodynamische Eigenschaften
Es liegen Daten aus der Literatur zu verschiedenen MSC-Präparationen vor, die eine MSC-vermittelte Immunmodulation sowohl durch die Sekretion humoraler Mediatoren als auch über Zell-Zell-Kontakt nahelegen.
Bei Stimulation durch eine proinflammatorische Umgebung modulieren MSCs die Reaktionen des körpereigenen Immunsystems und fördern die Regeneration des Gewebes durch die Produktion löslicher Faktoren wie Zytokine. Es ist bislang nicht bekannt, welche ihrer vielen Eigenschaften am meisten zu der therapeutischen Wirkung beiträgt.
Eigene Untersuchungen zum Suppressionspotential von MSCs wurden im Mixed Lymphocyte Reaction Assay (MLR) durchgeführt. Hierbei werden mononukleäre Zellen aus dem peripheren Blut eines gesunden Spenders mit mononukleären Zellen eines zweiten, MHC-disparaten Spenders
kultiviert, was in einer Proliferation der T-Zellen des Spenders resultiert („Alloreaktivität“). In Anwesenheit von Obnitix® wird diese Proliferation signifikant gehemmt. Mechanistisch wird dieser Effekt insbesondere auf eine Freisetzung von Prostaglandin E2 aus den MSCs zurückgeführt. Zusätzlich zeigte die Bestimmung verschiedener Zytokine in den MLR-Überständen eine signifikante Inhibierung der Synthese inflammatorischer Zytokine wie beispielsweise IFN-γ und Tumornekrosefaktor-α in Anwesenheit von MSCs. Weiterhin wird in einer MLR unter Zusatz von MSCs die Anzahl regulatorischer T-Zellen (CD4+ CD25high CD45RA+ CD62L+) deutlich erhöht.
Referenzen:
Kuci Z, Kuci S, Zircher S, et al. Mesenchymal stromal cells derived from CD271(+) bone marrow mononuclear cells exert potent allosuppressive properties. Cytotherapy. 2011 Nov; 13(10):1193–204. PMID: 21905954
Kuci Z, Bönig H, Kreyenberg H, et al. Mesenchymal stromal cells from pooled mononuclear cells of multiple bone marrow donors as rescue therapy in pediatric severe steroid-refractory graft-versus-host disease: a multicenter survey. Haematologica. 2016 Aug; 101(8):985–94. PMID: 27175026
Klinische Wirksamkeit
Obnitix® ist seit 2012 im klinischen Einsatz; seit August 2016 in Deutschland mit einer Genehmigung nach § 4b Arzneimittelgesetz.
Zur klinischen Wirksamkeit von Obnitix® liegen retrospektive Daten von 92 Patienten vor, die bis zum 05.12.2017 behandelt wurden („Teil I-Patienten“). Der Einsatz von Obnitix® erfolgte bei 61 Kindern und 31 Erwachsenen mit aGvHD nach allogener Stammzelltransplantation, die steroidrefraktär (fehlendes Ansprechen auf Steroide nach mindestens 5 Tagen) oder refraktär gegen Steroide und weitere immunsuppressive Therapielinien waren. Diese Therapie erfolgte unabhängig vom Matching zwischen Patienten und Spender und der erhaltenen GvHD-Prophylaxe. Die Patienten wurden routinemäßig in allogenen Transplantationszentren in sechs Ländern (Deutschland, Großbritannien, Ungarn, Israel, Norwegen und Saudi-Arabien) mit Obnitix® behandelt. Darüber hinaus wurden 38 Patienten nach Übertragung der § 4b-Genehmigung an medac zwischen dem 05.12.2017 und dem 31.07.2018 wegen aGvHD behandelt. Für 11 pädiatrische und 10 erwachsene Patienten liegt eine Falldokumentation vor („Teil II-Patienten“).
