Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels - Tranxilium 20 mg
1. BEZEICHNUNG DER ARZNEIMITTEL
Tranxilium 5 mg
Hartkapseln
Tranxilium 10 mg
Hartkapseln
Tranxilium 20 mg
Hartkapseln
2. qualitative und quantitative zusammensetzung
1 Hartkapsel Tranxilium 5 mg enthält 5 mg Dikaliumclorazepat.
1 Hartkapsel Tranxilium 10 mg enthält 10 mg Dikaliumclorazepat.
1 Hartkapsel Tranxilium 20 mg enthält 20 mg Dikaliumclorazepat.
Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.
3. darreichungsform
Tranxilium 5 mg ist eine rosa-weiße Hartkapsel.
Tranxilium 10 mg ist eine rosafarbene Hartkapsel.
Tranxilium 20 mg ist eine blau-weiße Hartkapsel.
4. klinische angaben
4.1 anwendungsgebiete
Zur symptomatischen Behandlung akuter oder chronischer Spannungs-, Erregungs- und Angstzustände.
Zur Prämedikation vor diagnostischen oder operativen Eingriffen.
4.2 dosierung und art der anwendung
Die Darreichungsform, die Dosierung und Dauer der Anwendung richten sich nach der individuellen Reaktionslage sowie der Art und Schwere der Erkrankung. Hierbei gilt der Grundsatz, die Dosis so gering wie möglich und die Dauer der Anwendung so kurz wie möglich zu halten.
Dosierung bei akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen
Ambulante Therapie:
Die Tagesdosis beträgt in der Regel 10–20 mg Dikaliumclorazepat in 2–3 Einzelgaben oder als abendliche Einmaldosis. Bei Bedarf kann die Tagesgesamtdosis unter Berücksichtigung aller Vorsichtshinweise auf 50 mg bis maximal 150 mg Dikaliumclorazepat erhöht werden.
Stationäre Therapie:
Bei hochgradigen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen kann die Tagesdosis kurzfristig auf 300 mg Dikaliumclorazepat erhöht werden.
Dosierung zur Prämedikation vor diagnostischen oder operativen Eingriffen
Erwachsene erhalten als Einzeldosis 20–50 mg Dikaliumclorazepat.
Kinder und Jugendliche erhalten als Einzeldosis je nach Alter und Körpergewicht 0,3–1,25 mg Dikaliumclorazepat/kg Körpergewicht.
Dosierungshinweis für besondere Patientengruppen
Individuell muss die Dosis bei älteren oder geschwächten Patienten, bei Patienten mit hirnorganischen Veränderungen, Kreislauf- und Ateminsuffizienz und insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion in der Regel um 50 % verringert werden (siehe auch Abschnitt 4.4 unter „Risikopatienten“ sowie unter „Ältere und geschwächte Patienten“).
Art und Dauer der Anwendung
Die Hartkapsel unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit (z. B. einem Glas Wasser) einnehmen.
Bei ambulanter Behandlung sollte die Einnahme vorzugsweise eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen und nicht auf vollen Magen erfolgen, da sonst mit verzögertem Wirkungseintritt und – abhängig von der Schlafdauer – mit verstärkten Nachwirkungen (z. B. Müdigkeit, Konzentrationsstörungen) am nächsten Morgen gerechnet werden muss.
Bei der stationären Behandlung erfolgt die Einnahme über den Tag verteilt unabhängig von den Mahlzeiten.
Bei akuten Erkrankungen sollte die Anwendung von Dikaliumclorazepat auf Einzelgaben oder wenige Tage beschränkt werden.
Bei chronischen Krankheiten richtet sich die Dauer der Anwendung nach dem Verlauf. In solchen Fällen sollte der behandelnde Arzt nach mehrwöchiger (ca. 2 Wochen) Einnahme überprüfen, ob die Indikation zur weiteren Behandlung mit Dikaliumclorazepat noch gegeben ist. Eine maximale Behandlungsdauer von 4 Wochen sollte nicht überschritten werden.
Zu beachten ist, dass nach längerer Anwendungsdauer (länger als 1 Woche) und nach plötzlichem Absetzen der Therapie Angst-, Erregungs- und Spannungszustände, innere Unruhe vorübergehend verstärkt wieder auftreten können (siehe „Absetzerscheinungen/Entzugssymptome“ in Abschnitt 4.4).
Daher sollte die Behandlung nicht plötzlich – insbesondere bei hoch dosierter Einnahme sowie bei nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch –, sondern durch schrittweise Verringerung der Dosis beendet werden.
