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Praxbind - Zusammengefasste Informationen

Enthält den aktiven Wirkstoff :

ATC-Gruppe:

Dostupné balení:

Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels - Praxbind

1. BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS

Praxbind 2,5 g/50 ml Injektions-/Infusionslösung

2. qualitative und quantitative zusammensetzung

Jeder ml Injektions-/Infusionslösung enthält 50 mg Idarucizumab.

Jede Durchstechflasche enthält 2,5 g Idarucizumab in 50 ml.

Idarucizumab wird durch rekombinante DNA-Technologie in Ovarialzellen des chinesischen Hamsters hergestellt.

Sonstige Bestandteile mit bekannter Wirkung

Jede Durchstechflasche enthält 2 g Sorbitol und 25 mg Natrium in 50 ml (siehe Abschnitt 4.4).

Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile, siehe Abschnitt 6.1.

3. darreichungsform

Injektions-/Infusionslösung

Klare bis leicht opalisierende, farblose bis leicht gelbe Lösung.

4. klinische angaben4.1 anwendungsgebiete

Praxbind ist ein spezifisches Antidot für Dabigatran und wird angewendet bei mit Pradaxa (Dabigatranete­xilat) behandelten erwachsenen Patienten, wenn eine rasche Aufhebung der antikoagulato­rischen Wirkung erforderlich ist:

bei Notfalloperati­onen/dringenden Eingriffen; bei lebensbedrohlichen oder nicht beherrschbaren Blutungen.

4.2 dosierung und art der anwendung

Nur zur Anwendung im Krankenhaus.

Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt 5 g Idarucizumab (2 Durchstechflas­chen zu je 2,5 g/50 ml).

Bei einer Subgruppe von Patienten traten bis zu 24 Stunden nach der Anwendung von Idarucizumab erneut Plasmakonzentra­tionen von ungebundenem Dabigatran auf, begleitet von einer Verlängerung der Gerinnungstests (siehe Abschnitt 5.1).

Die Anwendung einer zweiten Dosis von 5 g Idarucizumab kann unter folgenden Umständen in Erwägung gezogen werden:

erneutes Auftreten einer klinisch relevanten Blutung zusammen mit verlängerten Gerinnungszeiten oder wenn eine mögliche erneute Blutung lebensbedrohend wäre und verlängerte Gerinnungszeiten

beobachtet werden, oder

Patienten benötigen eine zweite Notfalloperation oder einen zweiten dringenden Eingriff und weisen verlängerte Gerinnungszei­ten auf.

Relevante Gerinnungsparameter sind die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT), die Thrombinzeit in verdünnten Plasmaproben (dTT) oder die Ecarin Clotting Time (ECT) (siehe Abschnitt 5.1).

Eine maximale Tagesdosis wurde nicht untersucht.

Wiederaufnahme der antithrombotischen Therapie

Die Behandlung mit Pradaxa (Dabigatranete­xilat) kann 24 Stunden nach Anwendung von Idarucizumab wieder aufgenommen werden, wenn der Patient klinisch stabil ist und eine ausreichende Hämostase erzielt wurde.

Nach Anwendung von Idarucizumab kann jederzeit mit einer anderen antithrombotischen Therapie (z. B. mit niedermolekularem Heparin) begonnen werden, wenn der Patient klinisch stabil ist und eine ausreichende Hämostase erzielt wurde.

Ohne antithrombotische Therapie werden die Patienten dem thrombotischen Risiko ihrer Grunderkrankung oder ihres klinischen Zustandes ausgesetzt.

Besondere Patientengruppen

Ältere Patienten

Bei älteren Patienten ab 65 Jahren ist keine Dosisanpassung erforderlich (siehe Abschnitt 5.2).

Patienten mit beeinträchtigter Nierenfunktion

Bei Patienten mit beeinträchtigter Nierenfunktion ist keine Dosisanpassung erforderlich. Eine beeinträchtigte Nierenfunktion hatte keinen Einfluss auf die aufhebende Wirkung von Idarucizumab (siehe Abschnitt 5.2).

Patienten mit beeinträchtigter Leberfunktion

Bei Patienten mit Leberschädigung ist keine Dosisanpassung erforderlich (siehe Abschnitt 5.2).

Kinder und Jugendliche

Die Sicherheit und Wirksamkeit von Praxbind bei Kindern unter 18 Jahren ist nicht erwiesen. Zurzeit vorliegende Daten werden in Abschnitt 5.1 beschrieben.

Art der Anwendung

Intravenöse Anwendung.

