Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels - Tilidin HEXAL comp 50/4 mg Retardtabletten
1. BEZEICHNUNG DER ARZNEIMITTEL
Tilidin HEXAL comp 50/4 mg Retardtabletten
Tilidin HEXAL comp 100/8 mg Retardtabletten
Tilidin HEXAL comp 150/12 mg Retardtabletten
Tilidin HEXAL comp 200/16 mg Retardtabletten
2. qualitative und quantitative zusammensetzung
Tilidin HEXAL comp 50/4 mg
1 Retardtablette enthält 51,44 mg Tilidinhydrochlorid-Hemihydrat, entsprechend 50 mg Tilidinhydrochlorid, und
4 ,40 mg Naloxonhydrochlorid-Dihydrat, entsprechend 4 mg Naloxonhydrochlorid.
Tilidin HEXAL comp 100/8 mg
1 Retardtablette enthält 102,87 mg Tilidinhydrochlorid-Hemihydrat, entsprechend 100 mg Tilidinhydrochlorid, und
8,80 mg Naloxonhydrochlorid-Dihydrat, entsprechend 8 mg Naloxonhydrochlorid.
Tilidin HEXAL comp 150/12 mg
1 Retardtablette enthält 154,31 mg Tilidinhydrochlorid-Hemihydrat, entsprechend 150 mg Tilidinhydrochlorid, und
1 3,20 mg Naloxonhydrochlorid-Dihydrat, entsprechend 12 mg Naloxonhydrochlorid.
Tilidin HEXAL comp 200/16 mg
1 Retardtablette enthält 205,74 mg Tilidinhydrochlorid-Hemihydrat, entsprechend 200 mg Tilidinhydrochlorid, und
17,60 mg Naloxonhydrochlorid-Dihydrat, entsprechend 16 mg Naloxonhydrochlorid.
Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung:
Tilidin HEXAL comp 50/4 mg/- 100/8 mg
1 Retardtablette enthält 50 mg Lactose-Monohydrat, entsprechend 47,5 mg Lactose.
Tilidin HEXAL comp 150/12 mg
1 Retardtablette enthält 75 mg Lactose-Monohydrat, entsprechend 71,3 mg Lactose.
Tilidin HEXAL comp 200/16 mg
1 Retardtablette enthält 100 mg Lactose-Monohydrat, entsprechend 95,0 mg Lactose.
Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.
3. darreichungsform
Retardtablette
Tilidin HEXAL comp 50/4 mg/- 100/8 mg
Weiße bis cremefarbene, runde, bikonvexe Retardtabletten
Tilidin HEXAL comp 150/12 mg
Weiße bis cremefarbene, ovale, bikonvexe Retardtabletten mit beidseitiger Bruchkerbe
Tilidin HEXAL comp 200/16 mg
Weiße bis cremefarbene, oblonge, bikonvexe Retardtabletten mit beidseitiger Bruchkerbe
Die Retardtabletten von Tilidin HEXAL comp 150/12 mg/- 200/16 mg können in gleiche Dosen geteilt werden.
4. klinische angaben
4.1 anwendungsgebiete
Starke und sehr starke Schmerzen
4.2 dosierung und art der anwendung
Tilidin HEXAL comp eignet sich besonders zur Behandlung chronischer Schmerzen. Die erforderliche Dosis wird vom Arzt für jeden Patienten individuell ermittelt.
Die Tagesdosis von Tilidin HEXAL comp kann, je nach Schmerzstärke und individuellem Ansprechen auf die Behandlung, zwischen 100 mg und maximal 600 mg (bezogen auf Tilidinhydrochlorid) liegen.
Die übliche Anfangsdosierung von Tilidin HEXAL comp beträgt für Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren 2-mal täglich 100 mg. Dabei sollte ein Zeitintervall von 12 Stunden eingehalten werden.
Bei Opioid-naiven Patienten ist gegebenenfalls die Anfangsdosis von Tilidin HEXAL comp auf 2-mal täglich 50 mg zu reduzieren.
Ist die Schmerzbehandlung mit 2-mal täglich 100 mg Tilidin HEXAL comp nicht ausreichend, sollte die Erhöhung der Dosierung von Tilidin HEXAL comp stufenweise bis zu einer individuellen patientenspezifischen Erhaltungsdosis erfolgen, die eine adäquate Schmerzkontrolle bei tolerierbaren Nebenwirkungen erzielt.