Bei einer Langzeitbehandlung werden Kontrollen des Blutbildes und der Leber- und Nierenfunktion empfohlen.
4.3 gegenanzeigen
Dikaliumclorazepat darf nicht angewendet werden bei:
– bekannter Überempfindlichkeit gegen Dikaliumclorazepat, andere Benzodiazepine oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile des Arzneimittels,
– einer dekompensierten respiratorischen Insuffizienz,
– einer Abhängigkeitsanamnese (Alkohol, Arzneimittel, Drogen),
– akuter Vergiftung mit zentraldämpfenden Mitteln (z. B. Alkohol, Schlaf- oder Schmerzmitteln sowie Neuroleptika, Antidepressiva und Lithium),
– Schlafapnoe-Syndrom,
– Myasthenia gravis,
– schweren Leberschädigungen (z. B. cholestatischer Ikterus), da Benzodiazepine bei diesen Patienten eine Enzephalopathie verursachen können,
– spinalen und zerebellaren Ataxien.
4.4 besondere warnhinweise und vorsichtsmaßnahmen für die anwendung
Nicht alle Angst-, Spannungs- und Erregungszustände bedürfen einer medikamentösen Behandlung. Sie sind häufig Folgeerscheinungen körperlicher oder seelischer Erkrankungen und können durch andere Maßnahmen oder gezielte Behandlung der Grundkrankheiten behoben werden.
Benzodiazepine werden zur primären Behandlung von Psychosen nicht empfohlen.
Ein therapeutischer Nutzen der gleichzeitigen Verabreichung verschiedener benzodiazepinhaltiger Arzneimittel kann nicht belegt werden. Die gleichzeitige Verabreichung kann jedoch das Risiko der Entwicklung einer Abhängigkeit erhöhen.
Risiken einer gleichzeitigen Anwendung von Opioiden und Benzodiazepinen
Die gleichzeitige Anwendung von Benzodiazepinen, einschließlich Dikaliumclorazepat, und Opioiden kann zu Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod führen. Aufgrund dieser Risiken ist die gemeinsame Verordnung von Opioiden und Benzodiazepinen nur bei den Patienten angebracht, für die keine geeigneten alternativen Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen. Wird die Entscheidung für eine gemeinsame Verordnung von Dikaliumclorazepat und einem Opioid getroffen, sind die niedrigsten wirksamen Dosen und eine kürzest mögliche Dauer der gleichzeitigen Anwendung zu wählen. Die Patienten sind engmaschig in Hinblick auf Anzeichen und Symptome einer Atemdepression und Sedierung zu überwachen (siehe Abschnitt 4.5).
Suizidgedanken/Suizidversuch/Suizid und Depression
Einige epidemiologische Studien deuten auf eine erhöhte Inzidenz von Suizidgedanken, Suizidversuch und Suizid bei Patienten mit oder ohne Depression, die mit Benzodiazepinen oder anderen Hypnotika, einschließlich Dikaliumclorazepat, behandelt wurden, hin. Ein kausaler Zusammenhang wurde jedoch nicht bewiesen.
Benzodiazepine sollten nicht ohne geeignete Behandlung von bestehenden Depressionen oder Angstzuständen, die von Depressionen begleitet sind, angewandt werden. Unter Umständen kann die depressive Symptomatik verstärkt und so das Risiko eines Suizids erhöht werden. In diesem Fall sollte die Dosierung reduziert oder die Behandlung mit Dikaliumclorazepat beendet werden.
Abhängigkeit
Wie andere Benzodiazepine auch besitzt Dikaliumclorazepat ein primäres Abhängigkeitspotenzial. Das Risiko einer Abhängigkeit steigt mit der Dosis und der Dauer der Behandlung sowie bei gleichzeitiger Anwendung von anderen psychotropen Arzneimitteln und von Alkohol. Es ist insbesondere bei Patienten mit Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenmissbrauch in der Anamnese erhöht (siehe Abschnitt 4.3).
Bereits bei täglicher Einnahme über wenige Wochen besteht die Gefahr einer physischen und psychischen Abhängigkeitsentwicklung. Dies gilt nicht nur für den missbräuchlichen Gebrauch besonders hoher Dosen, sondern auch für den therapeutischen Dosisbereich von Dikaliumclorazepat. Eine fortgesetzte Anwendung sollte nur bei zwingender Indikation nach sorgfältiger Abwägung des therapeutischen Nutzens gegen das Risiko von Gewöhnung und Abhängigkeit erfolgen.
