Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels - Morphin Aristo 20 mg Retardtabletten
1. bezeichnung des arzneimittels
Morphin Aristo 20 mg Retardtabletten
Morphin Aristo 45 mg Retardtabletten
2. qualitative und quantitative zusammensetzung
Morphin Aristo 20 mg Retardtabletten
Jede Retardtablette enthält 20 mg Morphinsulfat entsprechend 15 mg Morphin
Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung:
Jede Retardtablette enthält 92,83 mg Lactose (als Lactose-Monohydrat).
Morphin Aristo 45 mg Retardtabletten
Jede Retardtablette enthält 45 mg Morphinsulfat entsprechend 33,75 mg Morphin
Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung:
Jede Retardtablette enthält 69,07 mg Lactose (als Lactose-Monohydrat).
Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile, siehe Abschnitt 6.1.
3. darreichungsform
Retardtablette
Morphin Aristo 20 mg Retardtabletten
Morphin Aristo 20 mg Retardtabletten sind runde, gelb bis beige Retardtabletten, ungefähr 7 mm im Durchmesser, mit der Prägung „20“.
Morphin Aristo 45 mg Retardtabletten
Morphin Aristo 45 mg Retardtabletten sind runde blaue Retardtabletten, ungefähr 7 mm im Durchmesser, mit der Prägung „40“.
4. klinische angaben
4.1 anwendungsgebiete
Starke und stärkste Schmerzen
4.2 dosierung und art der anwendung
Dosierung
Initial wird die Behandlung mit einem nicht retardierten Morphin (Tablette oder Lösung) begonnen, um diejenige Dosis zu ermitteln, mit der eine angemessene Schmerzkontrolle erzielt wird. Danach wird der Patient auf die entsprechende Tagesdosis Morphin Aristo Retardtabletten umgestellt. Weiterbestehende Schmerzen (Durchbruchschmerzen) sind mit einer unretardierten Darreichungsform von Morphin (Tablette oder Lösung) zu behandeln.
Retardiertes Morphin wird in der Regel in einem 12-Stunden-Intervall eingenommen. Dabei hängt die Dosierung von der Schwere der Schmerzen sowie vom Alter des Patienten und dessen bisherigem Analgetikabedarf ab.
Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren
1 Retardtablette Morphin Aristo 20 mg Retardtabletten 2-mal täglich (entsprechend 30 mg Morphin/Tag).
1 Retardtablette Morphin Aristo 45 mg Retardtabletten 2-mal täglich (entsprechend 67,5 mg Morphin/Tag).
Leber- oder Nierenfunktionsstörungen
Bei Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen sowie bei Verdacht auf verzögerte Magen-DarmPassage soll Morphin Aristo besonders vorsichtig dosiert werden.
Ältere Patienten
Patienten im höheren Lebensalter (im Regelfall ab 75 Jahren) und Patienten mit schlechtem körperlichen Allgemeinzustand können empfindlicher auf Morphin reagieren. Daher ist darauf zu achten, dass die Dosiseinstellung vorsichtiger erfolgt und/oder längere Dosisintervalle zu wählen sind. Ggf. ist auf geringere Wirkstoffstärken auszuweichen.
Kinder
Zur Anwendung von Morphin Aristo bei Kindern unter 12 Jahren liegen keine ausreichend dokumentierten Erfahrungen vor.
Besondere Hinweise zur Dosiseinstellung
Zur ersten Dosiseinstellung sollten schnell freisetzende Morphinzubereitungen genutzt werden. Für eine Neueinstellung der Dosis kommen ggf. Darreichungsformen mit geringerem Wirkstoffgehalt zur Anwendung, eventuell auch zusätzlich zu einer bestehenden Therapie mit Retardtabletten.
Patienten, die von einer parenteralen Morphintherapie auf Morphin Retardtabletten umgestellt werden, müssen unter Berücksichtigung der individuell unterschiedlichen Empfindlichkeit vorsichtig behandelt werden, d.h. der Tagesbedarf darf nicht überschätzt werden.
Patienten mit schweren Schmerzen sollten im Regelfall mit 10–30 mg Morphinsulfat / alle 12 Stunden beginnen, wobei Patienten mit geringem Körpergewicht (< 70 kg KG) eine niedrige Initialdosis benötigen.
Bei sich verstärkender Schmerzsymptomatik ist eine höhere Morphindosis erforderlich. Individuell optimal eingestellt ist die Dosierung dann, wenn ohne Nebenwirkungen, bzw. wenn diese zu vertreten sind, für die Dauer von 12 Stunden Schmerzlinderung erzielt wird.