Die zur Verfügung stehenden Wirkstärken (50 mg, 100 mg, 150 mg, 200 mg bezogen auf Tilidinhydrochlorid) können, falls erforderlich, miteinander kombiniert werden.
Hinweis
Die hier empfohlenen Dosierungen sind Richtwerte. Im Einzelfall können zur Behandlung sehr starker Schmerzen eine Überschreitung der Maximaldosis und die Verkürzung des Einnahmeintervalls notwendig werden.
Dosierung bei eingeschränkter Nierenfunktion
Eine Einschränkung der Nierenfunktion erfordert keine Dosisänderung.
Dosierung bei älteren Patienten
Bei älteren Patienten ist keine Dosisanpassung erforderlich.
Die Retardtabletten werden unabhängig von der Mahlzeit unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen.
Tilidin HEXAL comp 50/4 mg
Die Retardtabletten sind nicht zur Teilung vorgesehen.
Tilidin HEXAL comp 100/8 mg
Die Retardtabletten dürfen nicht geteilt werden, da sonst die Retardierung nicht mehr gewährleistet ist.
Grundsätzlich sollte die kleinste analgetisch wirksame Dosis gewählt werden.
In der Erhaltungstherapie soll ein festes Zeitschema (z. B. morgens 8.00 Uhr und abends 20.00 Uhr) eingehalten werden.
Erfahrungen in der Langzeittherapie sind in einigen Fällen für einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren dokumentiert.
Wenn die Indikation für eine Therapie mit Tilidin HEXAL comp nach längerem Gebrauch nicht mehr besteht, soll das Arzneimittel nicht abrupt abgesetzt werden. Die Dosisreduktion soll schrittweise erfolgen (z. B. Reduktion um 50 % pro Woche).
4.3 gegenanzeigen
Tilidin HEXAL comp darf nicht eingenommen werden bei
Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile Abhängigkeit von Opiaten (Heroin, Morphin) oder Opioiden wegen der Gefahr einer akuten Entzugssymptomatik.Tilidin HEXAL comp 50/4 mg/- 100/8 mg/- 150/12 mg dürfen bei Kindern und Jugendlichen unter 14 Jahren, Tilidin HEXAL comp 200/16 mg bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht angewendet werden, da bisher keine Erfahrungen vorliegen.
Tilidin HEXAL comp sollte nicht eingenommen werden bei anderen Abhängigkeitserkrankungen (siehe Abschnitt 4.4) oder von Patienten mit Porphyrie.
Bei ausgeprägter Leberinsuffizienz (z. B. hochgradige Leberzirrhose) kann es durch eine verringerte hepatische Metabolisierung von Tilidin bzw. Naloxon zu einem Wirkungsverlust von Tilidin HEXAL comp kommen (siehe Abschnitt 5.2).
4.4 besondere warnhinweise und vorsichtsmaßnahmen für die anwendung
Die Anwendung von Opioiden erhöht dosisabhängig das Risiko einer Atemdepression einschließlich zentraler Schlafapnoe (central sleep apnea – CSA) und Hypoxämie während des Schlafs. Bei Patienten, die mit Atemdepression, einschließlich CSA, vorstellig werden, ist eine Dosisreduktion der Opioide unter Einsatz bewährter AusschleichVerfahren in Erwägung zu ziehen (siehe Abschnitt 4.2).
Die gleichzeitige Anwendung von Tilidin HEXAL comp und sedierenden Arzneimitteln wie Benzodiazepine oder verwandte Arzneimittel, sowie auch Alkohol, kann zu Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod führen. Aufgrund dieser Risiken ist die gleichzeitige Verschreibung mit diesen sedierenden Arzneimitteln nur bei den Patienten angebracht, für die es keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten gibt. Wenn dennoch eine gleichzeitige Verschreibung von Tilidin HEXAL comp zusammen mit Sedativa für notwendig erachtet wird, sollte die niedrigste wirksame Dosis verwendet werden, und die Behandlungsdauer sollte so kurz wie möglich sein.
