Beipackzettel - Strimvelis
B. PACKUNGSBEILAGE
Gebrauchsinformation: Information für Patienten oder Betreuer
Strimvelis 1 -10 × 10 6 Zellen/ml Infusionsdispersion
Autologe CD34±angereicherte Zellfraktion, die CD34±Zellen enthält, die mit retroviralem Vektor transduziert wurden, der für die humane ADA-cDNA-Sequenz codiert
▼ Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Sie können dabei helfen, indem Sie jede auftretende Nebenwirkung melden. Hinweise zur Meldung von Nebenwirkungen, siehe Ende Abschnitt 4.
Lesen Sie die gesamte Packungsbeilage sorgfältig durch, bevor Ihrem Kind dieses Arzneimittel verabreicht wird, denn sie enthält wichtige Informationen.
– Heben Sie die Packungsbeilage auf. Vielleicht möchten Sie diese später nochmals lesen.
– Wenn Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich an den Arzt Ihres Kindes oder das medizinische Fachpersonal.
– Wenn Sie bei Ihrem Kind Nebenwirkungen bemerken, wenden Sie sich an den Arzt Ihres Kindes oder das medizinische Fachpersonal. Dies gilt auch für Nebenwirkungen, die nicht in dieser Packungsbeilage angegeben sind. Siehe Abschnitt 4.
– Der Arzt Ihres Kindes händigt Ihnen einen Patientenpass aus, der wichtige Sicherheitsinformationen zur Behandlung Ihres Kindes mit Strimvelis enthält. Lesen Sie diesen aufmerksam durch und befolgen Sie die darin enthaltenen Anweisungen.
– Tragen Sie den Patientenpass immer bei sich und zeigen Sie ihn stets dem Arzt oder dem Fachpersonal, wenn Ihr Kind einen Arzttermin hat oder in ein Krankenhaus geht.
Was in dieser Packungsbeilage steht
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1. Was ist Strimvelis und wofür wird es angewendet?
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2. Was sollten Sie vor der Verabreichung von Strimvelis an Ihr Kind beachten?
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3. Wie wird Strimvelis verabreicht?
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4. Welche Nebenwirkungen sind möglich?
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5. Wie ist Strimvelis aufzubewahren?
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6. Inhalt der Packung und weitere Informationen
1. was ist strimvelis und wofür wird es angewendet?
Strimvelis ist ein Arzneimittel, mit dem eine sogenannte Gentherapie durchgeführt wird. Es wird eigens für jeden Patienten hergestellt.
Strimvelis wird bei Kindern zur Behandlung einer schweren Krankheit mit der Bezeichnung ADA-SCID (engl.: Adenosine Deaminase-Severe Combined Immune Deficiency ; dt.: schwerer kombinierter Immundefekt infolge eines Adenosin-Desaminase-Mangels ) angewendet. Es wird eingesetzt, wenn Ihr Kind kein Knochenmarktransplantat von einem Spender aus dem Familienkreis erhalten kann, weil die Übereinstimmung nicht groß genug ist.
ADA-SCID entsteht aufgrund eines fehlerhaften Gens in den Blutzellen des Immunsystems Ihres Kindes. Als Folge produzieren die Zellen zu geringe Mengen des Enzyms Adenosin-Deaminase (ADA) und das Immunsystem Ihres Kindes kann den Körper nicht ausreichend gegen Infektionen schützen.
Zur Herstellung von Strimvelis werden Stammzellen aus dem Knochenmark Ihres Kindes im Labor verändert und ein Gen eingeschleust, das ADA produziert. Wenn Ihr Kind diese veränderten Stammzellen dann erneut erhält, können sie sich teilen und verschiedene Arten von Blutzellen bilden, unter anderem auch Zellen des Immunsystems.
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2. Was sollten Sie (bzw. Ihr Kind) vor der Verabreichung von Strimvelis beachten?
Strimvelis ist für einige Personen nicht geeignet
Strimvelis darf nicht verabreicht werden, wenn Ihr Kind:
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- allergisch gegen einen der in Abschnitt 6. genannten sonstigen Bestandteile dieses Arzneimittels ist
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– jetzt oder zu einem früheren Zeitpunkt an einer Art von Krebs erkrankt ist oder war, die als Leukämie oder Myelodysplasie bezeichnet wird
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– positiv auf eine HIV-Infektion oder einige andere Infektionskrankheiten getestet wurde (Ihr Arzt wird Sie hierzu beraten)
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– bereits mit einer Gentherapie behandelt wurde
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Informationen über zellbasierte Arzneimittel wie Strimvelis müssen 30 Jahre lang im Krankenhaus aufbewahrt werden. Die über Ihr Kind gespeicherten Informationen sind sein Name und die Bezeichnung der Strimvelis-Charge, die es erhalten hat.