Es ist angebracht, den Patienten zu Beginn der Therapie über die begrenzte Dauer der Behandlung zu informieren und ihm ausführlich die allmähliche Verringerung der Dosis zu erklären. Darüber hinaus ist es wichtig, dass dem Patienten die Möglichkeit des Auftretens von Absetzphänomenen bekannt ist. Hierdurch kann die Angst vor solchen Symptomen – falls sie beim Absetzen des Medikaments auftreten sollten – verringert werden.
Absetzerscheinungen/Entzugssymptome
Folgendes trifft insbesondere bei Patienten zu, bei denen eine Abhängigkeit vermutet wird oder die über eine längere Dauer Dikaliumclorazepat eingenommen haben:
Beim plötzlichen Beenden insbesondere einer längeren Behandlung kann es zu Entzugssymptomen kommen.
Diese können sich in Schlafstörungen und vermehrtem Träumen, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Muskelverspannungen, Stimmungswechsel, Verwirrtheit und Reizbarkeit äußern. Angst- und Spannungszustände sowie Erregung und innere Unruhe können sich verstärkt wieder einstellen. Die Symptomatik kann sich in Zittern und Schwitzen äußern.
In schweren Fällen können außerdem folgende Symptome auftreten: Verwirrtheitszustände, Depersonalisation, Derealisation, Überempfindlichkeit gegenüber Licht, Geräuschen und körperlichem Kontakt, Taubheit und Parästhesien in den Extremitäten, Halluzinationen oder epileptische Anfälle.
Auch beim Beenden einer kürzeren Behandlung kann es zu Absetzerscheinungen (Rebound-Phänomenen) kommen, wobei die Symptome, die zu einer Behandlung mit Benzodiazepinen führten, vorübergehend in verstärkter Form wieder auftreten können. Als Begleitreaktionen sind Stimmungswechsel, Angstzustände und Unruhe möglich.
Da das Risiko von Entzugs- bzw. Absetzsymptomen nach plötzlichem Beenden der Therapie höher ist, wird empfohlen, die Behandlung durch schrittweise Reduktion der Dosis zu beenden.
Toleranzentwicklung
Nach längerer Anwendungsdauer (über mehrere Wochen) kann es auch zu einem Verlust an Wirksamkeit (Toleranz) kommen.
Bei vorbestehender Alkohol- oder Barbituratabhängigkeit ist Kreuztoleranz möglich.
Anterograde Amnesie
Benzodiazepine können anterograde Amnesien verursachen. Das bedeutet, dass nach erfolgter Medikamenteneinnahme unter Umständen Handlungen ausgeführt werden, an die sich der Patient später nicht mehr erinnern kann.
Dieses Risiko steigt mit der Höhe der Dosierung. Es tritt vor allem dann auf, wenn Benzodiazepine vor dem Schlafengehen eingenommen werden und die Schlafdauer nur kurz ist (frühes Erwachen durch einen äußeren Einfluss). Das Risiko kann durch eine ausreichend lange, ununterbrochene Schlafdauer (7–8 h) verringert werden.
Psychiatrische und „paradoxe“ Reaktionen
Bei der Anwendung von Benzodiazepinen kann es, insbesondere bei älteren Patienten oder Kindern, zu psychiatrischen sowie „paradoxen“ Reaktionen wie innerer Unruhe, Agitiertheit, Verwirrtheit, Reizbarkeit, Aggression, Wahnvorstellungen, Wutanfällen, Albträumen, Halluzinationen, Psychosen, anormalem Verhalten und anderen Verhaltensstörungen kommen (siehe auch Abschnitt 4.8). In diesen Fällen sollte die Behandlung mit diesem Präparat beendet werden.
Kinder und Jugendliche
Kinder und Jugendliche sind von der Behandlung mit Dikaliumclorazepat auszuschließen; eine Ausnahme bildet dabei die Prämedikation vor diagnostischen oder operativen Eingriffen.
Risikopatienten
Zu Beginn der Therapie sollte die individuelle Reaktion des Patienten auf das Arzneimittel kontrolliert werden, um z. B. eine relative Überdosierung möglichst schnell erkennen zu können. Dies gilt insbesondere für die aufgeführten Risikopatienten.