Die Patienten sollten engmaschig auf Anzeichen und Symptome von Atemdepression und Sedierung überwacht werden. In diesem Zusammenhang wird dringend empfohlen, Patienten und ihre Bezugspersonen über diese Symptome zu informieren (siehe Abschnitt 4.5).
Bei gleichzeitiger Anwendung von Tilidin HEXAL comp mit Arzneimitteln, die das serotonerge Neurotransmittersystem beeinflussen, ist Vorsicht geboten. Die gleichzeitige Anwendung von serotonergen Arzneimitteln kann zur Entwicklung eines potenziellen Serotonin-Syndroms führen (siehe Abschnitt 4.5). Dies kann innerhalb der empfohlenen Dosierung auftreten. Im Rahmen eines Serotonin-Syndroms können Änderungen des mentalen Zustandes (z. B. Unruhe, Halluzinationen, Koma), autonome Instabilität (z. B. Tachykardie, instabiler Blutdruck, Hyperthermie), neuromuskuläre Anomalien (z. B. Hyperreflexie, Koordinationsstörungen, Steifigkeit) und/oder gastrointestinale Symptome (z. B. Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö) auftreten. Wenn ein Serotonin-Syndrom vermutet wird, sollte das Absetzen von Tilidin HEXAL comp in Betracht gezogen werden.
Bei Arzneimitteln mit Wirkung auf das Zentralnervensystem (ZNS) besteht grundsätzlich die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung. Vor der Verschreibung von Tilidin HEXAL comp an Patienten, die bereits von einem Pharmakon abhängig sind oder es waren oder die zu Arzneimittelmissbrauch neigen, sollte deshalb die Indikationsstellung sorgfältig geprüft und die Verabreichung von Tilidin HEXAL comp gewissenhaft überwacht werden.
Vor jedem Missbrauch von Tilidin HEXAL comp durch Drogenabhängige wird dringend gewarnt!
Bei Opiatabhängigen, die als Ersatz für Opiate wie Morphin, Heroin usw. den Wirkstoff Tilidin in hoher Dosis missbräuchlich einnehmen, löst Tilidin HEXAL comp akute Entzugserscheinungen (Ängstlichkeit, Agitiertheit, Zittern, Schwitzen) aus oder verstärkt bereits bestehende Entzugserscheinungen.
Bei längerfristiger Anwendung kann es zur Entwicklung einer Toleranz gegenüber dem Arzneimittel kommen, so dass eine höhere Dosierung zum Erzielen des erwünschten Effektes erforderlich sein kann. Die chronische Anwendung kann zu physischer Abhängigkeit führen. Bei abrupter Beendigung der Therapie können Entzugssymptome auftreten. Falls die Therapie nicht länger erforderlich ist, kann es deshalb ratsam sein, die Tagesdosis allmählich zu reduzieren, um das Auftreten von Entzugssymptomen zu vermeiden.
Außerdem kann sich nach Gabe opioidhaltiger Analgetika wie Tilidin HEXAL comp eine psychische Abhängigkeit (Arzneimittelsucht) entwickeln.
Im Zusammenhang mit der Einnahme von Opioiden wurden Fälle von Nebennierenrindeninsuffizienz berichtet. Die Manifestation einer Nebennierenrindeninsuffizienz kann mit unspezifischen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Anorexie, Müdigkeit, Schwäche, Schwindel und niedrigem Blutdruck einhergehen. Da auch Fälle berichtet wurden, in denen die Gabe eines anderen Opioids zu keinem erneuten Auftreten einer Nebennierenrindeninsuffizienz führte, kann der Wechsel zu einem anderen Opioid in Betracht gezogen werden. Basierend auf den verfügbaren Informationen besteht kein Hinweis darauf, dass bestimmte Opioide mit einer höheren Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Nebennierenrindeninsuffizienz assoziiert sind als andere.
Die chronische Einnahme von Opioiden kann die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse dahingehend beeinflussen, dass es zu Androgenmangel kommen kann, der sich als geringe Libido, Impotenz, erektile Dysfunktion, Amenorrhö oder Unfruchtbarkeit manifestieren kann. Patienten, die Symptome eines Androgenmangels aufweisen, sollten Laboruntersuchungen unterzogen werden.