Grundsätzlich sollte eine ausreichend hohe Dosis gegeben und gleichzeitig die im Einzelfall kleinste schmerzlindernd wirksame Dosis angestrebt werden.
Bei der Behandlung chronischer Schmerzen ist der Dosierung nach einem festen Zeitplan der Vorzug zu geben.
Bei Patienten, die einer anderen zusätzlichen Schmerztherapie (z. B. Operation, Plexusblockade) unterzogen werden, ist nach der Maßnahme die Dosis neu einzustellen.
Art der Anwendung
Die Retardtabletten sind unzerkaut, unzerkleinert und ungeteilt mit ausreichend Flüssigkeit – unabhängig von den Mahlzeiten – einzunehmen, wobei sich die Einnahme morgens und abends empfiehlt.
Über die Dauer der Behandlung entscheidet der Arzt in Abhängigkeit von den Schmerzbeschwerden.
Morphin Aristo sollte auf keinen Fall länger als unbedingt notwendig angewendet werden. Wenn entsprechend Art und Schwere der Erkrankung eine länger dauernde Schmerzbehandlung mit Morphin Aristo erforderlich erscheint, sollte eine sorgfältige und in kurzen Abständen regelmäßige Überprüfung
erfolgen (ggf. durch Anwendungspausen), ob und inwieweit ein medizinisches Erfordernis weiter besteht. Gegebenenfalls ist auf geeignetere Darreichungsformen auszuweichen. Bei chronischen Schmerzzuständen ist einem festen Dosierungsschema der Vorzug zu geben.
Absetzen der Therapie
Bei abruptem Absetzen der Gabe von Opioiden kann sich ein Abstinenzsyndrom einstellen. Daher sollte die Dosis vor dem Absetzen schrittweise reduziert werden.
4.3 gegenanzeigen
Morphin Aristo darf nicht eingenommen werden bei:
– Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile,
– Ileus,
– akutem Abdomen.
4.4 besondere warnhinweise und vorsichtsmaßnahmen für die anwendung
Eine besonders sorgfältige ärztliche Überwachung und ggf. Dosisreduktion ist erforderlich bei:
– Abhängigkeit von Opioiden
– Bewusstseinsstörungen
– Krankheitszuständen, bei denen eine Störung des Atemzentrums und der Atemfunktion vorliegt oder vermieden werden muss (schwere Atemdepression mit Hypoxie und/oder Hyperkapnie, schwere chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, schweres Bronchialasthma)
– Cor pulmonale
– Zuständen mit erhöhtem Hirndruck, wenn nicht eine Beatmung durchgeführt wird
– Hypotension bei Hypovolämie
– Prostatahyperplasie mit Restharnbildung (Gefahr der Blasenruptur durch Harnverhalt)
– Harnwegsverengungen oder Koliken der Harnwege
– Gallenwegserkrankungen
– obstruktiven und entzündlichen Darmerkrankungen
– Phäochromozytom
– Pankreatitis
– schwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion
– schwerer Beeinträchtigung der Leberfunktion
– Hypothyreose
– epileptischen Anfallsleiden oder erhöhter Neigung zu Krampfanfällen.
Um die verlängerte Wirkstofffreisetzung der Retardtabletten nicht zu beeinträchtigen, müssen die Retardtabletten als Ganzes geschluckt werden und dürfen nicht zerteilt, zerkaut oder zerrieben werden. Die Anwendung zerteilter, zerkauter oder zerriebener Tabletten führt zu einer schnellen Wirkstofffreisetzung und zur Resorption einer möglicherweise letalen Dosis von Morphin (siehe Abschnitt 4.9).
Morphin Aristo ist nur für den oralen Gebrauch bestimmt. Eine missbräuchliche parenterale Verabreichung von Morphin Aristo kann wegen der Bestandteile zu schwerwiegenden, potentiell letalen unerwünschten Ereignissen (z. B. Lungengranulomen) führen.
Eine Atemdepression ist die bedeutsamste Gefährdung einer Opioidüberdosierung.