Praxbind (2 Durchstechflas­chen zu je 2,5 g/50 ml) wird intravenös als zwei aufeinanderfolgende Infusionen über je 5 bis 10 Minuten oder als Bolusinjektion verabreicht.

Weitere Hinweise zur Anwendung und Handhabung, siehe Abschnitt 6.6.

4.3 gegenanzeigen

Keine.

4.4 besondere warnhinweise und vorsichtsmaßnahmen für die anwendung

Idarucizumab bindet spezifisch an Dabigatran und hebt dessen antikoagulatorische Wirkung auf. Es hebt nicht die Wirkungen anderer Antikoagulanzien auf (siehe Abschnitt 5.1).

Die Behandlung mit Praxbind kann in Verbindung mit unterstützenden Standardmaßnahmen, die medizinisch angemessen sein sollten, angewendet werden.

Rückverfolgbar­keit

Um die Rückverfolgbarkeit biologischer Arzneimittel zu verbessern, müssen die Bezeichnung des Arzneimittels und die Chargenbezeichnung des angewendeten Arzneimittels eindeutig dokumentiert werden.

Überempfindlichke­it

Das Risiko der Anwendung von Praxbind bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit (z. B. anaphylaktoide Reaktion) gegen Idarucizumab oder einen der sonstigen Bestandteile muss sorgfältig gegen den potenziellen Nutzen einer solchen Notfallbehandlung abgewogen werden. Falls eine anaphylaktische Reaktion oder andere schwerwiegende allergische Reaktion auftritt, muss die Anwendung von Praxbind umgehend abgebrochen und eine geeignete Therapie eingeleitet werden.

Hereditäre Fructose-Intoleranz

Die empfohlene Dosis von Praxbind enthält 4 g Sorbitol als einen sonstigen Bestandteil. Bei Patienten mit hereditärer Fructose-Intoleranz war die parenterale Gabe von Sorbitol mit Meldungen von Hypoglykämie, Hypophosphatämie, metabolischer Azidose, Anstieg der Harnsäure, akutem Leberversagen mit Störung der exkretorischen und synthetischen Funktion sowie Tod verbunden. Daher muss bei Patienten mit hereditärer Fructose-Intoleranz das Risiko der Behandlung mit Praxbind gegen den potenziellen Nutzen einer solchen Notfallbehandlung abgewogen werden. Wird Praxbind bei diesen Patienten angewendet, ist für die Dauer der Exposition bezüglich Praxbind und bis zu 24 Stunden danach eine verstärkte medizinische Betreuung erforderlich.

Thromboembolische Ereignisse

Mit Dabigatran behandelte Patienten haben Grunderkrankungen, die sie für thromboembolische Ereignisse prädisponieren. Durch die Aufhebung der Dabigatran-Therapie werden die Patienten dem thrombotischen Risiko ihrer Grunderkrankung ausgesetzt. Zur Senkung dieses Risikos sollte so bald wie medizinisch möglich die Wiederaufnahme der Antikoagulati­onstherapie erwogen werden (siehe Abschnitt 4.2).

Proteinbestimmung im Urin

Praxbind verursacht eine vorübergehende Proteinurie. Dies ist eine physiologische Reaktion auf die für die Nieren zu hohen Proteinmengen nach einer Bolus- oder kurzfristigen Anwendung von 5 g Idarucizumab intravenös (siehe Abschnitt 5.2). Die vorübergehende Proteinurie ist kein Hinweis auf eine Nierenschädigung, was bei Urintests zu berücksichtigen is­t.

Natriumgehalt

Dieses Arzneimittel enthält 50 mg Natrium pro Dosis, entsprechend 2,5 % der von der WHO für einen Erwachsenen empfohlenen maximalen täglichen Natriumaufnahme mit der Nahrung von 2 g.

4.5 wechselwirkungen mit anderen arzneimitteln und sonstige wechselwirkungen

Es wurden keine formalen Studien zur Erfassung von Wechselwirkungen von Praxbind mit anderen Arzneimitteln durchgeführt. Basierend auf den pharmakokinetischen Eigenschaften und der hohen Spezifität der Bindung an Dabigatran werden klinisch relevante Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln als unwahrscheinlich erachtet.

In präklinischen Untersuchungen mit Idarucizumab kam es zu keinen Wechselwirkun­gen mit

Volumenexpandern. Gerinnungsfak­torenkonzentra­ten wie Prothrombinkomplex-Konzentraten (PPSB, z. B.