Die Umstellung der Therapie auf Tilidin HEXAL comp bei Patienten, die bereits Opioide in therapeutischer Dosierung erhalten, erfordert für die empfohlenen Dosierungen keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen hinsichtlich des NaloxonAnteils.
Patienten mit der seltenen hereditären Galactose-Intoleranz, völligem Lactase-Mangel oder Glucose-GalactoseMalabsorption sollten dieses Arzneimittel nicht anwenden.
4.5 wechselwirkungen mit anderen arzneimitteln und sonstige wechselwirkungen
Die gleichzeitige Anwendung von Opioiden zusammen mit sedierenden Arzneimitteln wie Benzodiazepine oder verwandte Arzneimittel (wie nicht benzodiazepinhaltige Sedativa/Hypnotika, Anxiolytika, Tranquilizer, Muskelrelaxanzien, Allgemeinanästhetika, Antipsychotika, andere Opioide), sowie auch Alkohol, erhöht das Risiko von Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod aufgrund einer additiven ZNS-dämpfenden Wirkung. Die Dosis und Dauer der gleichzeitigen Anwendung sollten begrenzt werden (siehe Abschnitt 4.4).
Tilidin HEXAL comp soll nicht mit anderen Opioiden kombiniert werden, da die resultierende Wirkung aufgrund von Wechselwirkungen nicht abgeschätzt werden kann.
Die gleichzeitige Gabe von Tilidin HEXAL comp mit einem serotonergen Arzneimittel, wie z. B. einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder einem Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), einem trizyklischen Antidepressivum (TZA), einem Triptan, einem 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten, einem Arzneimittel, das das Serotonin-Neurotransmittersystem beeinflusst (z. B. Mirtazapin, Trazodon, Tramadol) oder einem Monoaminoxidase-Inhibitor (MAOI), kann das Risiko eines Serotonin-Syndroms, eines potenziell lebensbedrohlichen Zustandes, erhöhen (siehe Abschnitt 4.4).
Aufgrund einer Studie an menschlichen Lebermikrosomen ist bekannt, dass Cytochrom P450 (CYP)3A4 und CYP2C19 offensichtlich eine wichtige Rolle bei der Umwandlung von Tilidin in den wirksameren aktiven Metaboliten Nortilidin spielen (dieser wird dann sukzessiv in den inaktiven Metaboliten Bisnortilidin umgewandelt). In einer klinischen Studie mit 16 Personen führte die gleichzeitige Gabe von Voriconazol, das beide Enzyme ausgeprägt hemmt, zu einem Anstieg der Tilidin-Exposition um das 20-Fache sowie zu einem unerwarteten Anstieg der Nortilidin-Konzentration um etwa das 2,5-Fache mit einer entsprechenden Verstärkung des analgetischen Effekts und der Gefahr einer Atemdepression. Die Hemmung von CYP3A4 und/oder CYP2C19 könnte die Wirksamkeit und das Verträglichkeitsprofil von Tilidin beeinflussen, da hierüber die Bildung und/oder die Elimination des aktiven Metaboliten Nortilidin vermittelt werden.
In Einzelfällen wurde bei Patienten, die Tilidin/Naloxon-haltige Retardtabletten erhielten und unter Dauerantikoagulation mit Phenprocoumon standen, ein Abfall des Quick-Werts beobachtet. Deshalb sollten die Kontrollen der Prothrombinzeit in der Anfangszeit und bei Beendigung der Behandlung mit Tilidin HEXAL comp engmaschig erfolgen, um, wenn nötig, die Phenprocoumon-Dosis entsprechend anpassen zu können.
4.6 fertilität, schwangerschaft und stillzeit
Bisher liegen nur begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Tilidin/Naloxon bei Schwangeren vor.
Tierexperimentelle Studien ergaben keine Hinweise auf gesundheitsschädliche Wirkungen in Bezug auf eine
Reproduktionstoxizität (siehe Abschnitt 5.3). Tilidin/Naloxon darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, der Nutzen der Behandlung überwiegt aufgrund des klinischen Zustands der Mutter die potenziellen Risiken für den Fetus.
Es wurde nachgewiesen, dass Tilidin in die Muttermilch übergeht. Das Stillen soll während der Behandlung mit Tilidin/Naloxon unterbrochen werden.