Risiko durch gleichzeitige Anwendung von Sedativa wie Benzodiazepinen oder verwandten Arzneimitteln
Die gleichzeitige Anwendung von Morphin Aristo und Sedativa, wie Benzodiazepinen oder verwandten Arzneimitteln, kann zu Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod führen. Aufgrund dieser Risiken sollte eine gleichzeitige Verordnung mit diesen Sedativa Patienten vorbehalten sein, für die keine alternativen Behandlungsoptionen infrage kommen. Wenn die Entscheidung getroffen wird, Morphin
Aristo gleichzeitig mit Sedativa zu verordnen, sollte die niedrigste wirksame Dosis angewendet werden und die Behandlungsdauer so kurz wie möglich sein.
Die Patienten sind engmaschig auf Anzeichen und Symptome einer Atemdepression und Sedierung zu überwachen. Diesbezüglich wird dringend empfohlen, Patienten und ihre Betreuungspersonen anzuweisen, auf diese Symptome zu achten (siehe Abschnitt 4.5).
Thrombozytenhemmung mit oralen P2Y12-Inhibitoren
Eine verminderte Wirksamkeit der P2Y12-Inhibitor-Therapie wurde innerhalb des ersten Tages einer gemeinsamen Behandlung mit P2Y12-Inhibitoren und Morphin festgestellt (siehe Abschnitt 4.5).
Abhängigkeit und Entzugssyndrom (Abstinenzsyndrom)
Bei längerfristiger Anwendung von Morphin Aristo kann es zur Entwicklung einer Toleranz mit dem Erfordernis höherer Dosen zum Erzielen des erwünschten analgetischen Effektes kommen.
Die Anwendung von Opioid-Analgetika kann mit der Entwicklung von körperlicher und/oder psychischer Abhängigkeit oder Toleranz verbunden sein. Das Risiko steigt mit längerer Anwendungsdauer und höherer Dosierung des Arzneimittels. Die Symptome können durch Anpassung der Dosis oder der Darreichungsform sowie über das schrittweise Absetzen von Morphin verringert werden. Einzelne Symptome, siehe Abschnitt 4.8.
Morphin hat ein Missbrauchspotenzial, das mit dem anderer starker Opioidagonisten vergleichbar ist, und sollte bei Patienten mit Alkohol- oder Drogenmissbrauch in der Anamnese mit besonderer Vorsicht angewendet werden.
Bei gleichzeitiger Einnahme von Alkohol und Morphin Aristo können vermehrt Nebenwirkungen von Morphin Aristo auftreten. Die gleichzeitige Einnahme sollte vermieden werden.
Morphin Aristo wird präoperativ und innerhalb 24 Stunden postoperativ wegen des gegenüber Nichtoperierten in der postoperativen Phase höheren Risikos eines Ileus oder einer Atemdepression nicht empfohlen.
Aufgrund der analgetischen Wirkung von Morphin können schwerwiegende intraabdominelle Komplikationen wie z. B. eine Darmperforation maskiert werden.
Insbesondere bei hohen Dosen kann Hyperalgesie auftreten, die nicht auf eine weitere Erhöhung der Morphindosis anspricht. Eine Reduzierung der Morphindosis oder eine Umstellung des Opioids kann erforderlich sein.
Nebenniereninsuffizienz
Opioid-Analgetika können eine reversible Nebenniereninsuffizienz verursachen, die eine Überwachung und eine Ersatztherapie mit Glukokortikoiden erfordert. Symptome einer Nebenniereninsuffizienz können z. B. Übelkeit, Erbrechen, Appetitverlust, Erschöpfung, Schwäche, Schwindelgefühl oder niedriger Blutdruck sein.
Bei bestehender Nebennierenrindeninsuffizienz (z. B. Morbus Addison) sollte die Plasmakortisolkonzentration kontrolliert und gegebenenfalls Kortikoide substituiert werden.
Verminderte Spiegel von Sexualhormonen und erhöhte Prolactin-Konzentrationen
Die Langzeitanwendung von Opioid-Analgetika kann mit verminderten Spiegeln von Sexualhormonen und erhöhten Prolaktin-Konzentrationen einhergehen. Zu den Symptomen zählen verminderte Libido, Impotenz oder Amenorrhö.
Akutes Thorax-Syndrom (ATS) bei Patienten mit Sichelzellkrankheit (SZK)
Aufgrund eines möglichen Zusammenhangs zwischen ATS und der Anwendung von Morphin bei SZK-Patienten, die während einer vasookklusiven Krise mit Morphin behandelt werden, ist eine engmaschige Überwachung auf ATS-Symptome angezeigt.
Die Morphin-Plasmakonzentrationen können durch Rifampicin reduziert werden. Die analgetische Wirkung von Morphin sollte während und nach der Behandlung mit Rifampicin überwacht und die Dosierungen von Morphin angepasst werden.