Die Patienten erhielten in der Regel vier Obnitix®-Infusionen in zumeist wöchentlichen Intervallen und waren mit median 3 und bis zu 13 Therapien vor Obnitix®-Gabe überwiegend stark vorbehandelt. Die Mehrheit der Patienten litt unter Grad III (37,0 % der Teil I-Patienten, 33,3 % der Teil II-Patienten) oder Grad IV aGvHD (58,7 % der Teil I-Patienten; 47,6 % der Teil II-Patienten).
Die Patienten zeigten exzellente Ansprechraten. Am Tag 28 wurde ein Ansprechen bei 76 der Teil I-Patienten (82,6 %) beobachtet, von denen 26 Patienten (28,3 %) eine komplette Remission (CR) und 50 Patienten (54,3 %) eine partielle Remission (PR) erreichten. Die Ansprechrate unterschied sich an Tag 28 nicht signifikant in Abhängigkeit vom Alter, dem Grad der aGvHD oder der Anzahl der vorherigen Therapielinien (siehe Tabelle 3).
Tabelle 3
Ansprechraten der Teil I-Patienten an Tag 28
Patienten | N | OR | CR | PR | NR | Keine Daten | P* |
Alle | 92 (100 %) | 76 (82,6 %) | 26 (28,3 %) | 50 (54,3 %) | 14 (15,2 %) | 2 (2,2 %) | |
Alter | |||||||
< 18 Jahre | 61 (66,3 %) | 51 (83,6 %) | 15 (24,6 %) | 36 (59,0 %) | 9 (14,8 %) | 1 (1,6 %) | 1,000 |
≥ 18 Jahre | 31 (33,7 %) | 25 (80,6 %) | 11 (35,5 %) | 14 (45,2 %) | 5 (16,1 %) | 1 (3,1 %) | |
Grad der aGvHD vor Obnitix® | |||||||
Grad II | 3 (3,3 %) | 3 (100,0 %) | 1 (33,3 %) | 2 (66,7 %) | – | – | 1,000 |
Grad III | 34 (37,0 %) | 28 (82,4 %) | 11 (32,4 %) | 17 (50,0 %) | 5 (14,7 %) | 1 (2,9 %) | |
Grad IV | 54 (58,7 %) | 45 (83,3 %) | 14 (25,9 %) | 31 (57,4 %) | 8 (14,8 %) | 1 (1,9 %) | |
Therapie vor Obnitix® | |||||||
≤ 2 vorherige Therapielinien | 25 (27,2 %) | 24 (96,0 %) | 15 (60,0 %) | 9 (36,0 %) | 1 (4,0 %) | – | 0,101 |
> 2 vorherige Therapielinien | 67 (72,8 %) | 52 (77,6 %) | 11 (16,4 %) | 41 (61,2 %) | 13 (19,4 %) | 2 (3,0 %) | |
Fisher’s t-Test (“keine Daten” ausgeschlossen) Für einen Patienten (1%) sind keine Daten zum Grad der aGvHD verfügbar N = Patientenanzahl; OR = Gesamtansprechen (CR + PR), CR = komplette Remission; PR = partielle Remission; NR = kein Ansprechen; Informationen aus dem Data Surveillance Report, Tabellen 10.8, 10.9, 10.11, 10.3.1.1.2g |
Ähnliche Ergebnisse wurden bei den Teil II-Patienten beobachtet, für die Ergebnisse vom Tag 28 vorliegen. Ein Ansprechen wurde bei 10 (71,4 %) von 14 Patienten beobachtet. Darunter waren 5 Patienten (35,7 %) mit kompletter Remission (siehe Tabelle 4).