Es liegen keine Daten zu den Wirkungen von Tilidin/Naloxon auf die menschliche Fertilität vor. Tierexperimentelle Studien ergaben keine Hinweise auf gesundheitsschädliche Wirkungen in Bezug auf die männliche und weibliche Fertilität (siehe Abschnitt 5.3).
4.7 auswirkungen auf die verkehrstüchtigkeit und die fähigkeit zum bedienen von maschinen
Tilidin HEXAL comp kann Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen so weit beeinträchtigen, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen nicht mehr gegeben ist.
Eine verstärkte Beeinträchtigung ist insbesondere bei Behandlungsbeginn, Dosiserhöhung, Präparatewechsel sowie im Zusammenwirken mit Alkohol oder der Einnahme von Beruhigungsmitteln zu erwarten.
Die Entscheidung trifft in jedem Einzelfall der behandelnde Arzt. Bei stabiler Therapie ist ein generelles Fahrverbot nicht zwingend erforderlich.
4.8 nebenwirkungen
Bei den Häufigkeitsangaben zu Nebenwirkungen werden folgende Kategorien zugrunde gelegt:
Sehr häufig Häufig Gelegentlich Selten Sehr selten Nicht bekannt | (≥ 1/10) (≥ 1/100 bis < 1/10) (≥ 1/1.000 bis < 1/100) (≥ 1/10.000 bis < 1/1.000) (< 1/10.000) (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar) |
Nicht bekannt: Arzneimittelabhängigkeit
Häufig: Schwindel, Müdigkeit, Benommenheit, Kopfschmerzen, Nervosität
Gelegentlich: Somnolenz
Nicht bekannt: Halluzinationen, Verwirrtheitszustand, euphorische Stimmung, Tremor, Hyperreflexie, Klonus
Sehr häufig: zu Behandlungsbeginn Übelkeit und Erbrechen, die bei weiterer Behandlung nur noch häufig bis gelegentlich oder selten vorkommen
Häufig: Diarrhö, Abdominalschmerz
Häufig: vermehrtes Schwitzen
Um Erscheinungen dieser Art entgegenzuwirken, wird empfohlen, dass sich der Patient – wie es bei starken Schmerzen üblich ist – keiner körperlichen Belastung unterzieht und sich bei Auftreten von Schwindelgefühlen hinlegt.
Nicht bekannt: Arzneimittelentzugssyndrom
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
Abt. Pharmakovigilanz
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3
D-53175 Bonn
Website:
anzuzeigen.
4.9 überdosierung
Zeichen einer Überdosierung von Tilidin HEXAL comp sind Schwindelgefühl, Benommenheit, Übelkeit, Erbrechen, Ataxie, psychomotorische Unruhe und Hyperreflexie sowie Hyperventilation und Hyperventilationstetanie. Bei sehr starker Überdosierung kann Atemdepression auftreten. Starke Überdosierungen führen im Tierversuch zu kurzzeitigen Krämpfen. Grundsätzlich sollte an die Möglichkeit einer Mehrfachintoxikation (Alkohol, psychoaktive Substanzen; bei Suizidversuch) gedacht werden.
Primäre Giftentfernung durch Magenspülung, Resorptionsverminderung durch Kohlegabe, Kreislaufstabilisierung durch Elektrolytinfusionen sowie Verbesserung der Atemfunktion durch Sauerstoffinhalationen und kontrollierte Beatmung. Bei exzitatorischen Symptomen Diazepam intravenös in üblicher Dosierung.
Als Antidot kann Naloxon intravenös (z. B. 0,4 mg) verabreicht werden, wobei die kurze Wirkdauer von Naloxon beachtet werden muss.
5. pharmakologische eigenschaften
5.1 pharmakodynamische eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Kombination aus einem stark wirksamen Analgetikum aus der Gruppe der Opioide und einem Opioid-Antagonisten
ATC-Code: N02A X51
Tilidin ist ein Prodrug mit schwacher Opioidwirkung. Die eigentliche Wirksubstanz ist Nortilidin.
Naloxon ist ein reiner Opioid-Antagonist ohne agonistische Wirkung.