Die Anwendung von Morphin Aristo kann bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen führen.
Patienten mit der seltenen hereditären Galactose-Intoleranz, völligem Lactase-Mangel oder GlucoseGalactose-Malabsorption sollten Morphin Aristo nicht einnehmen.
4.5 wechselwirkungen mit anderen arzneimitteln und sonstige wechselwirkungen
Sedativa und andere zentral dämpfend wirkende Arzneimittel
Die gleichzeitige Anwendung von Morphin und anderen zentral dämpfend wirkenden Arzneimitteln wie Tranquilizer/Anxiolytika, Anästhetika, Hypnotika und Sedativa (einschließlich Benzodiazepinen), Neuroleptika (einschließlich Phenothiazinen), Barbiturate, Antidepressiva, Gabapentin, Antihistaminika/Antiemetika und andere Opioide kann zu einer Verstärkung der Nebenwirkungen von Morphin bei üblicher Dosierung führen. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit einer Atemdepression, starken Sedierung, Hypotonie oder auch eines Komas oder tödlichen Ausgangs. Die Dosis und die Dauer der gleichzeitigen Anwendung sollte begrenzt sein (siehe Abschnitt 4.4).
Alkohol kann die pharmakodynamischen Effekte von Morphin Aristo verstärken. Die gleichzeitige Einnahme sollte vermieden werden.
Arzneimittel mit anticholinerger Wirkung (z. B. Psychopharmaka, Antihistaminika, Antiemetika, Arzneimittel bei Morbus Parkinson) können anticholinerge Nebenwirkungen von Opioiden verstärken (z. B. Obstipation, Mundtrockenheit oder Störungen beim Wasserlassen).
Durch Cimetidin und andere den Leberstoffwechsel belastende Arzneimittel können durch Hemmung des Abbaus erhöhte Plasmakonzentrationen von Morphin auftreten.
Durch Morphin kann die Wirkung von Muskelrelaxantien verstärkt werden.
Bei Vorbehandlung von Patienten mit bestimmten Antidepressiva (MAO-Hemmstoffen) innerhalb der letzten 14 Tage vor der Opioid-Anwendung sind lebensbedrohende Wechselwirkungen auf Zentralnervensystem, Atmungs- und Kreislauffunktion mit Pethidin beobachtet worden. Dies ist auch mit Morphin nicht auszuschließen.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Rifampicin kann es zu einer Abschwächung der Morphinwirkung kommen (siehe Abschnitt 4.4).
Bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom, die mit Morphin behandelt wurden, wurde eine verzögerte und verringerte Exposition gegenüber oralen P2Y12-Inhibitoren zur Thrombozytenhemmung beobachtet. Diese Wechselwirkung könnte mit einer verminderten gastrointestinalen Motilität zusammenhängen und besteht auch bei anderen Opioiden. Die klinische Relevanz ist nicht bekannt, aber Daten zeigen das Potenzial für eine verminderte Wirksamkeit von P2Y12-Inhibitoren bei Patienten, denen Morphin und ein P2Y12-Inhibitor gleichzeitig verabreicht wurde (siehe Abschnitt 4.4). Bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom, bei denen auf den Einsatz von Morphin nicht verzichtet werden kann und eine schnelle P2Y12-Hemmung als entscheidend erachtet wird, kann der Einsatz eines parenteralen P2Y12-Inhibitors erwogen werden.
4.6 fertilität, schwangerschaft und stillzeit
Schwangerschaft
Beim Menschen liegen keine ausreichenden Daten vor, die die Bewertung eines möglichen teratogenen Risikos erlauben würden. Über einen möglichen Zusammenhang mit einer erhöhten Häufigkeit von Leistenbrüchen wurde berichtet. Morphin passiert die Plazentaschranke. Untersuchungen an Tieren zeigten ein Schädigungspotential für die Nachkommen während der gesamten Dauer der Trächtigkeit (siehe
Abschnitt 5.3). Morphin darf daher in der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der Nutzen für die Mutter das Risiko für das Kind klar überwiegt.
Neugeborene, deren Mütter während der Schwangerschaft Opioid-Analgetika erhalten haben, sollten auf Anzeichen eines neonatalen Entzugs (Abstinenzsyndrom) überwacht werden. Die Behandlung kann ein Opioid und unterstützende Behandlung umfassen.