Bei normaler Atemfunktion wirkt Dikaliumclorazepat nicht atemdämpfend, jedoch ist die Anwendung bei Patienten mit akuter oder chronischer respiratorischer Insuffizienz, wie z. B. chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen, sorgfältig abzuwägen. Bei chronischer Ateminsuffizienz (obstruktive Atemwegserkrankungen) darf Dikaliumclorazepat nur unter besonderer Vorsicht angewendet werden.
Die Verschlechterung einer Hypoxie kann ebenfalls Angstzustände auslösen, die eine Krankenhauseinweisung notwendig machen können.
Bei Patienten mit Herzinsuffizienz und/oder Hypotonie, die auf Benzodiazepine oft stärker als erwünscht ansprechen, sowie Patienten mit hirnorganischen Veränderungen, ist die Verordnung sorgfältig abzuwägen.
Dies gilt auch für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion. Gegebenenfalls sollte die Dosis verringert oder Dikaliumclorazepat abgesetzt werden (siehe Abschnitt 4.2).
Obwohl eine Blutdrucksenkung nicht häufig auftritt, sollte Dikaliumclorazepat mit Vorsicht bei Patienten angewendet werden, bei denen ein Blutdruckabfall kardiale Komplikationen auslösen könnte. Dies gilt insbesondere für ältere Patienten.
Bei Patienten mit Epilepsie können durch plötzliches Absetzen von Dikaliumclorazepat Krampfanfälle ausgelöst werden.
Ältere und geschwächte Patienten
Bei älteren und geschwächten Patienten, die auf Benzodiazepine oft stärker als erwünscht ansprechen, ist die Verordnung sorgfältig abzuwägen. Gegebenenfalls sollte die Dosis verringert oder Dikaliumclorazepat abgesetzt werden (siehe Abschnitt 4.2).
Wegen der Sturzgefahr ist bei älteren Patienten, insbesondere bei nächtlichem Aufstehen, Vorsicht geboten. Stürze können zu schweren Verletzungen führen.
4.5 wechselwirkungen mit anderen arzneimitteln und sonstige wechselwirkungen
Muskelrelaxanzien
Bei gleichzeitiger Gabe von Muskelrelaxanzien kann die muskelrelaxierende Wirkung verstärkt werden – insbesondere bei älteren Patienten und bei höherer Dosierung (Sturzgefahr!).
Anwendung zusammen mit zentraldämpfenden Arzneimitteln/Alkohol
Bei gleichzeitiger Anwendung von Dikaliumclorazepat mit folgenden Arzneimitteln kann es zu gegenseitiger Verstärkung der zentraldämpfenden Wirkung kommen:
– Sedativa, Hypnotika, Narkotika, Anästhetika,
– Opiat-Analgetika,
– Antiepileptika,
– Neuroleptika,
– Anxiolytika, Antidepressiva, Lithium,
– sedierende Antihistaminika,
– Betarezeptorenblocker,
– Clonidin.
Dies gilt insbesondere auch für gleichzeitigen Alkoholgenuss, durch den die Wirkungen von Dikaliumclorazepat in nicht vorhersehbarer Weise verändert und verstärkt werden können. Daher sollte während der Behandlung mit Tranxilium auf alkoholische Getränke verzichtet werden. Dies gilt ebenso für alkoholhaltige Medikamente.
Die Kombination mit Opiat-Analgetika kann durch Verstärkung der euphorisierenden Wirkung die Entwicklung einer psychischen Abhängigkeit fördern.
In Kombination mit anderen Benzodiazepinen ist das Risiko der Entwicklung einer Abhängigkeit erhöht.
Opioide
Bei Anwendung von Benzodiazepinen zusammen mit Opioiden ist das Risiko von Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod aufgrund der gegenseitigen Verstärkung der zentraldämpfenden Wirkung erhöht. Sowohl die Dosen als auch die Dauer der gleichzeitigen Anwendung von Benzodiazepinen und Opioiden sind zu beschränken (siehe Abschnitt 4.4).
Inhibitoren von CYP450
Bei gleichzeitiger Einnahme von Arzneimitteln, die bestimmte Leberenzyme (Cytochrom P 450) hemmen, wie Cimetidin, Omeprazol, Makrolidantibiotika (wie Erythromycin), Antikonzeptiva („Pille“) oder Disulfiram, kann die Wirkung von Dikaliumclorazepat verstärkt und verlängert werden.
Antazida/H 2 -Rezeptorenblocker
Verschiedene Antazida und H2-Rezeptorenblocker können die orale Bioverfügbarkeit von Dikaliumclorazepat verändern, da diese abhängig ist vom pH-Wert des Magensaftes. Bei Hyperazidität ist sie erhöht, bei Hypoazidität verringert.