Die Kombination aus Tilidin und Naloxon soll unter Beibehalten der analgetischen Wirkung das Missbrauchspotenzial vermindern. Das Mischungsverhältnis ist dabei so gewählt, dass der Naloxon-Zusatz die analgetische Wirkung von Tilidin nicht beeinträchtigt. Bei Verwendung unzulässig hoher Dosen durch Opiatabhängige gelangt aber so viel Naloxon in den Organismus, dass ein Entzugssyndrom hervorgerufen werden kann.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Tilidin und Naloxon werden nach oraler Gabe rasch resorbiert. Beide Substanzen unterliegen einem ausgeprägten FirstPass-Effekt. Tilidin wird überwiegend zu Nortilidin, der eigentlichen Wirksubstanz, und weiter zu Bisnortilidin metabolisiert. Naloxon wird zu dem sehr schwach pharmakologisch wirksamen Beta-Naloxol metabolisiert, beides wird glukuronidiert.
Aufgrund einer Studie an menschlichen Lebermikrosomen ist bekannt, dass CYP3A4 und CYP2C19 offensichtlich eine wichtige Rolle bei der Umwandlung von Tilidin in den wirksameren aktiven Metaboliten Nortilidin spielen (dieser wird dann sukzessiv in den inaktiven Metaboliten Bisnortilidin umgewandelt). Die Hemmung von CYP3A4 und/oder CYP2C19 kann die Wirksamkeit und das Verträglichkeitsprofil von Tilidin beeinflussen, da hierdurch die Bildung und/oder die Elimination des aktiven Metaboliten Nortilidin vermittelt werden (siehe Abschnitt 4.5).
Tilidin und Naloxon werden überwiegend metabolisiert renal eliminiert (Tilidin zu 90 %, Naloxon zu über 70 %). Der Rest erscheint in den Fäzes.
Nierenfunktionsstörungen können nicht zur Kumulation pharmakologisch aktiver Metaboliten führen.
Die apparente Eliminationshalbwertszeit (t1/2 app.) des retardierten Präparats beträgt für Nortilidin und für die Naloxonmetaboliten ca. 5,5 Stunden.
Untersuchungen an Neugeborenen, deren Mütter i.v.-Gaben von Naloxon erhalten hatten, lassen auf einen Plazentatransfer von Naloxon schließen.
Bei Leberfunktionsstörungen ist in Abhängigkeit vom Ausmaß der Einschränkung die Maximalkonzentration von Nortilidin im Plasma geringer als bei Lebergesunden und die Halbwertszeit verlängert.
Naloxon, das bei Lebergesunden im Plasma – wenn überhaupt – nur für kurze Zeit in sehr niedrigen Konzentrationen nachweisbar ist, erreicht bei Patienten mit Leberinsuffizienz deutlich höhere Konzentrationen, die mit einer Halbwertszeit von ca. 2 Stunden durch weiteren Metabolismus abklingen.
Es ist nicht sicher auszuschließen, dass bei Patienten mit hochgradiger Leberinsuffizienz die Bildung von aktivem Nortilidin so gering sein kann, dass eine ausreichende analgetische Wirkung unter Umständen nicht zu erreichen ist und dass eine unzureichende Inaktivierung von Naloxon durch Antagonisierung der Nortilidin-Wirkung zu einem weiteren Wirkungsverlust führen kann, der insgesamt eine sinnvolle Therapie solcher Patienten mit Tilidin HEXAL comp in Frage stellt.
5.3 präklinische daten zur sicherheit
Die akute Toxizität von Tilidin (-hydrochlorid oder -phosphat) und Tilidinphosphat plus Naloxonhydrochlorid wurde an Mäusen und Ratten geprüft. Dosen ≥ 100 mg/kg/Tag von Tilidin oder der Kombination führten zu erhöhtem Muskeltonus, tonisch-klonischen Krämpfen, Dyspnoe, Ataxie, Tremor, Agitiertheit und Tränenfluss. Es gab keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der akuten Toxizität. Bei Studien zur oralen Toxizität zeigten sowohl Tilidin alleine als auch die Kombination mit Naloxon eine geringfügig erhöhte akute Toxizität bei neugeborenen Ratten im Vergleich mit den erwachsenen Tieren.