3– und 4-Faktor-PPSB), aktivierten PPSB (aPPSB) und rekombinantem Faktor VIIa.

anderen Antikoagulanzien (z. B. Thrombininhibitoren außer Dabigatran, Faktor-Xa-Inhibitoren einschließlich niedermolekularen Heparinen, Vitamin-K-Antagonisten, Heparin). Somit hebt Idarucizumab die Wirkungen anderer Antikoagulanzien nicht auf.

4.6 fertilität, schwangerschaft und stillzeit

Schwangerschaft

Bisher liegen keine Erfahrungen mit der Anwendung von Idarucizumab bei Schwangeren vor. Aufgrund der Art und der beabsichtigten klinischen Anwendung des Arzneimittels wurden keine Studien zur Reproduktions- und Entwicklungsto­xizität durchgeführt. Praxbind kann während der Schwangerschaft angewendet werden, wenn der erwartete klinische Nutzen die potenziellen Risiken überwiegt.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Idarucizumab/Me­tabolite in die Muttermilch übergehen.

Fertilität

Bisher liegen keine Erfahrungen zur Wirkung von Idarucizumab auf die Fertilität vor (siehe Abschnitt 5.3).

4.7 auswirkungen auf die verkehrstüchtigkeit und die fähigkeit zum bedienen von maschinen

Nicht zutreffend.

4.8 nebenwirkungen

In einer Phase-III-Studie wurde die Sicherheit von Praxbind bei 503 Patienten untersucht, die nicht beherrschbare Blutungen hatten oder eine Notfalloperation oder andere Eingriffe benötigten und mit Pradaxa (Dabigatranete­xilat) behandelt wurden, sowie bei 224 Freiwilligen in Phase-I-Studien. Ein pädiatrischer Patient wurde im Rahmen einer Studie zur Sicherheit bei Kindern und Jugendlichen behandelt. Des Weiteren wurden 359 Patienten in ein weltweites Programm zur Beobachtung der Anwendung von Idarucizumab eingeschlossen, um Daten über die Anwendungsmuster unter realen Bedingungen zu erheben.

Es wurden keine Nebenwirkungen festgestellt.

Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung über das in aufgeführte nationale Meldesystem anzuzeigen.

4.9 überdosierung

Es liegen keine klinischen Erfahrungen mit Überdosierungen von Idarucizumab vor.

Die höchste bei gesunden Probanden untersuchte Einzeldosis von Idarucizumab war 8 g. In dieser Gruppe wurden keine Sicherheitssignale identifiziert.

5. pharmakologische eigenschaften

5.1 pharmakodynamische eigenschaften

Pharmakothera­peutische Gruppe: alle übrigen therapeutischen Mittel, Antidote, ATC-Code: V03AB37

Wirkmechanismus

Idarucizumab ist ein spezifisches Antidot für Dabigatran. Es ist ein humanisiertes monoklonales Antikörperfragment (Fab), das mit sehr hoher Affinität an Dabigatran bindet, die etwa um das 300-Fache höher ist als die Bindungsaffinität von Dabigatran zu Thrombin. Der Idarucizumab-Dabigatran-Komplex ist durch eine rasche On-Rate und eine extrem langsame Off-Rate gekennzeichnet, was einen sehr stabilen Komplex zur Folge hat. Idarucizumab bindet stark und spezifisch an Dabigatran und seine Metaboliten und neutralisiert deren antikoagulatorische Wirkung.

Pharmakodynamische Wirkungen

Die Pharmakodynamik von Idarucizumab nach Anwendung von Dabigatranetexilat wurde bei 141 Probanden in Phase-I-Studien untersucht, von denen die Daten einer repräsentativen Subgruppe (6 gesunde Probanden im Alter von 45 bis 64 Jahren, die eine Dosis von 5 g als intravenöse Infusion erhielten) dargestellt sind. Die mediane Dabigatran-Spitzenexposition lag bei den untersuchten gesunden Probanden in dem Bereich, der mit einer zweimal täglichen Anwendung von 150 mg Dabigatranetexilat bei Patienten erzielt wird.

Wirkung von Idarucizumab auf die Exposition und antikoagulatorische Aktivität von Dabigatran Unmittelbar nach der Anwendung von Idarucizumab wurden die Plasmakonzentra­tionen von ungebundenem Dabigatran um mehr als 99 % gesenkt, was zu Konzentrationen ohne antikoagulatorische Aktivität führte.

Die meisten Patienten zeigten eine bis zu 12 Stunden anhaltende Aufhebung der Dabigatran-Plasmakonzentra­tionen (> 90 %). Bei einer Subgruppe von Patienten wurden, möglicherweise aufgrund einer Umverteilung von Dabigatran aus peripherem Gewebe, erneut Plasmaspiegel von ungebundenem Dabigatran beobachtet, die von verlängerten Blutgerinnungsze­iten begleitet waren. Dies trat 1 – 24 Stunden und überwiegend > 12 Stunden nach der Anwendung von Idarucizumab auf.