Cisaprid
Cisaprid verstärkt vorübergehend den sedativen Effekt von Tranxilium durch eine Beschleunigung der Absorption von Dikaliumclorazepat.
Clozapin
Clozapin erhöht die Gefahr eines Atem- und/oder Kreislaufversagens.
Natriumoxybat
Die gleichzeitige Anwendung von Benzodiazepinen und 4-Hydroxybutansäure (Natriumoxybat) sollte aufgrund eines möglicherweise erhöhten Risikos einer Atemdepression vermieden werden.
HIV-Protease-Inhibitoren
Die gleichzeitige Anwendung von Dikaliumclorazepat und HIV-Protease-Inhibitoren wie Ritonavir oder Saquinavir kann zu erhöhten Plasmakonzentrationen von Clorazepat führen, wodurch das Risiko einer starken Sedierung und Atemdepression erhöht sein kann.
Bei Patienten, die unter Dauerbehandlung mit anderen Arzneimitteln stehen, sind Art und Umfang von Wechselwirkungen nicht sicher vorhersehbar. Daher sollte der behandelnde Arzt vor Beginn der Behandlung abklären, ob entsprechende Dauerbehandlungen bestehen. In solchen Fällen ist, insbesondere vor Beginn der Behandlung, besondere Vorsicht geboten.
4.6 fertilität, schwangerschaft und stillzeit
Schwangerschaft
Bisher liegen nur sehr begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Dikaliumclorazepat bei Schwangeren vor. Dennoch haben weitreichende Erfahrungen, die aus Kohortenstudien stammen, keinen Beleg für das Auftreten von Fehlbildungen bei Anwendung von Benzodiazepinen während des
1. Trimesters der Schwangerschaft erbracht, obwohl in bestimmten Fall-Kontroll-Studien über Fälle von Lippen- und Gaumenspalten berichtet wurde.
Die Anwendung von Dikaliumclorazepat während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen.
Eine Frau im gebärfähigen Alter, der Dikaliumclorazepat verordnet wird, sollte darüber aufgeklärt werden, dass sie ihren Arzt hinsichtlich einer Beendigung der Behandlung mit Dikaliumclorazepat kontaktiert, wenn sie schwanger werden möchte oder vermutet, schwanger zu sein.
Fälle von verminderter fetaler Bewegung wurden bei Anwendung von Benzodiazepinen während des 2. und/oder 3. Trimesters der Schwangerschaft beschrieben.
Wird Dikaliumclorazepat aus zwingenden medizinischen Gründen in den letzten drei Monaten der Schwangerschaft oder während der Geburt in hohen Dosen angewendet, sind Auswirkungen auf das Neugeborene wie Sedierung, Atemdepression, verminderter Muskeltonus, Hypothermie und Ernährungsschwierigkeiten beim Neugeborenen (sog. „floppy infant syndrome“) zu erwarten.
Zudem können Kinder, deren Mütter während späterer Schwangerschaftsstadien längerfristig Benzodiazepine anwenden, eine physische Abhängigkeit entwickeln und somit nach der Geburt ein Risiko für das Auftreten von Entzugserscheinungen haben. Nach der Geburt wird eine geeignete Überwachung des Neugeborenen empfohlen.
Stillzeit
Dikaliumclorazepat sollte in der Stillzeit nicht angewendet werden, da sowohl Dikaliumclorazepat als auch der Hauptmetabolit N-Desmethyldiazepam in die Muttermilch übertritt. Bei zwingender Indikation sollte abgestillt werden.
Fertilität
Es liegen keine Daten zur Wirkung auf die Fertilität vor.
4.7 auswirkungen auf die verkehrstüchtigkeit und die fähigkeit zum bedienen von maschinen
Bei Anwendung von Tranxilium kann es unter anderem zu Schläfrigkeit, Benommenheit, Amnesie, Konzentrationsstörungen und beeinträchtigter Muskelfunktion kommen. Dadurch kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen erheblich beeinträchtigt werden. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol oder mit anderen zentralwirksamen Medikamenten (siehe Abschnitt 4.5). Daher sollten das Führen von Fahrzeugen, die Bedienung von Maschinen oder sonstige gefahrvolle Tätigkeiten ganz, zumindest jedoch während der ersten Tage der Behandlung unterbleiben. Die Entscheidung trifft in jedem Einzelfall der behandelnde Arzt unter Berücksichtigung der individuellen Reaktion und der jeweiligen Dosierung.