Nagetiere und Hunde wurden 6 Monate lang mit einer Kombination von Tilidinhydrochlorid und Naloxonhydrochlorid behandelt. Bei Nagern traten in hohen Dosierungen (≥ 50 mg/kg) verminderte Nahrungsaufnahme, Speichelfluss, Ataxie, Diarrhö, Sedierung, erhöhte Lebergewichte sowie Verfettung der Leber und der Zellen des Nierenkanälchenepithels auf. Bei Hunden führte die gleiche Dosis zu verminderter Nahrungsaufnahme, Speichelfluss, Emesis, Ataxie, Diarrhö und Sedierung.
Untersuchungen zur Mutagenität von Tilidinhydrochlorid im Ames-Test und in einer Zytogenetikstudie an Knochenmarkzellen von Ratten verliefen negativ. Weiterhin waren Naloxonhydrochlorid ebenso wie die Kombination von Tilidinhydrochlorid und Naloxonhydrochlorid unauffällig in den umfassenden Mutagenitätsprüfungen.
Untersuchungen zum kanzerogenen Potenzial liegen weder für die Einzelstoffe noch für die Kombination von Tilidin und Naloxon vor.
Weder an der Ratte noch am Kaninchen fanden sich nach oraler Verabreichung des Kombinationsprodukts Hinweise auf ein teratogenes Potenzial. Bis zu einer Dosis von 45 mg/kg/Tag wurden auch keine anderen embryotoxischen Wirkungen beobachtet.
Nach einer Dosis von 135 mg/kg/Tag traten vermehrt Totgeburten und Jungtiersterblichkeit auf.
Bei Studien mit Tilidinhydrochlorid an Ratten ergab sich keine Beeinflussung der Fertilität.
Studien zur Reproduktionstoxizität mit Tilidin (Teratologie beim Kaninchen, Studie zur peri- und postnatalen Entwicklung bei der Ratte, Fertilitätsstudie bei der Ratte) gaben bei Dosen von 25, 50 und 100 mg/kg keine Hinweise auf eine Reproduktionstoxizität oder Wirkungen auf die Fertilität.
6. pharmazeutische angaben
6.1 liste der sonstigen bestandteile
mikrokristalline Cellulose Copovidon Glycerol(mono,tri)docosanoat Hypromellose Lactose-Monohydrat Magnesiumstearat (Ph.Eur.) hydriertes Rizinusöl hochdisperses Siliciumdioxid Stearinsäure (Ph.Eur.) mittelkettige Triglyceride Titandioxid (E 171)
6.2 inkompatibilitäten
Nicht zutreffend
6.3 dauer der haltbarkeit
2 Jahre
6.4 besondere vorsichtsmaßnahmen für die aufbewahrung
Tilidin HEXAL comp 50/4 mg
Nicht über 30 °C lagern.
Tilidin HEXAL comp 100/8 mg/- 150/12 mg/- 200/16 mg
Für diese Arzneimittel sind keine besonderen Lagerungsbedingungen erforderlich.
6.5 art und inhalt des behältnisses
Packungen mit 20, 50 und 100 Retardtabletten
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
6.6 besondere vorsichtsmaßnahmen für die beseitigung
Keine besonderen Anforderungen
7. inhaber der zulassungen
Hexal AG
Industriestraße 25
83607 Holzkirchen
Telefon: (08024) 908–0
Telefax: (08024) 908–1290
E-Mail:
8. zulassungsnummern
Tilidin HEXAL comp 50/4 mg 61535.00.00
Tilidin HEXAL comp 100/8 mg 58925.00.00
Tilidin HEXAL comp 150/12 mg 61179.00.00
Tilidin HEXAL comp 200/16 mg 61180.00.00
9. datum der erteilung der zulassungen/verlängerung der zulassungen
Tilidin HEXAL comp 100/8 mg
Datum der Erteilung der Zulassung: 21. Juli 2005
Datum der letzten Verlängerung der Zulassung: 17. Mai 2010
Tilidin HEXAL comp 50/4 mg/- 150/12 mg/- 200/16 mg
Datum der Erteilung der Zulassungen: 22. November 2005
Datum der letzten Verlängerung der Zulassungen: 17. Mai 2010
10. stand der information
Februar 2021