Abbildung 1 – Plasmaspiegel von ungebundenem Dabigatran in der repräsentativen Gruppe von gesunden Probanden (Anwendung von Idarucizumab oder Placebo bei Stunde 0)

Dabigatran verlängert die Gerinnungszeit von Gerinnungspara­metern wie dTT, TT, aPTT und ECT, die einen ungefähren Anhaltspunkt für die antikoagulatorische Wirkung liefern. Ein Wert im Normalbereich nach Anwendung von Idarucizumab gibt an, dass ein Patient nicht mehr antikoaguliert ist. Ein Wert über dem Normalbereich kann ein Zeichen von restlichem aktivem Dabigatran oder anderer klinischer Situationen sein, wie z. B. der Präsenz anderer Wirkstoffe oder einer Transfusionsko­agulopathie. Diese Tests wurden zur Beurteilung der antikoagulato­rischen Wirkung von Dabigatran verwendet. Unmittelbar nach der Idarucizumab-Infusion wurde eine vollständige und anhaltende Aufhebung der Dabigatran-induzierten Verlängerung der Gerinnungszeit beobachtet, die während der gesamten Beobachtungsphase von mindestens 24 Stunden andauerte.

Dabigatranetexilat + idarucizumab

Dabigatranetexilat + Placebo Obere Grenze des Normbereichs

Abbildung 2 – Aufhebung der Dabigatran-induzierten Verlängerung der Gerinnungszeit, bestimmt mithilfe der dTT in der repräsentativen Gruppe von gesunden Probanden (Anwendung von Idarucizumab oder Placebo bei Stunde 0)

Zeit nach Ende der Infusion [Stunden]

Abbildung 3 – Aufhebung der Dabigatran-induzierten Verlängerung der Gerinnungszeit, bestimmt mithilfe der ECT in der repräsentativen Gruppe von gesunden Probanden (Anwendung von Idarucizumab oder Placebo bei Stunde 0)

Zeit nach Ende der Infusion [Stunden]

Parameter der Thrombingeneri­erung

Dabigatran übt starke Wirkungen auf Parameter des endogenen Thrombinpotenzials (ETP) aus. Die Behandlung mit Idarucizumab normalisierte sowohl die Thrombin-Lag-Time-Ratio als auch die Zeit bis zur Peak-Ratio auf Ausgangswerte, bestimmt 0,5 bis 12 Stunden nach Ende der Idarucizumab-Infusion. Idarucizumab allein zeigte keine prokoagulatorische Wirkung, gemessen als ETP. Dies weist darauf hin, dass Idarucizumab keine prothrombotische Wirkung hat.

Erneute Anwendung von Dabigatranetexilat

24 Stunden nach der Idarucizumab-Infusion führte die erneute Anwendung von Dabigatranetexilat zu der erwarteten antikoagulato­rischen Aktivität.

Präklinische Pharmakodynamik

In einem Traumamodell am Schwein wurde nach Gabe von Dabigatran in Dosen, mit denen supratherapeutische Konzentrationen von etwa dem 10-Fachen der humanen Plasmaspiegel erzielt wurden, eine stumpfe Leberverletzung erzeugt. Durch Idarucizumab wurden die lebensbedrohlichen Blutungen innerhalb von 15 Minuten nach der Injektion effektiv und rasch beherrscht. Alle Schweine überlebten bei Idarucizumab-Dosen von etwa 2,5 und 5 g. Ohne Idarucizumab betrug die Mortalität in der antikoagulierten Gruppe 100 %.

Klinische Wirksamkeit und Sicherheit

Zur Beurteilung der Sicherheit, Wirksamkeit, Verträglichkeit, Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Idarucizumab allein oder nach Anwendung von Dabigatranetexilat wurden drei randomisierte, doppelblinde, placebokontro­llierte Phase-I-Studien mit 283 Probanden (davon 224 mit Idarucizumab behandelt) durchgeführt. Die untersuchte Population bestand aus gesunden Probanden und Personen mit spezifischen Populationscha­rakteristika, die Alter, Körpergewicht, ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht und beeinträchtigte Nierenfunktion abdeckten. In diesen Studien reichten die Dosen von Idarucizumab von 20 mg bis 8 g und die Infusionszeiten von 5 Minuten bis zu 1 Stunde.