4.8 nebenwirkungen
Nebenwirkungen sind häufig dosisabhängig unterschiedlich stark ausgeprägt und treten vor allem in den ersten Tagen der Behandlung bzw. bei älteren Patienten auf. Sie können durch sorgfältige und individuelle Einstellung der Tagesdosen vermindert oder vermieden werden.
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeiten zugrunde gelegt:
Sehr häufig (≥ 1/10)
Häufig (≥ 1/100, < 1/10)
Gelegentlich (≥ 1/1.000, < 1/100)
Selten (≥ 1/10.000, < 1/1.000)
Sehr selten (< 1/10.000)
Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)
Systemorganklasse | Nebenwirkung |
Erkrankungen des Immunsystems | |
Gelegentlich: | Überempfindlichkeitsreaktionen. |
Psychiatrische Erkrankungen | |
Gelegentlich: | Reizbarkeit, Agitiertheit, Verwirrtheit (als paradoxe Reaktionen insbesondere bei älteren Patienten und Kindern). Minderung der Libido. |
Häufigkeit nicht bekannt: | Verlängerte Reaktionszeit. Überhangeffekte in Form von Konzentrationsstörungen und Restmüdigkeit können am Morgen nach der abendlichen Verabreichung die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen. |
Demaskierung einer bereits vorhandenen Depression. Aggression, Halluzinationen (als paradoxe Reaktionen insbesondere bei älteren Patienten und Kindern). Folgende weitere psychiatrische sowie „paradoxe“ Reaktionen können bei der Anwendung von Benzodiazepinen (insbesondere bei Kindern und älteren Patienten) auftreten: Unruhe, Wahnvorstellungen, Wut, Albträume, akute Erregungszustände, Angst, Psychosen, Suizidalität, vermehrte Muskelspasmen, Ein- oder Durchschlafstörungen, anormales Verhalten und andere Verhaltensstörungen. Beim Auftreten derartiger Reaktionen sollte die Behandlung beendet werden. Abhängigkeit (siehe Abschnitt 4.4). Über missbräuchliche Anwendung von Benzodiazepinen wurde berichtet. | |
Erkrankungen des Nervensystems | |
Sehr häufig: | Schläfrigkeit. |
Häufig: | Schwindel. |
Gelegentlich: | muskuläre Hypotonie. Aufmerksamkeitsstörung. |
Häufigkeit nicht bekannt: | Benommenheit. Kopfschmerzen. kognitive Störungen wie eingeschränktes Erinnerungsvermögen (anterograde Amnesien, die mit unangemessenem Verhalten assoziiert sein können; siehe Abschnitt 4.4) und Sprechstörung. Müdigkeit. abgestumpfte Gefühle. Bewegungs- und Gangunsicherheit. |
Augenerkrankungen | |
Häufigkeit nicht bekannt: | Reversible Sehstörungen (Nystagmus, verschwommenes Sehen) (insbesondere bei hohen Dosen und bei Langzeitbehandlung), Diplopie. |
Gefäßerkrankungen | |
Häufigkeit nicht bekannt: | Leichter Blutdruckabfall. |
Erkrankungen der Atemwege, des | Brustraums und Mediastinums |
Häufigkeit nicht bekannt: | Eine atemdepressive Wirkung kann bei Patienten mit einer Atemwegsobstruktion, einer Hirnschädigung oder bei einer gleichzeitigen Einnahme anderer auf das zentrale Nervensystem wirkender Arzneimittel in Erscheinung treten. |
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts | |
Häufigkeit nicht bekannt: | Störungen im Magen-Darm-Bereich. |
Leber- und Gallenerkrankungen |
Häufigkeit nicht bekannt: | Passagere Erhöhung der Leberwerte. |
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes | |
Gelegentlich: | Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut in Form von makulopapulösen und juckenden Hautausschlägen. |
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse | |
Häufigkeit nicht bekannt: | Menstruationsstörungen bei Frauen. |
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort | |
Häufig: | Asthenie. Absetzerscheinungen (Rebound-Phänomene) bzw. Entzugssymptome beim Beenden der Therapie (siehe Abschnitt 4.4). |
Verletzung, Vergiftung und durch Eingriffe bedingte Komplikationen | |
Häufigkeit nicht bekannt: \ | Sturzgefahr (siehe Abschnitt 4.4). |
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels.
Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
Abt. Pharmakovigilanz
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3
D-53175 Bonn
Website:
anzuzeigen.