Entbindung
Morphin kann die Dauer der Wehentätigkeit verlängern oder verkürzen. Neugeborene, deren Mütter während der Entbindung Opioidanalgetika erhalten, sollten auf Anzeichen einer Atemdepression überwacht und gegebenenfalls mit einem spezifischen Opioidantagonisten behandelt werden.
Stillzeit
Morphin wird in die Muttermilch ausgeschieden und erreicht dort höhere Konzentrationen als im mütterlichen Plasma. Da beim Säugling klinisch relevante Konzentrationen erreicht werden können, ist vom Stillen abzuraten.
Fertilität
In tierexperimentellen Studien wurde gezeigt, dass Morphin die Fertilität reduzieren kann (siehe Abschnitt 5.3).
Frauen im gebärfähigen Alter/Verhütung bei Frauen und Männern
Wegen der mutagenen Eigenschaften von Morphin (siehe Abschnitt 5.3) sollte es Männern und Frauen im zeugungs- und gebärfähigen Alter nur dann verabreicht werden, wenn eine wirksame Verhütung sichergestellt ist.
Bei Frauen im gebärfähigen Alter wird empfohlen, während der Behandlung mit Morphin Aristo und bis 6 Monate nach Absetzen des Arzneimittels eine zuverlässige Verhütungsmethode anzuwenden. Männern wird empfohlen, während der Behandlung mit Morphin Aristo und bis 3 Monate nach Absetzen des Arzneimittels eine zuverlässige Verhütungsmethode anzuwenden und kein Kind zu zeugen.
4.7 auswirkungen auf die verkehrstüchtigkeit und die fähigkeit zum bedienen von maschinen morphin kann aufmerksamkeit und reaktionsvermögen so weit verändern, dass die fähigkeit zur aktiven teilnahme am straßenverkehr oder zum bedienen von maschinen beeinträchtigt oder nicht mehr gegeben ist.
Dies ist insbesondere bei Behandlungsbeginn, Dosiserhöhung und Präparatewechsel sowie im Zusammenwirken mit Alkohol oder der Einnahme von Beruhigungsmitteln zu erwarten.
Die Beurteilung der jeweils individuellen Situation ist durch den behandelnden Arzt vorzunehmen. Bei einer stabilen Therapie ist ein generelles Fahrverbot nicht zwingend erforderlich.
4.8 nebenwirkungen
Bei den Häufigkeitsangaben zu Nebenwirkungen werden folgende Kategorien zugrunde gelegt:
Sehr häufig (≥ 1/10); häufig (≥ 1/100 bis < 1/10); gelegentlich (≥ 1/1 000 bis < 1/100); selten (≥ 1/10 000 bis < 1/1 000); sehr selten (< 1/10 000), nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)
Erkrankungen des Immunsystems
Häufig: Überempfindlichkeitsreaktionen
Nicht bekannt: anaphylaktische oder anaphylaktoide Reaktionen
Endokrine Erkrankungen
Sehr selten: Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH; Leitsymptom: Hyponatriämie)
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Häufig: Appetitabnahme bis zum Appetitverlust
Psychiatrische Erkrankungen
Morphin zeigt vielfältige psychische Nebenwirkungen, die hinsichtlich Stärke und Art individuell unterschiedlich (je nach Persönlichkeit und Behandlungsdauer) in Erscheinung treten.