Repräsentative Werte für pharmakokinetische und pharmakodynamische Parameter wurden anhand von gesunden Probanden im Alter von 45 bis 64 Jahren, die 5 g Idarucizumab erhielten, ermittelt (siehe Abschnitte 5.1 und 5.2).

Es wurde eine prospektive, offene, nicht randomisierte, unkontrollierte Studie (RE-VERSE AD) zur Untersuchung der Behandlung von erwachsenen Patienten mit lebensbedrohlichen oder nicht beherrschbaren Blutungen, die in Zusammenhang mit der Dabigatranbehan­dlung stehen (Gruppe A) oder Patienten, bei denen Notfalloperationen oder dringende Eingriffe erforderlich waren (Gruppe B), durchgeführt. Primärer Endpunkt war die maximale prozentuale Aufhebung der antikoagulato­rischen Wirkung von Dabigatran innerhalb von 4 Stunden nach der Anwendung von Idarucizumab basierend auf der Bestimmung der dTT oder der ECT durch ein Zentrallabor. Ein wichtiger sekundärer Endpunkt war die Wiederherstellung der Hämostase.

Die Studie RE-VERSE AD umfasste die Daten von 503 Patienten, darunter 301 Patienten mit schwerwiegenden Blutungen (Gruppe A) und 202 Patienten, die eine Notfalloperation oder andere Eingriffe benötigten (Gruppe B). Etwa die Hälfte der Patienten in jeder Gruppe war männlich. Das mediane Alter betrug 78 Jahre und die mediane Kreatininclearance (CrCl) war 52,6 ml/min. 61,5 % der Patienten in Gruppe A und 62,4 % der Patienten in Gruppe B hatten Dabigatran 110 mg zweimal täglich erhalten.

Eine Aufhebung war lediglich bei jenen Patienten auswertbar, die vor der Behandlung mit Idarucizumab verlängerte Gerinnungszeiten aufwiesen. Die meisten Patienten in den beiden Gruppen A und B erzielten eine vollständige Aufhebung der antikoagulato­rischen Wirkung von Dabigatran (dTT: 98,7 %; ECT: 82,2 %; aPTT: 92,5 % der auswertbaren Patienten) in den ersten 4 Stunden nach der Anwendung von 5 g Idarucizumab. Die Aufhebung war unmittelbar nach der Anwendung ersichtlich.

dTT [s]

110

100

90

80

70

60

50

40

30

Ausgangs-Zwischen 10–30 min 1h 2 h 4 h

wert Durch-

12h 24h

stechflaschen

Zeit nach Idarucizumab

। । Einzeldaten mit Median und T

25./75. Perzentil _

---Oberer Normalwert

10./90. Perzentil

5./95. Perzentil

Abbildung 5 – Aufhebung der Dabigatran-induzierten Verlängerung der Gerinnungszeit, bestimmt anhand der ECT bei Patienten aus der RE-VERSE AD-Studie (N = 487)

375

350

325

300

275

250

225

<Z) p 200 o w 175

150

125

100

75

50

25

4h

Ausgangs-Zwischen 10–30 min

12 h 24 h

Durch

wert

stech- Zeit nach Idarucizumab flaschen

‚==‘ Einzeldaten mit Median und T 10/90 Perzentil 25./75. Perzentil '' ..

5./95. Perzentil

---Oberer Normalwert

Ausgangs-Zwischen 10–30 min 1h 2 h 4 h

wert Durch-

stechflaschen

12 h 24 h

Zeit nach Idarucizumab

■=■ Einzeldaten mit Median und

T 10./90. Perzentil

25./75. Perzenti1

5./95. Perzentil

---Oberer Normalwert

Eine Wiederherstellung der Hämostase wurde bei 80,3 % der auswertbaren Patienten mit schwerwiegenden Blutungen erreicht, und bei 93,4 % der Patienten, die einen dringenden Eingriff benötigten, wurde eine normale Hämostase beobachtet.

Von den insgesamt 503 Patienten verstarben 101. Jeder dieser Todesfälle konnte auf eine Komplikation des Indexereignisses oder auf Begleiterkrankungen zurückgeführt werden. Thrombotische Ereignisse wurden von 34 Patienten berichtet (23 der 34 Patienten erhielten zum Zeitpunkt des Ereignisses keine antithrombotische Therapie). In jedem dieser Fälle konnte das thrombotische Ereignis auf die Grunderkrankung des Patienten zurückgeführt werden. Leichte Symptome einer möglichen Überempfindlichkeit (Pyrexie, Bronchospasmen, Hyperventilation, Ausschlag oder Pruritus) wurden berichtet. Ein ursächlicher Zusammenhang mit Idarucizumab konnte nicht erwiesen werden.