Tabelle 4 Ansprechraten der Teil II-Patienten an Tag 28
Patienten | N | OR | CR | PR | NR |
Alle | 14 (100,0 %) | 10 (71,4 %) | 5 (35,7 %) | 5 (35,7 %) | 4 (28,6 %) |
Alter | |||||
< 18 Jahre | 7 (50,0 %) | 5 (71,4 %) | 3 (42,9 %) | 2 (28,6 %) | 2 (28,6 %) |
≥ 18 Jahre | 7 (50,0 %) | 5 (71,4 %) | 2 (28,6 %) | 3 (42,9 %) | 2 (28,6 %) |
Grad der aGvHD vor Obnitix® | |||||
Grad I | 1 (7,1 %) | 0 (0,0 %) | 0 (0,0 %) | 0 (0,0 %) | 1 (100,0 %) |
Grad II | 2 (14,3 %) | 1 (50,0 %) | 1 (50,0 %) | 0 (0,0 %) | 1 (50,0 %) |
Grad III | 5 (35,7 %) | 4 (80,0 %) | 3 (60,0 %) | 1 (20,0 %) | 1 (20,0 %) |
Grad IV | 6 (42,9 %) | 5 (83,3 %) | 1 (16,7 %) | 4 (66,7 %) | 1 (16,7 %) |
Therapie vor Obnitix® | |||||
Nicht refraktär | 4 (28,6 %) | 4 (100,0 %) | 2 (50,0%) | 2 (50,0 %) | 0 (0,0 %) |
Therapie-refraktär | 10 (71,4 %) | 6 (60,0 %) | 3 (30,0%) | 3 (30,0 %) | 4 (40,0 %) |
*Es wurde keine Vorbehandlung der GvHD dokumentiert.
refraktär gegen Steroide und weitere immunsuppressive Therapielinien
N = Patientenanzahl; OR = Gesamtansprechen (CR + PR), CR = komplette Remission; PR = partielle Remission; NR = kein Ansprechen; Informationen aus dem medac Data Surveillance Programme
Beim letzten Follow-up (median 163 Tage, zwischen 19 und 2365 Tagen) wurde bei
75 Teil I-Patienten (81,5 %) ein Ansprechen beobachtet, von denen 47 Patienten (51,1 %) eine komplette Remission und 28 Patienten (30,4 %) eine partielle Remission zeigten. Die Ansprechrate betrug 76,1 % für Patienten mit > 2 vorherigen Therapielinien und 96,0 % für Patienten mit ≤ 2 vorherigen Therapielinien, was ein günstigeres Ergebnis bei früherer Behandlung der Patienten vermuten lässt (P = 0,060). Alle 10 Teil II-Patienten, für die eine Tag 60 Dokumentation verfügbar war, sprachen auf die Behandlung an, 80 % mit einer kompletten Remission. Diese Daten deuten auf ein anhaltendes Ansprechen auf die Behandlung mit Obnitix® hin.
Während sich viele PRs im Laufe des Beobachtungszeitraums auf CR verbesserten, hatten nur sehr wenige Tag 28 Nicht-Responder ein verzögertes Ansprechen und blieben meist Nicht-Responder. Diese Beobachtung weist auf den prädiktiven Wert der Reaktionen an Tag 28 für den therapeutischen Gesamtnutzen hin und legt nahe, dass dieser Wert als Surrogat-Parameter für den Behandlungserfolg dienen kann.
Die Gesamtüberlebensrate betrug für alle Teil I-Patienten 63,8 % (95 % CI 54,4–74,9) nach 6 Monaten und 62,0 % (95 % CI 52,2–73,5) nach 12 Monaten. Es unterschied sich nicht signifikant in Abhängigkeit von Alter, Grad der aGvHD und Anzahl der vorherigen Therapielinien.
Die Non-Relapse-Mortalität der Teil I-Patienten lag bei 30,4 % und die Relapse-Mortalität bei 6,5 %.
Referenzen:
Bader P. Data Surveillance Report: First Clinical Experience from a Multicentre Survey to Evaluate the Efficacy and Safety of the Novel MSC-FFM in Paediatric and Adult Patients. Final version, dated 22-Aug-2018 medac Data Surveillance Programme
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Es wurden keine Studien zur Beurteilung der pharmakokinetischen Eigenschaften von Obnitix® am Menschen durchgeführt.