Strimvelis wird aus den körpereigenen Zellen des Patienten speziell für diesen hergestellt. Es darf keinesfalls einer anderen Person verabreicht werden.
Das Einfügen eines neuen Gens in die DNA kann Blutkrebs auslösen. In einem Fall trat bei einem Patienten mehrere Jahre nach der Behandlung mit Strimvelis Blutkrebs (Leukämie) auf. Es ist daher wichtig, dass Ihr Kind auf Leukämiesymptome überwacht wird.
Zu diesen Symptomen gehören Fieber, Kurzatmigkeit, Blässe, nächtliches Schwitzen, Müdigkeit, geschwollene Lymphdrüsen, häufige Infektionen, eine verstärkte Neigung zu Blutungen und/oder Blutergüssen oder winzige rote oder violette Flecken unter der Haut. Wenn Ihr Kind eines dieser Symptome entwickelt, sollten Sie unverzüglich Ihren Arzt kontaktieren.
Vor der Behandlung mit Strimvelis erhält Ihr Kind andere Medikamente (weitere Informationen zu diesen Medikamenten, einschließlich möglicher Nebenwirkungen, siehe Abschnitte 3 und 4).
Wenn Ihr Kind in der Vergangenheit positiv auf Hepatitis C getestet wurde, kann es dennoch unter bestimmten Bedingungen behandelt werden. Ihr Arzt wird dies gegebenenfalls mit Ihnen besprechen.
Mittels eines dünnen, elastischen Schlauchs, der von einem Arzt in eine große Vene Ihres Kindes eingeführt wird (sogenannter zentraler Venenkatheter), wird ein Zugang zum Blutkreislauf gelegt. Zu den Risiken dieser Katheter gehören Infektionen und die Bildung von Blutgerinnseln. Der Arzt und das medizinische Fachpersonal werden Ihr Kind in Bezug auf etwaige Komplikationen im Zusammenhang mit dem zentralen Venenkatheter überwachen.
In manchen Fällen war die Behandlung mit Strimvelis nicht erfolgreich. Bei diesen Patienten kamen alternative Behandlungsmöglichkeiten zur Anwendung.
Die Behandlung kann ein geringes Infektionsrisiko bergen. Der Arzt Ihres Kindes und das medizinische Fachpersonal werden Ihr Kind während der gesamten Infusion in Bezug auf Anzeichen einer Infektion überwachen und es bei Bedarf behandeln.
Bei manchen Patienten kann sich eine Autoimmunität entwickeln, d. h. es kann eine Immunantwort auf körpereigene Zellen oder Gewebe ausgelöst werden (siehe Abschnitt 4). Der Arzt Ihres Kindes wird dies gegebenenfalls mit Ihnen besprechen.
Im Anschluss an die Behandlung darf Ihr Kind zu keinem Zeitpunkt in der Zukunft Blut, Organe, Gewebe oder Zellen spenden, da es sich bei Strimvelis um ein Gentherapieprodukt handelt.
Wenn eine Behandlung mit Strimvelis nicht abgeschlossen werden kann
In einigen Fällen ist es unter anderem aus folgenden Gründen nicht möglich, mit einer geplanten Behandlung mit Strimvelis fortzufahren:
- es besteht ein Problem bei der Entnahme der Zellen aus dem Knochenmark Ihres Kindes für die Herstellung des Arzneimittels
- in dem Gewebe, das dem Körper Ihres Kindes entnommen wurde, liegen zu wenige Zellen des richtigen Typs für die Herstellung des Arzneimittels vor
- das Arzneimittel besteht nicht alle Qualitätstests
- das Arzneimittel wurde zu spät an die Klinik geliefert, in der Ihr Kind behandelt wird
Bevor Ihrem Kind Strimvelis verabreicht wird, erhält es eine Chemotherapie, um das vorhandene Knochenmark zu zerstören. Falls Strimvelis nach der Chemotherapie nicht verabreicht werden kann oder sich die veränderten Stammzellen im Körper Ihres Kindes nicht ansiedeln, verabreicht der Arzt Ihrem Kind einen Stammzell-Ersatz, wobei er die Reserveprobe verwendet, die vor Beginn der Behandlung entnommen und aufbewahrt wurde (siehe auch Abschnitt 3 Wie wird Strimvelis verabreicht? )
Möglicherweise benötigen Sie eine andere Behandlung
Strimvelis wird einer Reihe von Tests unterzogen, bevor es angewendet wird. Da das Arzneimittel kurz nach der Herstellung verabreicht wird, liegen die endgültigen Ergebnisse einiger dieser Tests bei der Verabreichung noch nicht vor. Wenn sich bei den Tests irgendetwas zeigt, das Auswirkungen auf Ihr Kind haben könnte, wird Ihr Arzt Ihr Kind, soweit erforderlich, behandeln.