| Sehr häufig: | Stimmungsänderungen, meist Euphorie aber auch Dysphorie |
| Häufig: | Veränderungen der Aktiviertheit (meist verminderte Aktivität, aber auch Hyperaktivität oder Agitiertheit), Schlaflosigkeit, Denkstörungen, Wahrnehmungsstörungen (z. B. Halluzinationen), Verwirrtheitszustände |
| Sehr selten: | verminderte Libido |
| Nicht bekannt: | Abhängigkeit (siehe auch Abschnitt 4.4) |
Erkrankungen des Nervensystems
| Häufig: | Kopfschmerzen, Schwindel, Geschmacksstörungen |
| Sehr selten: | Konvulsionen, Tremor, unwillkürliche Muskelkontraktionen |
| Nicht bekannt: | Benommenheit, Sedierung (dosisabhängig), Synkope, Parästhesien, Hyperalgesie oder Allodynie (siehe Abschnitt 4.4) |
Augenerkrankungen:
Sehr häufig: Sehr selten:
Miosis
Verschwommenes Sehen, Doppeltsehen, Nystagmus
Erkrankungen des Ohrs und des Labyrinths Nicht bekannt: Vertigo
Herzerkrankungen
Gelegentlich: Tachykardie, Bradykardie
Nicht bekannt: Palpitationen, Herzversagen
Gefäßerkrankungen
Gelegentlich: Blutdruckabfall, Blutdruckanstieg
Nicht bekannt: Hitzegefühl
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums
| Selten: | Bronchospasmen |
| Sehr selten: | Dyspnoe |
| Nicht bekannt: | Husten vermindert, Atemdepression (dosisabhängig), nicht-kardiogen bedingte Lungenödeme nach rascher Dosissteigerung |
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
| Sehr häufig: | Obstipation (bei Dauerbehandlung) |
| Häufig: | Erbrechen (besonders zu Beginn der Behandlung), Dyspepsie |
| Selten: | Erhöhung der Pankreasenzyme bzw. Pankreatitis |
| Sehr selten: | Darmverschluss, Abdominalschmerz, Zahnerkrankungen, wobei jedoch ein ursächlicher Zusammenhang zur Morphin-Behandlung nicht hergestellt werden kann |
| Nicht bekannt: | Übelkeit, Mundtrockenheit (beides dosisabhängig) |
Leber- und Gallenerkrankungen
| Selten: | Gallenkoliken |
| Sehr selten: | Erhöhung leberspezifischer Enzyme |
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes
| Häufig: | Hyperhidrosis, Urticaria, Pruritus |
| Sehr selten: | andere Hautausschläge (z. B. Exantheme) |
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen
Sehr selten: Muskelspasmen, Muskelrigidität
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Häufig: Harnretention
Selten: Nierenkoliken
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse
Sehr selten: Erektionsstörungen, Amenorrhoe
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
Häufig: Unwohlsein, Asthenie, Ermüdung
Sehr selten: Schüttelfrost, periphere Ödeme
Nicht bekannt: Körperliche Abhängigkeit mit Arzneimittelentzugssyndrom (Abstinenzsyndrom),
Toleranzentwicklung, Arzneimittelentzugssyndrom bei Neugeborenen
Arzneimittelabhängigkeit und Entzugserscheinungen (Abstinenzsyndrom)
Die Anwendung von Opioidan-Algetika kann mit der Entwicklung von körperlicher und/oder psychischer Abhängigkeit oder Toleranz einhergehen. Wenn die Gabe von Opioiden abrupt abgesetzt wird oder eine Gabe von Opioidantagonisten erfolgt, kann ein Abstinenzsyndrom ausgelöst werden; es kann in manchen Fällen auch zwischen den Dosen auftreten. Behandlungsempfehlungen, siehe Abschnitt 4.4.
Zu den körperlichen Entzugssymptomen gehören: Körperschmerzen, Tremor, Restless LegsSyndrom, Diarrhö, Bauchkolik, Übelkeit, grippeähnliche Symptome, Tachykardie und Mydriasis. Psychische Symptome sind unter anderem dysphorische Stimmung, Angst und Reizbarkeit. Arzneimittelabhängigkeit geht häufig mit „Drogenhunger“ einher.
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: anzuzeigen.
4.9 überdosierung
Symptome der Intoxikation
Da die Empfindlichkeit auf Morphin individuell stark schwankt, können Intoxikationserscheinungen beim Erwachsenen ab Einzeldosen auftreten, die einer subkutanen und intravenösen Gabe von ca. 30 mg entsprechen. Bei Karzinompatienten werden diese Werte oft überschritten, ohne gravierende Nebenwirkungen hervorzurufen.
Die Opioidvergiftung äußert sich durch die Trias: Miosis, Atemdepression und Koma: Die Pupillen sind zunächst stecknadelkopfgroß. Bei starker Hypoxie dilatieren sie jedoch. Die Atmung ist stark reduziert (bis auf 2–4 Atemzüge pro Minute). Der Patient wird zyanotisch.
Es kann zu einer Aspirationspneumonie kommen.
Überdosierung mit Morphin führt weiterhin zu Benommenheit und Stupor bis hin zum Koma. Der Blutdruck bleibt zunächst normal, fällt jedoch bei fortschreitender Intoxikation rapide ab. Anhaltender Blutdruckabfall kann in einen Schockzustand übergehen. Tachykardie, Bradykardie und Rhabdomyolyse bis hin zum Nierenversagen können auftreten. Die Körpertemperatur fällt ab. Die Skelettmuskulatur wird relaxiert, gelegentlich können, insbesondere bei Kindern, generalisierte Krämpfe auftreten. Der Tod tritt meist durch Ateminsuffizienz oder durch Komplikationen wie z. B. pulmonales Ödem ein.