Nach Infusion von radioaktiv markierten MSCs in 4 Patienten sammelten sich die MSCs zuerst in der Lunge und wechselten in den folgenden Stunden bis Tagen allmählich in die Leber und Milz. Die Zellen konnten in vivo mindestens 10 Tage nach der Erstinfusion sichtbar gemacht werden (Gholamrezanezhad 2011). In 13 von 21 Brustkrebs-Patientinnen waren bis zu 60 Minuten nach Ko-Transplantation von autologen MSCs und hämatopoetischen Stammzellen MSCs im peripheren Blut nachweisbar, während vor Ko-Transplantation keine MSCs nachweisbar waren (Koc 2000). In 108 Autopsie-Gewebeproben von 18 Patienten mit MSC-Infusion, wurde MSC-Spender-DNA per PCR bei 8 von 18 Patienten in einem oder mehreren Geweben, einschließlich Lunge, Lymphknoten und Darm, nachgewiesen. Der Nachweis von MSC-Spender-DNA war negativ mit der Zeit von Infusion bis zur Probenentnahme korreliert. Es konnten keine Anzeichen ektopischer Gewebebildung oder bösartiger Tumoren von MSC-Spenderherkunft nachgewiesen werden, weder makroskopisch noch durch histologische Untersuchungen (von Bahr 2012).
Referenzen:
Gholamrezanezhad A, Mirpour S, Bagheri M, et al. In vivo tracking of 111In-oxine labeled mesenchymal stem cells following infusion in patients with advanced cirrhosis. Nucl Med Biol. 2011 Oct; 38(7):961–7. PMID: 21810549 Koc ON, Gerson SL, Cooper BW, et al. Rapid hematopoietic recovery after coinfusion of autologous-blood stem cells and culture-expanded marrow mesenchymal stem cells in advanced breast cancer patients receiving high-dose chemotherapy. J Clin Oncol. 2000 Jan; 18(2):307–16. PMID: 10637244
Von Bahr L, Batsis I, Moll G, et al. Analysis of tissues following mesenchymal stromal cell therapy in humans indicates limited long-term engraftment and no ectopic tissue formation. Stem Cells. 2012 Jul; 30(7):1575–8. PMID: 22553154
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Nicht-klinische Daten zur akuten und chronischen Toxizität von Obnitix® liegen nicht vor. Studiendaten von MSC-Präparationen anderer Hersteller lassen jedoch keine besonderen Gefahren für den Menschen erkennen. Experimente in Mäusen zeigten, dass MSCs nach Infusion zunächst in der Lunge gefiltert werden, was in einem Teil der Tiere zu Lungenembolien führte. Dies wurde jedoch nur bei hohen Dosen beobachtet die etwa 8-fach über der humanen Obnitix® Dosis (in Zellen/kg KG) für Erwachsene liegen.
Ein tumorigenes Potential für MSCs wird in der Literatur diskutiert, nicht-klinische Daten mit humanen MSCs in Tieren haben dies jedoch noch nicht gezeigt. MSCs persistieren systemisch nur für einen begrenzten Zeitraum und sind meist innerhalb von 24 Stunden im Blut nicht mehr nachweisbar. Nur ein geringer Teil der infundierten MSCs verbleibt danach in Organen. Experimente in Mäusen zeigten Werte von 0,04 % verbleibender MSCs nach 48 Stunden und 0,01 % nach 96 Stunden in Leber, Niere, Gehirn, Milz, Knochenmark, Bauchspeicheldrüse und Lunge (Lee RH, 2009). In vitro wurde nach ca. 30 Populationsverdoppelungen Seneszenz von MSCs beobachtet. Tests zeigten
ebenfalls, dass Obnitix® genetisch stabil ist und die Expression der Onkogene c-Myc und hTERT nicht induziert wurde (Kuci Z, 2016). Ein Tumorwachstum förderndes Potential von MSCs wird in Tiermodellen beschrieben, das Risiko für den Menschen wird aufgrund der kurzen Halbwertzeit von humanen MSCs und der limitierten Anzahl Dosen nur gering eingeschätzt. Generell zeigten in vivo Daten an verschiedenen Spezies bislang keine Tumorigenität oder Wachstum von ektopischen Geweben nach i.v. Gabe von MSCs, was erwarten lässt, dass auch Obnitix® ein nur geringes Risiko für ein tumorigenes Potential besitzt.