Kinder und Jugendliche

In einer Studie zur Sicherheit der unverblindeten intravenösen Gabe einer Einzeldosis Idarucizumab war ein pädiatrischer Patient eingeschlossen. In die Studie wurden pädiatrische Patienten aus klinischen Studien mit Dabigatranetexilat zur Behandlung und Sekundärprävention venöser Thromboembolien (VTE) eingeschlossen. Um eingeschlossen zu werden, musste bei den Patienten eine rasche Aufhebung der antikoagulato­rischen Wirkung von Dabigatran erforderlich sein. Ein

Patient (im Alter zwischen 16 und <18 Jahren) erhielt Dabigatranetexilat zur Sekundärprävention von VTE aufgrund des Vorliegens eines klinischen Risikofaktors. Ein Blutungsereignis erforderte einen chirurgischen Eingriff und eine ausreichende Hämostase. Die Behandlung mit 5 g Idarucizumab führte zu einer raschen und vollständigen Aufhebung der antikoagulato­rischen Wirkung von Dabigatran. Die Pharmakokinetik von Idarucizumab und seine Wirkungen auf die Pharmakodynamik stimmten mit den Daten von Erwachsenen überein.

Immunogenität

Serumproben von 283 Probanden in Phase-I-Studien (224 mit Idarucizumab behandelte Freiwillige) und 501 Patienten wurden vor und nach der Behandlung auf Antikörper gegen Idarucizumab getestet. Bei annähernd 12 % (33/283) der Phase-I-Probanden und 3,8 % (19/501) der Patienten wurden vorbestehende Antikörper mit Kreuzreaktivität gegen Idarucizumab nachgewiesen. Es wurden weder Auswirkungen auf die Pharmakokinetik oder die aufhebende Wirkung von Idarucizumab noch Überempfindlichke­itsreaktionen beobachtet.

Bei 4 % (10/224) der Phase-I-Probanden und 1,6 % (8/501) der Patienten wurden therapiebedingte, möglicherweise persistierende Anti-Idarucizumab-Antikörper mit niedrigen Titern beobachtet, was auf ein geringes immunogenes Potenzial von Idarucizumab hinweist. In einer Subgruppe mit 6 Phase-I-Probanden wurde Idarucizumab zwei Monate nach der ersten Anwendung ein zweites Mal verabreicht. Bei diesen Probanden wurden vor der zweiten Anwendung keine Anti-Idarucizumab-Antikörper nachgewiesen. Nach der zweiten Anwendung wurden bei einem Probanden therapiebedingte Anti-Idarucizumab-Antikörper nachgewiesen. Neun Patienten wurde ein zweites Mal Idarucizumab verabreicht. Bei allen 9 Patienten erfolgte die zweite Verabreichung innerhalb von 6 Tagen nach der ersten Anwendung von Idarucizumab. Keiner der ein zweites Mal mit Idarucizumab behandelten Patienten wurde positiv auf Anti-Idarucizumab-Antikörper getestet.

5.2 Pharmakoki­netische Eigenschaften

Die Pharmakokinetik von Idarucizumab wurde bei 224 Probanden in Phase-I-Studien untersucht, von denen die Daten einer repräsentativen Subgruppe von 6 gesunden Probanden im Alter von 45 bis 64 Jahren dargestellt sind, die eine Dosis von 5 g als intravenöse Infusion erhielten.

Verteilung

Idarucizumab zeigte eine multiphasische Dispositionskinetik und eine begrenzte extravaskuläre Verteilung. Nach intravenöser Infusion einer 5-g-Dosis betrug das geometrische mittlere Verteilungsvolumen im Steady State (Vdss) 8,9 l (geometrischer Variationskoef­fizient [gVK] 24,8 %).

Biotransformation

Es wurden mehrere Stoffwechselwege beschrieben, die möglicherweise zum Metabolismus von Antikörpern beitragen. Alle diese Stoffwechselwege gehen mit dem biologischen Abbau des Antikörpers zu kleineren Molekülen, d. h. zu kleinen Peptiden oder Aminosäuren, einher, die dann erneut resorbiert werden und in die allgemeine Proteinsynthese einfließen.

Elimination

Idarucizumab wurde rasch eliminiert mit einer Gesamtclearance von 47,0 ml/min (gVK 18,4 %), einer initialen Halbwertszeit (t1/2) von 47 Minuten (gVK 11,4 %) und einer terminalen t1/2 von 10,3 Stunden (gVK 18,9 %). Nach intravenöser Anwendung von 5 g Idarucizumab wurden 32,1 % (gVK 60,0 %) der Dosis innerhalb einer Sammelphase von 6 Stunden und weniger als 1 % in den folgenden 18 Stunden im Urin nachgewiesen. Es wird angenommen, dass der restliche Teil der Dosis über einen Proteinkatabolismus hauptsächlich über die Niere ausgeschieden wird.