Anwendung von Strimvelis zusammen mit anderen Arzneimitteln
Informieren Sie Ihren Arzt, wenn Ihr Kind andere Arzneimittel anwendet, kürzlich andere Arzneimittel angewendet hat oder beabsichtigt andere Arzneimittel anzuwenden.
Ihr Kind darf weder innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen vor der Gabe des Konditionierungsmedikaments zur Vorbereitung auf die Behandlung mit Strimvelis noch in dem Zeitraum nach der Behandlung, in dem sich das Immunsystem Ihres Kindes erholt, sogenannte Lebendimpfstoffe erhalten.
Strimvelis enthält Natrium
Dieses Arzneimittel enthält 42 bis 137 mg Natrium (Hauptbestandteil von Kochsalz/Speisesalz) pro Dosis. Dies entspricht 2 bis 7 % der für einen Erwachsenen empfohlenen maximalen täglichen Natriumaufnahme mit der Nahrung.
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3. Wie wird Strimvelis verabreicht?
Strimvelis wird über einen Tropf (Infusion) in eine Vene (intravenös) verabreicht. Es muss in einem spezialisierten Krankenhaus und von einem Arzt verabreicht werden, der Erfahrung in der Behandlung von ADA-SCID-Patienten und mit dieser Art von Arzneimitteln hat.
Vor der Herstellung von Strimvelis führt der Arzt Tests durch, um sicherzustellen, dass bei Ihrem Kind bestimmte Infektionen nicht vorliegen (siehe Abschnitt 2).
Zwei Proben werden entnommen
Der Arzt entnimmt vor der geplanten Behandlung zwei Proben von Knochenmarkzellen:
- die Reserveprobe, die mindestens drei Wochen vor der Behandlung mit Strimvelis entnommen wurde. Sie wird aufbewahrt und als Zellersatz verabreicht, falls Strimvelis nicht gegeben werden kann oder nicht wirkt (siehe „Wenn eine Behandlung mit Strimvelis nicht abgeschlossen werden kann“ in Abschnitt 2).
- die Behandlungsprobe, die vier bis fünf Tage vor der Behandlung mit Strimvelis entnommen
wurde. Sie wird zur Herstellung von Strimvelis verwendet, indem ein intaktes Gen in die Zellen eingefügt wird.
Vor und während der Behandlung mit Strimvelis
Wann | Was wird gemacht | Warum |
Mindestens 3 Wochen vor der Behandlung | Stammzell-Reserveprobe wird entnommen, | um als Reserve aufbewahrt zu werden (siehe oben). |
Etwa 4 bis 5 Tage vor der Behandlung | Stammzell-Behandlungsprobe wird entnommen, | um Strimvelis herzustellen (siehe oben). |
3 Tage und 2 Tage vor der Behandlung | Ein Arzneimittel namens Busulfan wird 2 Tage lang 4mal pro Tag verabreicht (insgesamt 8 Dosen), | um das Knochenmark auf die Behandlung mit Strimvelis vorzubereiten und vorhandene Stammzellen zu vernichten. |
Etwa 15 bis 30 Minuten vor der Behandlung | Möglicherweise wird ein Antihistaminikum verabreicht, | um die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass Sie eine unerwünschte Reaktion auf die Infusion zeigen. |
Strimvelis wird verabreicht… | über einen Tropf in eine Vene. Dies dauert etwa 20 Minuten. |
4. welche nebenwirkungen sind möglich?
Wie alle Arzneimittel kann auch dieses Arzneimittel Nebenwirkungen haben, die aber nicht bei jedem auftreten müssen.