Spezifische Studien zur Reproduktions- oder Entwicklungstoxizität oder Studien in juvenilen Tieren wurden mit Obnitix® bislang nicht durchgeführt. Effekte auf die Fertilität oder Embryonalentwicklung ist aufgrund bisheriger präklinischer Daten jedoch nicht anzunehmen.
Referenzen:
Kuci Z, Bönig H, Kreyenberg H, et al. Mesenchymal stromal cells from pooled mononuclear cells of multiple bone marrow donors as rescue therapy in pediatric severe steroid-refractory graft-versus-host disease: a multicenter survey. Hematologica 2016; 101(8): 985–94. PMID: 27175026
Lee RH, Pulin AA, Seo MJ, et al. Intravenous hMSCs improve myocardial infarction in mice because cells embolized in lung are activated to secrete the anti-inflammatory protein TSG-6. Cell Stem Cell 2009 Jul 2; 5(1): 54–63. PMID: 19570514
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6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Natriumchlorid
Humanes Serum-Albumin
Dimethylsulfoxid
6.2 Inkompatibilitäten
Da keine Kompatibilitätsstudien durchgeführt wurden, darf dieses Arzneimittel nicht mit anderen Arzneimitteln gemischt werden. Wie bei allen Zellpräparaten dürfen während der Infusion über den Venenzugang gleichzeitig keine anderen Medikamente appliziert werden.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
Kryokonserviert beträgt die Haltbarkeit der Einzeldosis Obnitix® ab Datum des Herstellungsendes 36 Monate. Nach Auftauen muss das Arzneimittel umgehend angewendet werden.
Nicht appliziertes, aufgetautes Arzneimittel darf nicht wieder eingefroren werden, sondern muss entsorgt werden (siehe Abschnitt 6.6).
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Transport und Aufbewahrung erfolgen bis zur Anwendung tiefgekühlt in der Dampfphase über flüssigem Stickstoff (≤ –135 °C). Beim Anwender muss das Präparat bis unmittelbar vor Auftauen und Anwendung in flüssigem Stickstoff/Dampfphase bei ≤ –135 °C gelagert werden.
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6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Infusionsdispersion mit 30 (Obnitix® 30), 60 (Obnitix® 60) oder 90 (Obnitix® 90) Millionen MSCs, abgefüllt in einen Ethylenvinylacetat-Kryobeutel (Endvolumen ≤ 50 ml), der wiederum in einem Metallbehälter verpackt ist.
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung und sonstige Hinweise zur Handhabung
Obnitix® ist als potenziell infektiöses Material zu behandeln. Alle Materialien, die in Kontakt mit Obnitix® gekommen sind, sind als biologischer Gefahrstoff zu entsorgen.
7. INHABER DER GENEHMIGUNG NACH § 4b AMG
medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH
Theaterstr. 6
22880 Wedel
Tel.: +49 (0)4103 8006–0
8. GENEHMIGUNGSNUMMER
PEI.A.11748.01.1
9. DATUM DER ERTEILUNG DER GENEHMIGUNG
24.08.2016
10. STAND DER INFORMATION
11/2020
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig
Patientengewichtsadaptierte Produkte werden patientenspezifisch ausgegeben.
Die Anwendung von Obnitix® darf nur gerichtet erfolgen und muss in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen werden (Arzneimittel nur zur Anwendung gemäß § 4b AMG).