Therapie von Intoxikationen
Bei bewusstlosen Patienten mit Atemstillstand sind Beatmung, Intubation und die intravenöse Gabe eines Opioidantagonisten (z. B. 0,4 mg Naloxon i.v.) angezeigt. Bei anhaltender Ateminsuffizienz muss die
Einzeldosis 1–3 mal in dreiminütigen Abständen wiederholt werden, bis die Atemfrequenz normalisiert ist und der Patient auf Schmerzreize reagiert.
Strenge Überwachung (mind. 24 Stunden) ist notwendig, da die Wirkung des Opioidantagonisten kürzer ist als die des Morphins, so dass mit einem erneuten Auftreten der Ateminsuffizienz gerechnet werden muss. Die Dosis des Opioidantagonisten beträgt bei Kindern pro Einzeldosis 0,01 mg pro kg Körpergewicht.
Ferner können Maßnahmen zum Schutz vor Wärmeverlusten und zur Volumentherapie erforderlich sein.
Die Anwendung zerteilter, zerkauter oder zerriebener Tabletten führt zu einer unmittelbaren Wirkstofffreisetzung und zur Resorption einer möglicherweise letalen Dosis von Morphin.
5. pharmakologische eigenschaften
5.1 pharmakodynamische eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Opioide, ATC-Code: N02AA01
Wirkmechanismus
Morphin ist ein Phenantren-Alkaloid aus Schlafmohn (Papaver somniferum) mit opioidagonistischen Eigenschaften. Es zeigt eine ausgeprägte Affinität zu µ-Rezeptoren.
Zentrale Wirkungen
Morphin wirkt analgetisch, antitussiv, sedierend, tranquillisierend, atemdepressiv, miotisch, antidiuretisch, emetisch und antiemetisch (Späteffekt) und geringgradig Blutdruck und Herzfrequenz senkend.
Bei fortgesetzter Anwendung von Morphin nimmt die Empfindlichkeit des ZNS gegenüber Morphin ab. Diese Gewöhnung kann so ausgeprägt sein, dass Dosen vertragen werden, die bei erstmaliger Anwendung infolge Atemdepression toxisch wirken. Aufgrund der euphorischen Wirkungskomponente des Morphins besteht Suchtgefahr (siehe auch Abschnitt 4.4).
Periphere Wirkungen
Obstipation, Kontraktion der Sphinkteren im Bereich der Gallenwege, Steigerung des Tonus der Harnblasenmuskulatur und des Blasenschließmuskels, Verzögerung der Magenentleerung durch Pyloruskonstriktion, Hautrötung, Urtikaria und Juckreiz durch Histaminfreisetzung sowie bei Asthmatikern Bronchospasmus.
Endokrines System, siehe Abschnit 4.4.
In vitro – und Tierstudien zeigen unterschiedliche Effekte natürlicher Opioide, wie Morphin, auf Komponenten des Immunsystems. Die klinische Bedeutung dieser Befunde ist nicht bekannt.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Resorption
Morphin wird nach oraler Applikation relativ rasch – vorwiegend aus dem oberen Dünndarm und geringfügig auch aus dem Magen- resorbiert. Die geringe absolute Bioverfügbarkeit (20% – 40%) ist auf einen ausgeprägten first-pass-Effekt zurückzuführen.
Cmax wird nach oraler Einnahme von einer 60 mg Retardtablette (bei Probanden) nach durchschnittlich 2,3 ± 1,1 h erreicht.
Verteilung
Morphin wird zu ca. 20 – 35% an Plasmaproteine, bevorzugt an die Albuminfraktion, gebunden.
Das Verteilungsvolumen von Morphin wird mit 1,0 – 4,7 l/kg nach i.v. Einmalgabe von 4 – 10 mg angegeben. Hohe Gewebekonzentrationen findet man in der Leber, Niere, im Gastrointestinaltrakt und im Muskel. Morphin überwindet die Blut-Hirnschranke.
Biotransformation
Morphin wird vorwiegend in der Leber, aber auch im Darmepithel metabolisiert. Der wesentliche Schritt ist die Glucuronidierung der phenolischen Hydroxylgruppe mittels der hepatischen UDP-Glukuronyltransferase und N-Demethylierung.