4.9 überdosierung
Bei jeder Beurteilung einer Intoxikation sollte an das Vorliegen einer Mehrfachintoxikation durch Einnahme mehrerer Medikamente (z. B. in suizidaler Absicht) gedacht werden.
Die Symptome einer Überdosierung treten verstärkt unter dem Einfluss von Alkohol und anderen zentraldämpfenden Mitteln auf.
Intoxikationen mit Benzodiazepinen sind gewöhnlich – in Abhängigkeit von der aufgenommenen Dosis – durch verschiedene Stadien der zentralen Dämpfung gekennzeichnet.
Symptome leichter Überdosierung können z. B. Benommenheit, Somnolenz, geistige Verwirrung, Lethargie, Sehstörungen, undeutliches Sprechen, muskuläre Störungen (Dystonie, Ataxie, Dyskinesie) und Blutdruckabfall sein.
Fälle hochgradiger Intoxikation sind vor allem durch Tiefschlaf gekennzeichnet. Es können zentrale Atem-und Kreislaufdepression (Zyanose, komatöse Bewusstseinseintrübung) auftreten.
In der Abklingphase der Intoxikation wurden hochgradige Erregungszustände beobachtet.
Neben der Kontrolle der Vitalparameter (Atmung, Pulsfrequenz, Blutdruck) ist, vor allem im Frühstadium der Intoxikation, die weitere Resorption von Dikaliumclorazepat zu verhindern (z. B. Magenspülung).
Neben i. v. Flüssigkeitsersatz sowie allgemeinen unterstützenden Maßnahmen ist die Bereitstellung von Notfallmaßnahmen für eine eventuell eintretende Atemwegsobstruktion indiziert.
Eine Hypotension kann mit Plasmaersatzflüssigkeit und ggf. mit Sympathomimetika behandelt werden.
Hinweis:
Flumazenil steht für die Aufhebung der zentraldämpfenden Wirkung von Benzodiazepinen zur Verfügung. Es kann mit folgenden Indikationen verwendet werden:
– Beendigung der durch Benzodiazepine eingeleiteten und aufrechterhaltenen Narkose bei stationären Patienten,
– Aufhebung der durch Benzodiazepine herbeigeführten Sedation im Rahmen therapeutischer Maßnahmen bei stationären Patienten.
5. pharmakologische eigenschaften
5.1 pharmakodynamische eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Tranquilizer, 1,4-Benzodiazepinderivat,
ATC-Code: N05BA05.
Dikaliumclorazepat ist eine psychotrope Substanz der Klasse der 1,4-Benzodiazepine mit angst-, spannungs- und erregungsdämpfenden Eigenschaften sowie sedierenden und hypnotischen Effekten. Darüber hinaus zeigt Dikaliumclorazepat muskelrelaxierende und antikonvulsive Wirkungen.
Dikaliumclorazepat selbst besitzt eine niedrige Rezeptoraffinität (Benzodiazepinrezeptor), der aktive Hauptmetabolit N-Desmethyldiazepam (Nordazepam) jedoch eine hohe. Nach Bindung an den Benzodiazepinrezeptor verstärkt Dikaliumclorazepat die hemmende Wirkung der GABAergen Übertragung.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Absorption, Bioverfügbarkeit
Die systemische Bioverfügbarkeit von Dikaliumclorazepat liegt nach oraler Gabe im Vergleich zur i. v. Applikation bei 10–16 %; betrachtet man Dikaliumclorazepat allerdings als „Pro-Drug“ für N-Desmethyldiazepam (Nordazepam), liegt die Bioverfügbarkeit nach oraler Gabe im Vergleich zur i. v. Applikation bei 130 %, bei i. m. Gabe bei 100 %.
Nach oraler Gabe erfolgt bereits im Magen eine teilweise Umwandlung in den aktiven Hauptmetaboliten N-Desmethyldiazepam (Nordazepam). Die maximale Plasmakonzentration von Dikaliumclorazepat wird nach 30–60 Minuten erreicht, die von N-Desmethyldiazepam (Nordazepam) nach 60 Minuten.
Die terminale Plasmahalbwertszeit beträgt für Dikaliumclorazepat 2–2,5 Stunden, für den aktiven Hauptmetaboliten jedoch 25–82 Stunden, wodurch die Möglichkeit der Akkumulation gegeben ist.
Verteilung
Die Plasmaproteinbindung von N-Desmethyldiazepam (Nordazepam) liegt bei 95 %.