Nach der Behandlung mit Idarucizumab wurde eine Proteinurie beobachtet. Die vorübergehende Proteinurie ist eine physiologische Reaktion auf die für die Nieren zu hohen Proteinmengen nach einer Bolus- oder kurzfristigen Anwendung von 5 g Idarucizumab intravenös. Die vorübergehende Proteinurie erreichte üblicherweise ungefähr 4 Stunden nach der Anwendung von Idarucizumab ihren Spitzenwert und normalisierte sich innerhalb von 12–24 Stunden. In Einzelfällen hielt die vorübergehende Proteinurie länger als 24 Stunden an.

Patienten mit beeinträchtigter Nierenfunktion

In Phase-I-Studien wurde Praxbind bei Probanden mit einer Kreatininclearance im Bereich von 44 bis 213 ml/min untersucht. Probanden mit einer Kreatininclearance unter 44 ml/min wurden in Studien der Phase I nicht untersucht. Je nach Grad der beeinträchtigten Nierenfunktion war die Gesamtclearance im Vergleich zu gesunden Probanden reduziert, was zu einer erhöhten Exposition gegenüber Idarucizumab führte.

Auf der Grundlage der pharmakokinetischen Daten von 347 Patienten mit unterschiedlichen Graden der Nierenfunktion (mediane CrCl 21 – 99 ml/min) wird geschätzt, dass die mittlere Idarucizumab-Exposition (Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve [AUC0–24h]) bei Patienten mit leichter Niereninsuffizienz (CrCl 50-< 80 ml/min) um 38 %, bei Patienten mit mittelschwerer Niereninsuffizienz (CrCl 30-<50 ml/min) um 90 % und bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz (CrCl 0-< 30 ml/min) um 146 % erhöht ist. Da Dabigatran ebenfalls hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird, sind bei einer Verschlechterung der Nierenfunktion ebenso Anstiege der Exposition bezüglich Dabigatran zu beobachten.

Auf der Grundlage dieser Daten und dem Ausmaß der Aufhebung der antikoagulato­rischen Wirkung von Dabigatran bei Patienten hat eine beeinträchtigte Nierenfunktion keinen Einfluss auf die aufhebende Wirkung von Idarucizumab.

Patienten mit beeinträchtigter Leberfunktion

Es wurden keine Auswirkungen einer beeinträchtigten Leberfunktion, beurteilt als Leberschädigung anhand erhöhter Leberfunktion­stests, auf die Pharmakokinetik von Idarucizumab beobachtet.

Idarucizumab wurde bei 58 Patienten mit beeinträchtigter Leberfunktion unterschiedlicher Grade untersucht. Im Vergleich zu 272 Patienten ohne beeinträchtigte Leberfunktion war die mediane AUC von Idarucizumab bei Patienten mit einem AST/ALT-Anstieg auf die 1– bis < 2-fache obere Normgrenze (ONG) (N = 34), auf die 2– bis < 3-fache ONG (N = 3) und auf die > 3-fache ONG (N = 21) um –6 %, 37 % bzw. 10 % verändert. Auf der Grundlage pharmakokinetischer Daten von 12 Patienten mit Lebererkrankung war die AUC von Idarucizumab im Vergleich zu Patienten ohne Lebererkrankung um 10 % erhöht.

Ältere Menschen/Geschlecht/et­hnische Zugehörigkeit

Populationsphar­makokinetische Analysen ergaben, dass Alter, Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit keine klinisch relevante Auswirkung auf die Pharmakokinetik von Idarucizumab haben.

5.3 präklinische daten zur sicherheit

Basierend auf nichtklinischen Studien zur Toxizität bei wiederholter Gabe von bis zu 4 Wochen bei Ratten und bis zu 2 Wochen bei Affen lassen die Daten keine besonderen Gefahren für den Menschen erkennen. Studien zur Sicherheitsphar­makologie haben keine Wirkungen auf das respiratorische, zentralnervöse oder kardiovaskuläre System gezeigt.

Studien zur Beurteilung des mutagenen und kanzerogenen Potenzials von Idarucizumab wurden nicht durchgeführt. Aufgrund des Wirkmechanismus und der Eigenschaften von Proteinen sind keine kanzerogenen oder genotoxischen Wirkungen zu erwarten.