Hauptmetabolite sind vor allem Morphin-3-glucuronid und in geringerer Menge Morphin-6-glucuronid. Außerdem entstehen unter anderem Sulfatkonjugate sowie oxidative Stoffwechselprodukte wie Normorphin, Morphin-N-oxid und ein in 2-Stellung hydroxiliertes Morphin. Die Halbwertszeit der Glucuronide ist erheblich länger als die des freien Morphins. Das Morphin-6-glucuronid ist biologisch wirksam. Es ist möglich, dass eine verlängerte Wirkung bei Patienten mit Niereninsuffizienz wird auf diesen Metaboliten zurückzuführen ist.
Elimination
Im Harn werden nach oraler oder parenteraler Applikation ca. 80 % des verabreichten Morphins wiedergefunden (10 % unverändertes Morphin, 4 % Normorphin und 65 % als Glucuronide, davon Morphin-3-glucuronid: Morphin-6-glucuronid (10 : 1). Die Eliminationshalbwertszeit von Morphin unterliegt großen interindividuellen Schwankungen. Sie liegt nach parenteraler Gabe durchschnittlich zwischen 1,7 und 4,5 Stunden, gelegentlich wurden auch Werte um 9 Stunden gefunden. Etwa 10 % der Morphin-Glucuronide werden über die Galle mit den Faeces ausgeschieden.
5.3 präklinische daten zur sicherheit
Mutagenes und tumorigenes Potential
Es liegen zur Mutagenität klar positive Befunde vor, die darauf hindeuten, dass Morphin klastogen wirkt und eine solche Wirkung auch auf Keimzellen ausübt. Daher ist Morphin als mutagen wirksame Substanz anzusehen; eine derartige Wirkung muss auch im Menschen angenommen werden.
Langzeituntersuchungen am Tier auf ein tumorerzeugendes Potential von Morphin liegen nicht vor.
Reproduktionstoxikologie
Untersuchungen an Tieren zeigten ein Schädigungspotential für die Nachkommen während der gesamten Dauer der Trächtigkeit (ZNS-Missbildungen, Wachstumsretardierung, Testisatrophie, Veränderungen bei Neurotransmittersystemen und Verhaltensweisen, Abhängigkeit). Daneben hatte Morphin bei verschiedenen Tierspezies Auswirkungen auf das männliche Sexualverhalten und die weibliche Fertilität. Bei männlichen Ratten wurde über reduzierte Fertilität und Chromosomenschäden in Keimzellen berichtet.
6. pharmazeutische angaben
6.1 liste der sonstigen bestandteile
Morphin Aristo 20 mg Retardtabletten
Lactose-Monohydrat, Hypromellose, Stearinsäure (Ph.Eur.), Magnesiumstearat (Ph.Eur.) [pflanzlich], hochdisperses Siliciumdioxid, Titandioxid (E 171), Macrogol 400, Eisenoxid(III)-hydroxid-oxid x H2O (E 172), Eisenoxide und -hydroxide (E 172).
Morphin Aristo 45 mg Retardtabletten
Lactose-Monohydrat, Hypromellose, Stearinsäure (Ph. Eur.), Magnesiumstearat (Ph. Eur.) [pflanzlich], hochdisperses Siliciumdioxid, Titandioxid (E 171), Macrogol 400, Eisen(II,III)-oxid (E 172), Indigocarmin-Aluminiumsalz (E 132).
6.2 inkompatibilitäten
Nicht zutreffend
6.3 dauer der haltbarkeit
5 Jahre
6.4 besondere vorsichtsmaßnahmen für die aufbewahrung
Keine Angaben erforderlich
6.5 art und inhalt des behältnisses
Kindergesicherte, weiße, opaque PVC/PVDC-Alu Blister Packung mit 20, 50 oder 100 Retardtabletten
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
6.6 besondere vorsichtsmaßnahmen für die beseitigung
Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu beseitigen.
7. inhaber der zulassung
Aristo Pharma GmbH
Wallenroder Straße 8–10
13435 Berlin
Deutschland
Tel.: + 49 30 71094–4200
Fax: + 49 30 71094–4250
8. zulassungsnummern
Morphin Aristo 20 mg Retardtabletten: 94196.00.00
Morphin Aristo 45 mg Retardtabletten: 94197.00.00
9. datum der erteilung der zulassung/verlängerung der zulassung
Datum der Erteilung der Zulassung: 02. Dezember 2016
Datum der letzten Verlängerung der Zulassung
Morphin Aristo 20 mg Retardtabletten: 12. Dezember 2021
Morphin Aristo 45 mg Retardtabletten: 14. September 2021
10. stand der information
08/2023