Die Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Strimvelis entstehen durch eine Überaktivität des Immunsystems, welches das körpereigene Gewebe angreift. Manche Nebenwirkungen können auch mit dem Medikament zusammenhängen, das verwendet wird, um das Knochenmark Ihres Kindes auf die Behandlung vorzubereiten (Busulfan); diese Nebenwirkungen sind in der nachfolgenden Auflistung mit einem Sternchen () gekennzeichnet.
Sehr häufig: können mehr als 1 von 10 Behandelten betreffen:
- laufende oder verstopfte Nase (allergische Rhinitis)
- pfeifende Atmung, Atembeschwerden (Asthma)
- entzündete, juckende Haut (atopische Dermatitis, Ekzem)
- Fieber (Pyrexie)
- Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
- hoher Blutdruck (Hypertonie)
- Abnahme der Anzahl roter oder weißer Blutkörperchen (Anämie, Neutropenie)
- Erhöhung der Leberenzyme (was auf eine Belastung der Leber deutet)
- Bluttestergebnisse positiv für Antinukleäre Antikörper und Antikörper gegen glatte Muskulatur (was auf eine mögliche Autoimmunität deuten kann)
Häufig: können bis zu 1 von 10 Behandelten betreffen:
- rote oder lila Flecken auf der Haut, Blutungen unter der Haut (Autoimmunthrombozytopenie
- Entzündung der Schilddrüse (Autoimmunthyreoiditis)
- Durch eine Nervenschädigung verursachte Schwäche und Schmerzen in Füßen und Händen (Guillain-Barré-Syndrom)
- Entzündung der Leber (Autoimmunhepatitis)
- verringerte Anzahl von Blutkörperchen (autoimmunhämolytische Anämie, autoimmunbedingte aplastische Anämie)
- Bluttestergebnisse positiv für Anti-Neutrophile cytoplasmatische Antikörper (was zu einer Autoimmunentzündung und einem Anschwellen der Blutgefäße sowie möglicherweise zu einer stärkeren Ausprägung von Infektionen führen kann)
- eine Art von Blutkrebs (Leukämie)
Wenn Sie Fragen zu Symptomen oder Nebenwirkungen haben oder Sie ein Symptom beunruhigt, wenden Sie sich an den Arzt Ihres Kindes oder das medizinische Fachpersonal.
Meldung von Nebenwirkungen
Wenn Sie bei Ihrem Kind Nebenwirkungen bemerken, wenden Sie sich an Ihren Arzt oder das medizinische Fachpersonal. Dies gilt auch für Nebenwirkungen, die nicht in dieser Packungsbeilage angegeben sind. Sie können Nebenwirkungen auch direkt über das inaufgeführte nationale Meldesystem anzeigen. Indem Sie Nebenwirkungen melden, können Sie dazu beitragen, dass mehr Informationen über die Sicherheit dieses Arzneimittels zur Verfügung gestellt werden.
5. wie ist strimvelis aufzubewahren?
Die folgenden Informationen sind für medizinisches Fachpersonal bestimmt:
Bewahren Sie dieses Arzneimittel für Kinder unzugänglich auf.
Sie dürfen dieses Arzneimittel nach dem auf dem Etikett des Behältnisses und des Infusionsbeutels nach Verwendbar bis/EXP angegebenen Verfalldatum und der Zeitangabe nicht mehr verwenden.
Bei 15–30 °C lagern.
Dieses Arzneimittel enthält gentechnisch veränderte menschliche Zellen. Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial muss in Übereinstimmung mit den nationalen Richtlinien zur Handhabung von Material humanen Ursprungs entsorgt werden. Da dieses Arzneimittel von einem Facharzt verabreicht wird, ist dieser für die ordnungsgemäße Entsorgung des Arzneimittels verantwortlich. Diese Maßnahmen tragen zum Schutz der Umwelt bei.
6. inhalt der packung und weitere informationen
Was Strimvelis enthält
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– Der Wirkstoff ist eine autologe (vom Patienten stammende) CD34±angereicherte Zellfraktion, die CD34±Zellen enthält, die mit einem retroviralen Vektor transduziert wurden, der für die humane ADA-cDNA-Sequenz codiert. Die Konzentration beträgt 1–10 × 106 CD34±Zellen/ml.
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– Der sonstige Bestandteil ist Natriumchlorid (siehe Abschnitt 2 „Strimvelis enthält Natrium“ ).