Studien zur Beurteilung möglicher Wirkungen von Idarucizumab auf die Reproduktion wurden nicht durchgeführt. In Studien zur Toxizität bei wiederholter intravenöser Gabe von bis zu 4 Wochen bei Ratten und bis zu 2 Wochen bei Affen wurden in reproduktiven Geweben beiderlei Geschlechts keine therapiebedingten Effekte festgestellt. Darüber hinaus wurde in einer Studie zur

Gewebe – Kreuzreaktivität keine Bindung von Idarucizumab an humane reproduktive Gewebe beobachtet. Daher weisen die präklinischen Ergebnisse nicht auf ein Risiko für Fertilität oder embryo-fetale Entwicklung hin.

Nach intravenöser oder paravenöser Anwendung von Idarucizumab wurde keine lokale Reizung des Blutgefäßes beobachtet. Die Idarucizumab-Formulierung führte in vitro nicht zur Hämolyse von humanem Vollblut.

6. pharmazeutische angaben6.1 liste der sonstigen bestandteile

Natriumacetat-Trihydrat (E262)

Essigsäure (E260, zur pH-Anpassung)

Sorbitol (E420)

Polysorbat 20 (E432)

Wasser für Injektionszwecke

6.2 inkompatibilitäten

Das Arzneimittel darf nicht mit anderen Arzneimitteln gemischt werden.

6.3 dauer der haltbarkeit

3 Jahre.

Nach dem Öffnen der Durchstechflasche wurde die chemische und physikalische Stabilität von Idarucizumab nach Anbruch für 6 Stunden bei Raumtemperatur (bis zu 30 °C) nachgewiesen.

Aus mikrobiologischer Sicht sollte das Arzneimittel sofort nach Anbruch verwendet werden, es sei denn, die Methode des Öffnens schließt das Risiko einer mikrobiellen Kontamination aus. Falls es nicht sofort verwendet wird, liegen die Aufbewahrungszeit nach Anbruch und die Lagerungsbedin­gungen vor Gebrauch im Verantwortungsbe­reich des Anwenders.

6.4 besondere vorsichtsmaßnahmen für die aufbewahrung

Im Kühlschrank lagern (2 °C-8 °C).

Nicht einfrieren.

In der Originalverpackung aufbewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen.

Vor Gebrauch kann die ungeöffnete Durchstechflasche bei Raumtemperatur (bis zu 30 °C) für bis zu 48 Stunden gelagert werden, wenn sie zum Schutz vor Licht in der Originalverpackung aufbewahrt wird. Die Lösung sollte nicht länger als 6 Stunden Licht ausgesetzt werden (in der ungeöffneten Durchstechflasche und/oder nach Anbruch).

Aufbewahrungsbe­dingungen nach Anbruch des Arzneimittels, siehe Abschnitt 6.3.

6.5 art und inhalt des behältnisses 50 ml lösung in einer durchstechflasche aus glas (typ-i-glas) mit einem butylgummistopfen, einer aluminiumkappe und einem etikett mit integrierter aufhängung.

Packungen mit 2 Durchstechflas­chen.

6.6 besondere vorsichtsmaßnahmen für die beseitigung und sonstige hinweise zur handhabung

Parenterale Arzneimittel wie Praxbind sind vor der Anwendung visuell auf Partikel und Verfärbung zu überprüfen.

Praxbind darf nicht mit anderen Arzneimitteln gemischt werden. Ein bereits bestehender intravenöser Zugang kann für die Anwendung von Praxbind genutzt werden. Der Zugang muss vor und am Ende der Infusion mit Natriumchlorid 9 mg/ml (0,9 %) Injektionslösung durchspült werden. Andere Infusionen dürfen nicht gleichzeitig über denselben intravenösen Zugang verabreicht werden.

Praxbind ist nur zur Einmalanwendung bestimmt und enthält keine Konservierungsstof­fe (siehe Abschnitt 6.3).

Zwischen Praxbind und Polyvinylchlorid-, Polyethylen- oder Polyurethan-Infusionssets oder Polypropylensprit­zen wurden keine Inkompatibilitäten beobachtet.

Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu beseitigen.

7. inhaber der zulassung

Boehringer Ingelheim International GmbH

Binger Str. 173

55216 Ingelheim am Rhein

Deutschland

8. zulassungsnummer(n)

EU/1/15/1056/001

9. datum der erteilung der zulassung/verlängerung der zulassung

Datum der Erteilung der Zulassung: 20. November 2015

Datum der letzten Verlängerung der Zulassung: 27. Juli 2020