Dikaliumclorazepat und der Hauptmetabolit N-Desmethyldiazepam passieren die Plazentaschranke und gehen in die Muttermilch über.
Metabolisierung
Dikaliumclorazepat fungiert überwiegend als „Pro-Drug“, bereits im Magen wird es überwiegend zu N-Desmethyldiazepam (Nordazepam) umgewandelt. Eine Steady-State-Konzentration von N-Desmethyldiazepam wird nach 6–11 Tagen erreicht. Die Plasmahalbwertszeit beträgt bei Dikaliumclorazepat 2–2,5 Stunden, bei N-Desmethyldiazepam 25–82 Stunden.
N-Desmethyldiazepam wird in der Leber weiter in Oxazepam und dieses wiederum in sein Glukuronid umgewandelt.
Elimination
Die Elimination von Dikaliumclorazepat und dessen Metaboliten erfolgt vorwiegend über die Nieren.
5.3 präklinische daten zur sicherheit
Akute Toxizität
Siehe Abschnitt 4.9.
Chronische Toxizität/subchronische Toxizität
Untersuchungen zur subchronischen und chronischen Toxizität wurden an verschiedenen Tierarten (Ratte, Kaninchen, Hund, Rhesusaffe) durchgeführt. Am Hund traten nach hohen Dosen hepatotoxische Effekte (Anstieg von Lebergewicht, alkalischer Phosphatase, Serumcholesterin und SGPT) auf. Da bei keiner anderen Tierart hepatogene Effekte beobachtet wurden, kann von einer besonderen Speziesempfindlichkeit ausgegangen werden. Ein geringer Abfall der Leukozytenzahlen trat bei weiblichen Rhesusaffen nach hohen Dosen auf. Alle anderen Untersuchungsbefunde wichen nicht von der Norm ab.
Mutagenes und tumorerzeugendes Potenzial
Dikaliumclorazepat wurde nicht bezüglich mutagener Wirkungen geprüft. Für Benzodiazepine liegen bisher keine relevanten Anhaltspunkte für eine Induktion von Gen- oder Chromosomenmutationen vor. Langzeituntersuchungen auf ein tumorerzeugendes Potenzial von Dikaliumclorazepat liegen nicht vor.
Reproduktionstoxizität
Tierexperimentelle Studien ergaben offenbar keinen Hinweis für ein teratogenes Potenzial von Dikaliumclorazepat.
6. pharmazeutische angaben
6.1 liste der sonstigen bestandteile
Tranxilium 5 mg/Tranxilium 10 mg
Kaliumcarbonat, Talkum, Gelatine, Erythrosin (E 127), Titandioxid (E 171).
Tranxilium 20 mg
Kaliumcarbonat, Talkum, Gelatine, Indigocarmin (E 132), Titandioxid (E 171).
6.2 inkompatibilitäten
Inkompatibilitäten sind bisher nicht bekannt.
6.3 dauer der haltbarkeit
3 Jahre.
6.4 besondere vorsichtsmaßnahmen für die aufbewahrung
Für dieses Arzneimittel sind keine besonderen Lagerungsbedingungen erforderlich.
6.5 art und inhalt des behältnisses
Aluminium-Blisterpackungen.
Tranxilium 5 mg
Packungen mit
10 Hartkapseln
20 Hartkapseln
50 Hartkapseln
Klinikpackungen mit
200 Hartkapseln (10 × 20)
Tranxilium 10 mg
Packungen mit
10 Hartkapseln
20 Hartkapseln
50 Hartkapseln
Klinikpackungen mit
200 Hartkapseln (10 × 20)
Tranxilium 20 mg
Packungen mit
10 Hartkapseln
20 Hartkapseln
50 Hartkapseln
Klinikpackungen mit
200 Hartkapseln (10 × 20)
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
6.6 besondere vorsichtsmaßnahmen für die beseitigung
Keine besonderen Anforderungen.
7. inhaber der zulassung
neuraxpharm Arzneimittel GmbH
Elisabeth-Selbert-Straße 23
40764 Langenfeld
Tel. 02173 / 1060 – 0
Fax 02173 / 1060 – 333
8. zulassungsnummern
Tranxilium 5 mg 26137.00.01
Tranxilium 10 mg 26137.01.01
Tranxilium 20 mg 26137.02.01
9. datum der erteilung der zulassung/verlängerung der zulassung
Datum der Erteilung der Zulassung: 23.November 1993
Datum der letzten Verlängerung der Zulassung: 15.August 2007
10. stand der information
September 2023
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig.